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Renate Gröpel zu TOP 2: Strategien gegen Hochwassergefahren entwickeln und umsetzen
Sozialdemokratischer Informationsbrief Kiel, 12.09.2002 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell TOP 2 + 20 + 27 + 31– Regenwasser- und Flutschäden / Hochwasserschutz / FinanzierungRenate Gröpel:Strategien gegen Hochwassergefahren entwickeln und umsetzenWir alle haben die Bilder der unvorstellbaren Verwüstung, die die Flutkatastrophe quer durch Deutschland und Europa angerichtet hat, vor Augen. Menschen, die hilflos und verzweifelt mit ansehen mussten, wie ihr Hab und Gut zerstört wurde, Menschen, die Angst um ihr Leben hatten oder ihr Leben lassen mussten. Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer in den Überflutungsgebieten.Aber tief beeindruckt sind wir auch von der überwältigenden Hilfsbereitschaft und Soli- darität in allen Teilen der Bevölkerung. Diese Katastrophe hat gezeigt, dass die Men- schen in höchster Not zusammen stehen. Besonders gefreut hat uns das große Enga- gement der jungen Menschen.In Schleswig-Holstein konnte zum Glück ein Deichbruch verhindert werden, so dass die befürchteten Schäden nicht eingetreten sind. Die SPD-Fraktion bedankt sich bei den vielen engagierten Einsatzkräften von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk , Bun- deswehr, Bundesgrenzschutz, Polizei, den privaten Hilfsorganisationen und den un- zähligen Bürgerinnen und Bürgern, die zu den Hilfsmaßnahmen beigetragen haben. Die SPD-Fraktion dankt auch der Landesregierung für die Hochwasserschutzmaß- nahmen, die sie schnell und entschlossen eingeleitet hat, u. a . für die finanzielle Zusa- ge zur Deichverstärkung im Bereich Lauenburg. Das ist ein gutes Zeichen für die Men- schen in der Region. Schleswig- HolsteinHerausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/13 07 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-Für die SPD-Fraktion wiederhole ich noch einmal klar und deutlich: Der Schutz des Menschen mit seinem Hab und Gut hat beim Hochwasserschutz absolute Priorität. Auch zukünftig werden Deichbaumaßnahmen ein Instrument für den Hochwasser- schutz bleiben.Lassen Sie mich an dieser Stelle auf den Entschließungsantrag der FDP zum Lan- deswassergesetz eingehen. Er ist überflüssig und von derselben Unkenntnis geprägt wie der Vorschlag von Frau Happach-Kasan, die Haseldorfer Marsch zu fluten. Daher werden wir den Antrag ablehnen. Im übrigen sind wir doch schon viel weiter: Der neue Generalplan Küstenschutz sieht vor, den Sicherheitsstandard der Deiche um 50 cm zu erhöhen. Damit nimmt Schleswig-Holstein die Aussagen der Wissenschaftler und Wis- senschaftlerinnen zum Anstieg des Wassers auf Grund der globalen Erwärmung sehr ernst. In den letzten 100 Jahren hat der Anstieg um 0,7 Grad Celsius zu einem Anstieg des Wassers um 20 cm geführt. Prognostiziert wird in den nächsten Jahrzehnten ein Anstieg um mindestens 1 Grad Celsius. Jeder kann sich ausrechnen, was das bedeu- tet.Der Zusammenhang zwischen den scheinbar gehäuft auftretenden Wetterextremen und der bereits eingetretenen Klimaerwärmung ist in den vergangenen Tagen oft the- matisiert worden. Es ist mittlerweile unbestritten, dass der Mensch seinen Anteil am Klimawandel hat. „Weltweiter Wetterwahnsinn“, so lautete die Überschrift in den Lübe- cker Nachrichten vom vergangenen Freitag, vom 06.09.2002. Russland kämpft gegen das Feuer, Italien gegen das Wasser und Japan gegen den Wind. Kein Tag ohne neue Unwetterkatastrophen. Und der Taifun vom vergangenen Wochenende hat in unserer chinesischen Partnerschaftsprovinz Zeijang verheerende Zerstörungen angerichtet.Wollen oder müssen wir uns daran gewöhnen? Nein, wir müssen mit aller Entschie- denheit entgegen wirken. Es zeigt, wie wichtig der Klimaschutz ist. Deshalb muss die seit dem Regierungswechsel in Schleswig-Holstein von 1988 eingeleitete Politik der ökologischen Modernisierung auch gegen den