Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Frauke Tengler: Ehrenamt braucht dauerhafte Unterstützung
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 381/01 vom 26. September 2001TOP 11 Frauke Tengler: Ehrenamt braucht dauerhafte Unterstützung Wir debattieren heute die Große Anfrage meiner Fraktion zur Bedeutung und Sicherung des Ehrenamtes. Ein Thema, das über 700.000 Menschen in Schleswig- Holstein betrifft und die Antwort der Landesregierung auf einen – zugegebenermaßen umfangreichen Fragenkatalog –, für dessen Beantwortung ich mich an dieser Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beteiligten Häuser sehr herzlich bedanken möchte. Ich weiß, dass die Beantwortung der Großen Anfrage in Teilen schwierig und aufwändig war. Deshalb hat meine Fraktion auch volles Verständnis für die Fristverlängerung zur Vorlage der Antwort. Ich glaube aber auch, dass diese Große Anfrage im sogenannten „Jahr der Freiwilligen“ gut, richtig und notwendig war, auch wenn in diesen Monaten und Wochen so viel über das Ehrenamt geredet wurde, dass Ehrenamtler vor Ort nur noch quälend Applaus spenden. Es setzt sich die Meinung durch, dass außer Worten nur wenig bewegt wurde!Das Ehrenamt gibt unserer Gesellschaft ein menschliches Gesicht. Das Ehrenamt schafft soziale Kontakte, erweitert den eigenen Erfahrungshorizont und wird in Zukunft für unsere Gesellschaft von immer größerer Bedeutung sein. Ein Ehrenamt macht Spaß und das muss so bleiben.Ohne Ehrenamt gäbe es - keine zusätzliche Altenbetreuung, - keine vereinsgetragene Jugendbetreuung in Sportvereinen aller Art, - keine zusätzliche Seelsorge, - keine Angebote in Selbsthilfegruppen, - keine Angebote für Jugend im musischen Bereich, - keine Betreuung in Naturschutzgebieten, die Aufzählung könnte unendlich fortgesetzt werden.Um diese wesentliche Komponente unseres Zusammenlebens sicherzustellen, bedürfen aus unserer Sicht folgende Punkte einer dringenden Klärung: - Versicherungsschutz z. B. bei Jugendfahrten und während ehrenamtlicher Tätigkeiten generell, - Abbau von Bürokratieaufwand im Ehrenamt generell, z. B. o Anträge für Jugendaustausche mit anderen Ländern, o unnötige Statistiken in Kleinstvereinen usw. - Steuerfreibetrag für ehrenamtlich gefahrene Kilometer, - Rücknahme der Sozialversicherungspflicht für Aufwandserntschädigungen u. a. für Übungsleiter, - Würdigung ehrenamtlicher Tätigkeit in Zeugnissen.Eine Bestandsaufnahme zum Ehrenamt in Schleswig-Holstein ist wichtig, wenn wir – und im Bereich des Ehrenamtes gehe ich davon aus – gemeinsam in diesem hohen Haus politische Schlussfolgerungen ziehen wollen, wenn wir zusammen Handlungsstränge erarbeiten wollen, die das Ehrenamt und vor allem die Ehrenamtler selbst in ihrer persönlichen Motivation stärken und ihre Tätigkeit bestärken sollen.Über die Bedeutung des Ehrenamtes für unsere Gesellschaft , da bin ich sicher, wird es hier keine Debatte geben, dafür ist der partei- und fraktionsübergreifende Konsens wiederholt und immer eindeutig unterstrichen worden. Darum stelle ich mich voll und ganz hinter die Worte des Herrn Landtagspräsidenten, der in seiner Funktion als Präsident der Ostseeanrainerkonferenz das politische Dilemma des Ehrenamtes auf den Punkt gebracht hat, wenn er sagt: “Man kann dem Ehrenamt nicht sagen: Nun macht mal schön. Sondern die Politik muss sich auch überlegen, welche Hilfestellung sie leisten kann.“ Das sollten wir endlich konkret tun.Ich empfinde diese Aussage deshalb als so wichtig, weil sie mich hoffen lässt, dass wir zu gemeinsamen Verbesserungen der Rahmenbedingungen kommen können. Ich weise hier auf die vorgelegte Antwort der Landesregierung hin und zitiere die Seite 6, auf der es ausdrücklich heißt: „Die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements verlangt, dass Weichenstellungen auch auf Landesebene nur wohlüberlegt und im Wissen um Bedingungen und die voraussichtlichen Auswirkungen getroffen werden“.Die Überlegungen der Landesregierung für eigene Konzepte und Impulse zur Umsetzung ihres Regierungsschwerpunktes konzentrieren sich auf folgende Bereiche...“ Die Zukunftssicherung des Ehrenamtes ist also ein Regierungsschwerpunkt dieser Landesregierung und nach diesem hat die CDU- Fraktion gefragt. Wo steht das Ehrenamt und was tut diese Landesregierung, um es zu befördern, zu sichern und ihm die Anerkennung zukommen zu lassen, die es verdient?Schwerpunkte der Regierungsarbeit sollen laut Antwort sein: - Abbau bürokratischer und rechtlicher Barrieren für das freiwillige Engagement, - Abbau der mit freiwilligem Engagement für den Einzelnen verbunden Nachteile, - Stärkung der gesellschaftlichen Anerkennung dieses Engagements, - stärkere Einbeziehung der Wirtschaft, - Vermittlung der Bedeutung freiwilligen Engagements an Jugendliche und - der Ausbau einer lokalen Infrastruktur von Informations- und Kontaktstellen.Allen diesen Zielen