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Thorsten Geißler: Bürgerbeteiligung hat sich bewährt
LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 212/02 vom 15. Mai 2002TOP 12 Thorsten Geißler: Bürgerbeteiligung hat sich bewährt Im Jahr 1990 beschloss der Schleswig-Holsteinische Landtag die Einführung bürgerschaftlicher Beteiligungsrechte in Form der neuen Instrumente Bürgerbegehren und Bürgerentscheid. Durch sie sollte eine bürgernahe lebendige kommunale Selbstverwaltung erreicht und das Interesse der Bürger und Bürgerinnen an ihrer Selbstverwaltung gefördert werden.Sinn und Zweck der Großen Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war es offensichtlich, zum einen festzustellen, ob sich die mit der Einführung der plebiszitären Elemente verknüpften Hoffungen und Erwartungen in Schleswig- Holstein erfüllt haben und andererseits auch einen Ländervergleich herzustellen, zum einen bezüglich der rechtlichen Vorraussetzungen für die Initiierung eines Bürgerbegehrens bzw. eines Bürgerentscheides und auch bezüglich der tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Rechte durch die Bevölkerung in den anderen Bundesländern.Die Antwort der Landesregierung liefert die erwünschten Antworten nur zum Teil. Es ist leider nicht überall so wie im Freistaat Sachsen, wo eine präzise Übersicht über den sächsischen Kommunen seit Oktober 1990 durchgeführten Bürgerbegehren und Bürgerentscheide aufgestellt wurde. Dort wurden sämtliche Bürgerbegehren oder Bürgerentscheide statistisch genau erfasst, einschließlich des Themas des Bürgerbegehrens bzw. des Bürgerentscheides, Feststellung der Zulässigkeit, Ergebnisse der Bürgerentscheide und auch des Standes einiger Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit den Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheiden. In Schleswig- Holstein erfasst das Innenministerium seit 1996 keinerlei statistische Angaben zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden. Für die Beantwortung der Großen Anfrage mussten daher die Antworten auf zahlreiche Fragen bei den zuständigen kommunalen Aufsichtsbehörden abgefragt werden. Die übermittelten Angaben sind nicht annähernd so detailliert wie beispielsweise die Übersicht, die das sächsische Innenministerium übersandt hat. Letztere wurden allerdings auch erst durch eine Umfrage ermittelt. Denn in fast allen Bundesländern gibt es keine Berichtspflicht über Bürgerbegehren und Bürgerentscheide. Bedauerlicherweise haben zudem mehrere Bundesländer die Anfragen der schleswig-holsteinischen Landesregierung nicht fristgerecht beantwortet. Immerhin enthält die Antwort der Landesregierung eine genau Übersicht über die in den einzelnen Bundesländern erforderlichen Unterstützungsquoren für Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheide. Diese zeigt, dass es ein Modell, an dem sich Schleswig-Holstein orientieren könnte, nicht gibt. Die Regelungen sind völlig unterschiedlich. Dies gilt für die Unterstützungsquoren bei Bürgerbegehren. Teilweise erfolgt eine Staffelung nach Einwohnerzahl der Gemeinde, entweder anhand von prozentualen Quorum oder einer erforderlichen Anzahl von Bürgerinnen bzw. Bürgern. Dies gilt auch für die Unterstützungsquoren von Bürgerentscheiden. Teilweise reicht für den Erfolg die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, teilweise bedarf es einer Teilnahme eines Mindestquorums von Bürgerinnen und Bürgern und teilweise ist auch eine qualifizierte Mehrheit erforderlich.Es ist nicht eindeutlich erkennbar, dass diese unterschiedlichen Anforderungen direkt korrelieren mit der Inanspruchnahme der plebiszitären Elemente. Die aus den anderen Ländern übermittelten Zahlenangaben lassen einen direkten Vergleich auch nicht zu. Der Erfassungszeitraum ist schlichtweg nicht präzise genannt. Feststehen dürfte jedoch, dass Bayern Spitzenreiter ist mit 1.112 gestarteten Bürgerbegehren von denen 508 in einem Bürgerentscheid mündeten. Im Saarland gab es lediglich drei Bürgerbegehren von denen keines in einen Bürgerentscheid mündete. In Schleswig-Holstein wurden insgesamt 200 Bürgerbegehren eingereicht. 172 erhielten davon das erforderliche Unterstützungsquorum. In 100 Fällen kam es anschließend zum Bürgerentscheid. Von den Gemeindevertretungen wurden insgesamt 14 Bürgerentscheide initiiert. Gegenstand von Bürgerbegehren bzw. Bürgerentscheiden waren beispielsweise die Gestaltung von gemeindlichen Straßen und Plätzen, die Straßenverkehrsplanung, die Wasserver- und –entsorgung, die Gemeindeentwicklung, Standortfragen, touristische Belangen, Schulen und Kindergärten sowie Privatisierungsbestrebungen. Nach ganz überwiegender Auffassung der Kommunalaufsichtsbehörden wirken sich durch Bürgerentscheid getroffene politische Entscheidungen tendenziell eher neutral aus, d.h. nicht anders als politische Entscheidungen sonst auch. Da es in der Mehrzahl zu Bürgerentscheiden gegen Beschlüsse der Gemeindevertretung kam, wirkten sich die Bürgerentscheide vordergründig auch eher kostenreduzierend für die aktuellen gemeindlichen Haushalte aus. Ob sich der Verzicht auf die gemeindlichen Maßnahmen aber mittel- und langfristig als wirtschaftlich darstellt, muss dahingestellt bleiben. Auch in Schleswig-Holstein hat sich gezeigt, dass plebiszitäre Elemente eher der Verhinderung geplanter Projekte dienen, als der Durchsetzung bestimmter Vorhaben.Der Sonderausschuss „Fortschreibung des kommunalen Verfassungsrechts“ hat sich mit der Frage befasst, ob Änderungen der gegenwärtig in Schleswig-Holstein bestehenden Rechtsvorschriften erforderlich sind. Anträge meiner Fraktion hierzu wurden im Ausschuss bedauerlicherweise abgelehnt. Sie hätten durch eine Staffelregelung die Nutzung der plebiszitirren Instrumente besonders in großen Städten und Gemeinden erleichtert. Sie sollten ihren Standpunkt überdenken. Denn es ist festzustellen, dass in kleineren Gemeinden das erforderliche Unterstützungsquorum eher zustande kam, als in größeren Gemeinden.Meine Fraktion ist der Überzeugung, dass es richtig ist, dass die Bürgerinnen und Bürger ein Instrument in der Hand haben, die Dinge selbst entscheiden zu können, wenn Gemeindevertretungen anderes beschließen als die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger es für richtig hält. Insofern hat sich die Einführung dieses Instruments im Jahre 1990 voll und ganz bewährt.