Widerstand der Interessengruppen wei- ter geführt werden. Energie einsparen, Wärmedämmung, Förderung der regenerativen -3-Energien, Atomausstieg, Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, Neuordnung der Mobili- tät, mehr Naturschutz und die stärkere Ökologisierung der Landwirtschaft zahlen sich langfristig auch ökonomisch aus. Die SPD-Fraktion ist der Auffassung, dass Schles- wig-Holstein als Land auch dem Klimabündnis der Regionen beitreten sollte. Das wür- de zusätzlich die aktive Rolle Schleswig-Holsteins beim Klimaschutz unterstreichen.Ein besonderer Dank gilt Bundeskanzler Gerhard Schröder für sein entschiedenes Auftreten auf dem Weltgipfel in Johannesburg bei der Konferenz für Umwelt und Ent- wicklung und für die Initiative für die erneuerbaren Energien.Von Seiten der CDU gibt es für Umwelt- und Klimaschutzpolitik weder wirkungsvolle Instrumente, noch Kompetenzen, noch Köpfe. Im Gegenteil, die CDU war doch gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die Rahmenbedingungen für diesen Industrie- zweig entscheidend verbessert hat. Welche Bedeutung es zudem als Wirtschaftsfaktor hat, mögen einige Beispiele zeigen. Deutschland ist von einem Importland für Photo- voltaikmodule zu einem Exportland geworden. In der Windbranche ist die Zahl der Be- schäftigten von 17.000 im Jahre 1998 auf heute 40.000 gestiegen. Und Schleswig- Holstein hat eine Vorreiterrolle bei den erneuerbaren Energien, insbesondere im Be- reich der Windenergie. Die wollen wir auch behalten. Dafür steht Rot-Grün im Land. Und dafür steht Rot-Grün im Bund.Dass wir von der CDU im Land nichts zu erwarten haben, hat Herr Kayenburg gestern erneut bewiesen. Ich darf zitieren. Er hat gesagt: „Wir können uns nur Ökologie leisten, wenn wir Wachstum haben.“ Diese Flutkatastrophe hat doch gerade gezeigt, dass wir in der Vergangenheit zu wenig Rücksicht auf die Natur genommen haben und deshalb diese immensen wirtschaftlichen Schäden entstanden sind. Meine Damen und Herren von der CDU: Haben Sie denn gar nichts versta nden? Auch der Antrag der CDU in der Drucksache15/2118 macht erschreckend deutlich, dass sie über Ursachen von Unwetterkatastrophen nicht ein Wort verliert. Es ist ein Sammelsurium von Vorschlägen, die darin gipfeln, dass Sie z.B. Finanzierungen aus der Oberflächenabgabe vornehmen wollen, die Sie doch eigentlich abschaffen wollen. -4-Wir werden den Antrag ablehnen. Unsere Resolution ist umfassender. Und einzelne Details können Sie ja bei der Ausschussberatung einbringen, wenn der Bericht vor- liegt. Bei der Resolution der FDP, die sich ausschließlich auf den Dank bezieht, bitten wir um alternative Abstimmung.Klimaschutz und Deichbau sind wichtige Instrumente beim vorsorgenden Hochwas- serschutz. Dazu gehört aber auch der Gewässerschutz. Die Ursachen des Sommer- hochwassers 2002 liegen in den extremen Niederschlägen, doch menschliche Eingriffe in den Naturhaushalt haben entscheidenden Anteil an der Verschärfung des Hoch- wassers.Flussausbau, der Verlust von Auen und damit natürlicher Überschwemmungsflächen, intensive Landnutzung und Flächenversiegelung haben zu den katastrophalen Auswir- kungen der Fluten beigetragen. Täglich werden in Deutschland gut 120 ha Land ve r- braucht, das entspricht etwa 160 Fußballfeldern. Auf den Flächen entstehen Gebäude, Plätze, Straßen; hier kann der Regen nicht mehr versickern. Er wird abgeleitet über Siele, Gräben, Bäche, und die Folge ist, dass die Wassermassen in die Flüsse gela n- gen. Deshalb sollten im Lichte der Flutkatastrophe die bisher eingeleiteten Maßna h- men der Hochwasserschutzpolitik hinsichtlich Verbauung, Vertiefung und Begradigung der Flüsse überprüft werden. Die SPD-Fraktion begrüßt die Beschlüsse der Agrarmi- nisterkonferenz, in hochwassergefährdeten Gebieten künftig stärker Äcker in Grünland umzuwandeln. Und ich erwarte, dass die Landesregierung mit hoher Sensibilität und verantwortungsbewusst eine mögliche Vertiefung der Elbe kritisch