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21.02.02
10:06 Uhr
SSW

Schleswig-Holsteins Straßen gehören allen Bürgerinnen und Bürgern

Südschleswigscher Wählerverband Schleswig-Holsteinischer Landtag im Schleswig-Holsteinischen Landtag Düsternbrooker Weg 70 D - 24105 Kiel Tel. (0431) 988 13 80 Fax (0431) 988 13 82
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Kiel, d. 20.02.2002 Silke Hinrichsen Es gilt das gesprochene Wort

„Schleswig-Holstein gehört allen Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb muss der öffentliche Raum allen offen stehen. Wen Penner, Fixer und Bettler stören, der soll sich erst einmal für bessere Wohnungs- hilfen, eine bessere Drogenpolitik, eine bessere Sozialpolitik und eine bessere Gesund- heitspolitik einsetzen, statt diese Menschen zu vertreiben.“

TOP 9 Änderung des Straßen und Wegegesetzes (Drs. 15/1592)
Rituale können etwas Schönes sein. Sie machen uns die Welt vertraut und strukturieren unser Leben.
Auch in der Politik gibt es viele Rituale. Und wie im richtigen Leben sind uns manche davon lieb,
während andere auch nur schlechte Gewohnheiten sind. Eines der irritierendsten Rituale besteht darin,
dass manche Oppositionsfraktionen immer wieder die selben Vorschläge stellen um zu unterstreichen,
wo sie mit der Regierung nicht unter einen Hut passen. Diese Vorgehensweise zeitigt auf zweierlei Art
unangenehme Folgen: Zum einen weil die Themen dadurch einer Inflation unterliegen und häufig
leider nicht mehr mit der gebotenen Sorgfalt beachtet werden. Zum anderen weil die Bürgerinnen und
Bürger den Eindruck gewinnen, dass es in der Politik nur noch um Showeffekte mit Blick auf die
nächste Wahl geht und weniger um konstruktive parlamentarische Demokratie.

Der vorliegende Antrag der CDU ist ein solcher ritueller Antrag, dessen Inhalt uns jetzt schon seit sehr
vielen Jahren immer wieder in Kommunen und auf Landesebene begegnet. Zuletzt hat die CDU-Land-
tagsfraktion ja in der letzten Wahlperiode erfolglos versucht, durch eine Änderung des Landesverwal-
tungsgesetzes die „öffentliche Ordnung“ in den Städten und Gemeinden wiederherzustellen.

Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de Der SSW meint aber, dass das bestehende Recht ausreicht. Gegen aggressives Betteln und öffentliches
Pinkeln kann heute schon eingeschritten werden. Für weniger brauchen wir keine Gesetzesänderung.
Es soll nur eingeschritten werden, wenn Rechtsgüter geschützt werden müssen. Solange aber niemand
in seinem Eigentum oder seiner körperlichen Unversehrtheit beeinträchtigt oder aggressiv belästigt
wird, muss er oder sie Abweichungen von der Norm dulden.

Menschen wie Obdachlose, Drogenabhängige oder Bettelnde gehören zu unserer Gesellschaft. Sie
haben ein ebenso großes Recht auf die öffentlichen Orte wie jene, die sich durch ihren Anblick oder
ihr Betteln gestört fühlen. Wen Penner, Fixer und Bettler stören, der soll sich erst einmal für bessere
Wohnungshilfen, eine bessere Drogenpolitik, eine bessere Sozialpolitik und eine bessere Gesundheits-
politik einsetzen, statt diese Menschen zu vertreiben. Aber letztlich müssen manche Menschen auch
einfach lernen zu akzeptieren, dass Menschen nicht alle die eigenen bürgerlichen Wertvorstellungen
teilen. Das gehört zur pluralistischen Demokratie dazu.

Die Regelung mit der Photographie nackter Kinder hat einen anderen Hintergrund, ist aber in der
konkreten Ausgestaltung schwer nachvollziehbar. Natürlich wollen wir nicht, dass unsere Kinder als
Sexualobjekte im Internet gezeigt werden – mit Bildern, die sie ein Leben lang verfolgen können.
Aber das CDU-Verbot würde selbst zum Problem. Was will man denn tun, wenn Eltern ihre Kinder
fotografieren, die ohne Bekleidung auf dem Strand oder in der Stadt spielen. Sollen für sie eine
Ausnahme gemacht werden, wenn sie sich ausweisen können. Und wie will man dann verhindern,
dass nicht erst einmal aufgebrachte Bürgerinnen und Bürger, die Ordnung selbst herstellen und erst
einmal Vätern an den Kragen gehen, ohne vorher nach dem Ausweis zu fragen. Eine solche örtlichen
Regelung könnte auch dazu führen, dass Eltern ihre Kinder auch im Hochsommer nur noch vermummt
spielen lassen. Ich glaube, dass die Öffentlichkeit mittlerweile ausreichend sensibilisiert ist um
lüsterne Männer zur Rede zur Stellen, wenn sie sich mit Kameras nackten Kindern unsittlich nähern.

Schleswig-Holstein gehört allen Bürgerinnen und Bürgern im Land. Deshalb muss der öffentliche
Raum so weit wie möglich für alle offen stehen. – Dies gilt übrigens umso mehr, als der öffentliche
Raum zunehmend privatisiert wird. – Wir werden uns jedenfalls dagegen wehren, dass eine selbst-
ernannte moralische Mehrheit maßgeblich aus Gründen der Ästhetik, der Bequemlichkeit und des
Egoismus den öffentlichen Raum für sich allein beansprucht.

Internet: http://www.ssw-sh.de; e-mail:info@ssw-sh.de