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24.01.02 , 15:15 Uhr
CDU

Caroline Schwarz: Haus der Geschichte ist unbedingt notwendig

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 33/02 vom 24. Januar 2002
TOP 25 Caroline Schwarz: Haus der Geschichte ist unbedingt notwendig Brauchen wir ein Haus der Geschichte??
Wir haben doch ca. 150 Museen im Land, die – wie man dem Museumsbericht der Landesregierung in der vorletzten Landtagssitzung entnehmen konnte – in der Regel gut besucht und lebhaft angenommen werden, und die voll von Zeugnissen unserer Landesgeschichte sind. Ist es vor diesem Hintergrund nötig und können wir es uns angesichts leerer Kassen leisten, noch ein großes Museum wie ein Haus der Geschichte in Schleswig-Holstein zu etablieren? Haben nicht andere Vorhaben und Projekte Vorrang, um die Zukunft unseres Landes zu gestalten wie Wirtschaftsförderung, moderne Technologien, Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und Schaffung von Arbeitsplätzen? Können wir es verantworten, angesichts der aktuellen Notwendigkeiten, denen wir uns stellen müssen im Zeitalter von Europäisierung und Globalisierung, wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, in ein Haus der Geschichte mit dem Blick zurück zu investieren?
Bis eben habe ich den advocatus diaboli gespielt, denn die Antwort lautet eindeutig:
Wir brauchen ein Haus der Geschichte!
Für die historische Fachwelt in Schleswig-Holstein ist ein solcher zentraler Ort, an dem die Entwicklung von Staat und Gesellschaft im Land bis zur Gegenwart im historischen, politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Kontext dargestellt wird, ein jahrzehntealtes Desiderat, immer wieder formuliert, immer wieder postuliert. Im Koalitionsvertrag zwischen Rot und Grün wird ebenfalls schriftlich festgehalten, dass es bei uns an einer zusammenhängenden Darstellung der politischen und sozialen Geschichte des Landes von den Anfängen bis heute mangelt. Es wird vereinbart, eine solche landesgeschichtliche Präsentation einzuleiten, und man legt sich sogar schon auf einen Standort fest: Eine Angliederung an die Landesmuseen auf Schloss Gottorf ist vorgesehen, und das Schloss Gottorf steht in Schleswig!
Aber auch die CDU-Fraktion war nicht untätig: Unserem Antrag im Februar letzten Jahres, die Landesregierung solle ein Konzept für ein „Haus der Geschichte“ vorlegen, schlossen sich alle Fraktionen an, so dass es zu einem gemeinsamen Entschließungsantrag gekommen ist. Das hat uns und besonders mich ganz persönlich sehr gefreut, weil es zeigt, dass dieses Anliegen der komplexen Darstellung unserer gemeinsamen Geschichte in diesem Land keine Parteienangelegenheit ist, sondern ein Thema, was uns alle angeht und berührt. Allerdings frage ich mich, was passiert wäre, wenn wir diesen Antrag in der Februar- Sitzung nicht gestellt hätten – wahrscheinlich nichts, Koalitionsvertrag hin, Koalitionsvertrag her. In dieser Schublade schlummern ja noch mehr ehrgeizige Pläne.
Der Bericht liegt nun also vor.
Mittlerweile haben sich Menschen an den beiden bisher in Rede stehenden Standorten Kiel und Schleswig zusammengetan und organisiert, Menschen aus der Wirtschaft, Wissenschaft, Bürgerschaft, Verwaltung und Selbstverwaltung. In Kiel ist es die „Kulturoffensive für das Kieler Stadtmuseum im Historischen Zentrum“, in Schleswig der „Förderkreis Haus der Geschichte“. Es gibt also eine große Übereinstimmung in der Frage „Brauchen wir ein Haus der Geschichte?“ zwischen Fachleuten, Politik und Gesellschaft, im vollen Bewusstsein, dass so etwas nicht zum Nulltarif zu bekommen ist. Woher kommt dieser auffallende Konsens, dass Schleswig-Holstein ein „Haus der Geschichte“ braucht? Zum einen ist es natürlich die emotionale Bindung an unser Land, die wir alle haben. Aber auch andere Gründe sind maßgebend: Die Menschen wissen oder fühlen, dass wir Orientierung brauchen in einer fast grenzenlos und unübersichtlich gewordenen Welt. Die Menschen wissen oder fühlen, dass nur der, der die Vergangenheit kennt, die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten und bestehen kann, und dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft untrennbar zusammengehören. Die Menschen wissen oder fühlen, dass für die Gestaltung der Zukunft nicht nur die harten Faktoren Wirtschaftskraft, Arbeitsplätze und Technologien notwendig sind, sondern dass die Kultur immer wichtiger wird zur Schaffung eines geistigen Klimas, das Identität schafft, Toleranz entwickelt, Visionen zulässt und Kommunikation fördert. Und nicht zuletzt wird den Menschen immer bewusster, dass sich Kultur langsam aber sicher vom weichen zum immer härteren Standortfaktor entwickelt und neben Strand und Natur zum wichtigsten Pfund unseres Tourismus zählt – Stichwort „Kulturwirtschaft“, die auch im Museumsbericht eine wichtige Rolle spielte.
Wir brauchen also ein „Haus der Geschichte“, das „in die gewachsene museale Angebotsstruktur des Landes integriert werden muss. Insbesondere sollte die Dezentralität des reichhaltigen musealen Angebots in Schleswig-Holstein bestätigt und unterstützt werden“. So heißt es im Papier der von der Kultusministerin eingesetzten Kommission, die ein Konzept für ein „Schleswig-Holsteinisches Haus der Geschichte“ formuliert hat und der ich an dieser Stelle sehr herzlich danken möchte, allen voran den Herren Professoren Danker und Witt.