prüft. Aber dieselbe Sensibilität und hohes Verantwortungsbewusstsein erwarte ich auch von den Kommu- nen, wenn es um die Ausweisung von neuen Bau- und Gewe rbegebieten in Über- schwemmungsgebieten geht.Wir müssen den Wassermassen wieder mehr Freiraum verschaffen. Daher hat die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie auch für Schleswig-Holstein große Bedeu- tung. Sie gibt den EU-Staaten u. a. vor, alle Gewässer bis zum Jahr 2015 in einen öko- logisch guten Zustand zu versetzen. Bäche und Flüsse brauchen Raum, um sich aus- -5-breiten zu können. Auch Niedermoore können das Wasser wie einen Schwamm auf- nehmen. Dadurch wird die Kraft der Flutwellen gemildert, und Überschwemmungen richten nicht gleich Schäden an. Daher steht Naturschutz nicht im Widerspruch zum Sicherheitsbedürfnis des Menschen. Im Gegenteil: Der Schutz der Natur dient dem Schutz des Menschen. Und da Wasser nicht vor den Landesgrenzen halt macht, ist die regionale Zusammenarbeit mit den angrenzenden Bundesländern bei Bedarf zu verstärken.Die Fltukatastrophe hat uns vor Augen geführt, dass es neben den notwendigen kurz- und mittelfristigen Maßnahmen auch längerfristiger Strategien bedarf. Die Landes- nachhaltigkeitsstrategie weist den richtigen Weg in die Zukunft. Wir werden das The- ma ja in der nächsten Landtagssitzung ausführlich diskutieren.Die SPD-Fraktion bittet die Landesregierung mit der heutigen Resolution um einen Be- richt für die 30. Landtagstagung. Wir möchten wissen, welche kurz-, mittel- und lang- fristigen Konsequenzen für den Hochwasserschutz die Landesregierung sieht auf Grund der aktuellen Erfahrungen u. a. hinsichtlich Deichbau, Flussbaumaßnahmen, Siedlungsbau und Gewerbenutzung in natürlichen Überschwemmungsbereichen, so- wie Schaffung von Retentionsflächen, Klimaschutz, landwirtschaftliche Nutzung, Aus- wirkungen des Verkehrs und Naturschutz.Dabei sollte zur Ergänzung zum Generalplan Küstenschutz auch a uf die mögliche Er- stellung eines Generalplans Fließgewässer – Hochwasserschutz – eingegangen wer- den. Wir bitten weiterhin, ein Szenario zur Fortschreibung und Weiterentwicklung der Klimaschutzziele und -maßnahmen bis 2010 vorzulegen.Die Hochwasserkatastrophe in diesem Sommer 2002 hat das Leben in Deutschland verändert. Viele ältere Menschen, Familien mit Kindern, ebenso Unternehmen, kleine- re und mittlere Betriebe und freiberufliche Existenzen sehen voller Sorgen in die Zu- kunft. Die Menschen stehen nicht selten vor dem Nichts. Noch ist das ganze Ausmaß der Schäden nicht absehbar, die dieses Hochwasser angerichtet hat. Die Beseitigung -6-der Schäden der Hochwasserkatastrophe im Osten und Süden Deutschlands macht eine große nationale Kraftanstrengung erforderlich.Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die von der Bundesregierung beschlossenen Sofortmaßnahmen. Auf die Finanzierung der Kosten der Hochwasserkatastrophe wird mein Kollege Günter Neugebauer im Anschluss noch eingehen.Es ist ein Zeichen der Hoffnung, dass so viele Mitbürgerinnen und Mitbürger den in Not geratenen Menschen helfen. Und es wurde eine überwältigende Spendenbereit- schaft ausgelöst. Beeindruckend ist auch die Anteilnahme über die Grenzen Deutsch- lands hinaus. Ich denke voller Demut an das Benefizkonzert afrikanischer Künstler in Mosambik zugunsten der Flutopfer in Deutschland.Bund, Länder, Gemeinden und die Europäische Union stellen sich ihrer Verantwortung in dieser außergewöhnlichen Situation und leisten ihren Beitrag, um die Schäden die- ses Unglücks für Menschen und Natur möglichst rasch zu heilen. Es geht darum, das schlimmste Leid der Menschen schnell zu lindern. Es ist aber auch die Verantwortung der Politik, an die Ursachen der Hochwasserereignisse zu gehen sowie mittel- und langfristige Strategien zu entwickeln und umzusetzen, damit derartige Katastrophen in Zukunft so weit wie möglich vermieden werden.In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserer Resolution.