Das „Schleswig-Holsteinische Haus der Geschichte“ soll sich nach Auffassung der Kommission thematisch auf Schleswig-Holsteins Weg in der Moderne beschränken. Drei Themenfelder werden vorgeschlagen: Demokratisierung, wirtschaftliche Entwicklungen und Zusammenleben, ergänzt um landesgeschichtliche bzw. nationale „Eruptionen“ und schleswig-holsteinische Spezifika. So soll – nach Vorstellung der Kommission – alles das, was Schleswig-Holstein in den letzten gut 150 Jahren ausmacht, von den Ständeversammlungen in Schleswig und Itzehoe über die Sängerfeste, Industrialisierung, Landwirtschaft, die Bedeutung von Sommerfrischen, über die friesische und plattdeutsche Sprache, das Leben der Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu den Olympischen Spielen und der Schneekatastrophe zielgruppenorientiert, didaktisch aufbereitet und nach anerkannten musealen Grundsätzen in einem „Schleswig-Holsteinischen Haus der Geschichte präsentiert werden. Dabei sollen „die Vermittlungsmedien historische Ausstellung, aktive Interaktion und mediale Präsentation gleichrangig genutzt werden“. Rein virtuellen Schau-, Erlebnis- und Forschungsmöglichkeiten wird eine klare Absage erteilt. Originale Exponate und Objekte „zum Anfassen“ mit ihrem ganz eigenen Erlebniswert sind auch nach Auffassung der Kommission trotz aller modernen Kommunikationstechnologien nach wie vor notwendig, um Geschichte zu „begreifen“, gerade für die Jüngeren. In einem Gespräch mit den beiden „Vordenkern“ der Kommission Danker und Witt wurde der Wunsch bzw. die Erwartung geäußert, das „Haus der Geschichte“ möge jedem schleswig-holsteinischen Schüler und jeder Schülerin mindestens einmal in der Schullaufbahn begegnen.
Großen Wert legt die Kommission auf die Eigenständigkeit eines „Schleswig- Holsteinischen Hauses der Geschichte“. Nicht als Abschnitt einer Stadtgeschichte nach dem Motto „Wir erweitern unser Stadtmuseum“ darf das neue Museum geplant werden – das habe mit einem „Haus der Geschichte“ nichts zu tun. Ein „Haus der Geschichte“ könne keine Abteilung einer anderen Organisation sein, keine für Landesgeschichte reservierte Etage in einem Gesamtkomplex. Damit wendet sich die Kommission nicht gegen einen möglichen Standort Kiel, für den z.B. auch die Landesbibliothek mit ihrem Fundus der Landesgeschichtlichen Sammlung und ihrem Buch-, Musikalien- und Handschriftenbestand spricht. Die Kommission argumentiert damit aber gegen einen Standort Warleberger Hof/Alte Feuerwache.
Wir sind zwar noch nicht bei der Diskussion über den zukünftigen Standort – erst einmal muss von uns eine Grundsatzentscheidung für die Errichtung eines „Schleswig- Holsteinischen Hauses der Geschichte“ erfolgen. Nichtsdestoweniger hat der Kampf der guten Argumente um den besten Standort bereits heftig begonnen. Dass ich mich mit Kopf und Herz in jedem Fall für Schleswig entscheide, werden Sie verstehen. Das „Haus der Geschichte“ gehört nach Schleswig! Die Stadt Schleswig bietet ideale Voraussetzungen für ein „Schleswig-Holsteinisches Haus der Geschichte“. Schleswig ist über die Grenzen hinaus als Sitz der Kulturinstitute des Landes ein Begriff. In Schleswig wurde schleswig-holsteinische Geschichte geschrieben. Das läßt sich an unzähligen Beispielen festmachen, die aufzuzählen aber den Rahmen heute sprengen würde. Nur eins: Wo ist das Schleswig-Holstein-Lied gedichtet, komponiert und zum ersten Mal gesungen worden? In Schleswig! Für den Standort Schleswig gibt es eine beeindruckende Anzahl an Mitstreitern, heute nachzulesen in einer großen Anzeige in den Zeitungen des sh:z. Allerdings – ich gebe es zu – manches Fraktionskollegenherz schlägt auch für Kiel. Es steht eine Zeit intensiver Beratungen und gründlicher Abwägungen vor uns. Die Kommission hat wertvolle Arbeit geleistet. Auf dieser Basis können wir solide weiter arbeiten. Aber wir sollten Gesichtspunkte, Vorschläge und Argumente aus der übrigen historischen Fachwelt nicht außer Acht lassen. Wir sollten z.B. auch die Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, den Arbeitskreis für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, den Beirat für Geschichte, den Geschichtslehrerverband u.v.a. mehr mit einbeziehen.
Das übliche Procedere, dem wir natürlich zustimmen, ist die Überweisung in den Bildungsausschuss. Ich möchte an dieser Stelle aber auch gern anregen, ein Landtagssymposium, sehr geehrter Herr Landtagspräsident, zu veranstalten, in dem intensiv und engagiert zu diesem Thema diskutiert werden kann. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Interesse an einem „Haus der Schleswig-Holsteinischen Geschichte“ in unserem Land groß ist und dass wir mit einem solchen Symposium wertvolle Erkenntnisse gewinnen können.
Es geht jetzt um eine rasche konkrete Umsetzung der theoretischen Vorgaben der Kommission, es geht um die Standortfrage, um Finanzierungsfragen und die Einbettung in die vorhandene Museumsstruktur. Packen wir’s zügig an – das Zeitfenster bleibt nicht ewig geöffnet!

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