stimme ich für meine Fraktion ausdrücklich zu. Und wenn wir dann schon diese Einigkeit über die wesentlichen Zielsetzungen erreicht haben, muss sich die Landesregierung natürlich auch fragen lassen, was sie ganz konkret unternommen hat, um diese Ziele zu befördern?Wo hat diese Landesregierung eigene Vorstellungen für die Stärkung des bürgerlichen Engagements entwickelt und wie setzt sie diese politisch um? Das hätte uns interessiert. Aber wenn man über die tatsächlichen Gegebenheiten und Schwierigkeiten nichts weiß, ist es schwierig oder sogar unmöglich, Handlungsstränge zu entwickeln. Ich möchte dafür zwei Beispiele nennen:Ein eklatanter Widerspruch findet sich hinsichtlich des ehrenamtlichen Engagements von jungen Menschen. Einmal wird eine Untersuchung zitiert, nach der Jugendliche im Alter von 14 bis 24 Jahren eine besonders aktive Altersgruppe in unserer Gesellschaft darstellen, wenig später stellt die Landesregierung fest, dass die Jugendlichen den kleinsten Anteil ehrenamtlich Tätiger ausmachen. Wie fällt denn nun die Eigenanalyse für das Land Schleswig-Holstein aus?Ein weiterer Punkt: Setzt die Landesregierung sich das Ziel, bürokratische und rechtliche Barrieren für das freiwillige Engagement abzubauen, sollte man hoffen dürfen, dass sie um diese Barrieren Bescheid weiß. Tut sie aber nicht, denn auf eine entsprechende Frage auf Seite 18 erwidert die Landesregierung knapp, dass ihr dazu keine konkreten Hinweise vorliegen. Wie will man denn Handlungsansätze erarbeiten, wenn man das Problem nicht kennt?Diese Haltung ist symptomatisch für die Beantwortung der Großen Anfrage insgesamt: statt eine notwendige Eigenanalyse vorzustellen, wird auf Gutachten, das Freiwilligensurvey von 99 und die Enquetekommission des Bundes verwiesen, es wird geprüft und gewartet statt zu denken und zu handeln. Lassen Sie mich auch dies mit einem Beispiel untermauern.Auf die Frage 23 wird deutlich geantwortet, dass die Landesregierung in der Tat eine Beeinträchtigung des ehrenamtlichen Engagements durch steuer- und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen sieht. Welche Konsequenz zieht die Landesregierung daraus? „Die Landesregierung wird Regelungsabsichten unterstützen, die geeignet sind, die Rahmenbedingungen für freiwilliges Engagement zu verbessern“. Wieder das bekannte Prinzip: Warten und prüfen statt denken und handeln.Es geht mir in keiner Weise darum, Leistungen dieser Regierung herabzuwürdigen. Es wurden auch gute Ideen in die Tat umgesetzt, aber diese wurden dann nicht weitergehegt und gepflegt, sondern schlicht sich selbst überlassen. Wir als politisch Gestaltende müssen wissen, was es zu verbessern gilt und wo wir weiter unterstützen können. Das wird uns aber nicht gesagt und damit sind wir nicht schlauer als vorher und ich wage die Vermutung, dass diese Landesregierung auch nicht mehr weiß. Und hier liegt das Problem. Ein Beispiel: Die Jugendleiterkarte – Juleica – eine glänzende Idee, die sich in Nordfriesland leider zum Flop entwickelt, weil die Kommunen – und nur die sind finanziell daran beteiligt – weitere einseitige Lasten nicht auf sich nehmen können! Schlussfolgerungen für Landesregierung ergeben sich daraus aber nicht und das ist schade! Die andere Seite der Medaille: Sie stellen fest, dass sich die Jugendfeuerwehren erfreulich entwickeln. Jeder von uns wird dies in seinem Wahlkreis feststellen können. Eine hervorragende Möglichkeit, Jugendliche an das Ehrenamt heranzuführen. Welche Konsequenz zieht diese Landesregierung aus diesem Umstand? Was schließt sie daraus, wenn junge Menschen scheinbar doch Anschluss an eine Gruppe und eine gesellschaftliche Aufgabe suchen? Wie können wir diesen Trend politisch sinnvoll begleiten? Darauf bleiben Sie die Antwort schuldig. Hier gibt es eine Menge Fragen, die wir gemeinsam in den zu beteiligenden Ausschüssen vertiefen können. Es wäre schön, wenn wir gemeinsam konkretere Ansätze erarbeiten könnten, als diese Große Anfrage sie ausweist.Lassen Sie mich aber schon jetzt einige weitere wenige Forderungen für meine Fraktion markieren.Die Landesregierung will bürokratische Hemmnisse und rechtliche Barrieren zugunsten des Ehrenamtes abbauen, Wir fordern Sie auf – tun Sie es!Die Vereine und Verbände sollen Planungssicherheit für ihre finanziellen Rahmenbedingungen erhalten. Wir fordern Sie auf – schaffen Sie diese!Die Landesregierung will Nachteile für den Einzelnen abbauen, die sich aus ehrenamtlicher Tätigkeit ergeben. Wir fordern Sie auf – lassen Sie sich damit keine Zeit.Unterstützen Sie aktiv Projekte wie die Jugendleiterkarte, sorgen Sie dafür, dass diese mehr ist als ein Stückchen Papier, sondern aufgewertet wird durch ermäßigte Eintrittpreise in Museen, Schwimmbäder und ähnliches.Die Landesregierung kann sich sicher sein, die volle Unterstützung der CDU- Landtagsfraktion zu erhalten, wenn es darum geht, das Ehrenamt zu fördern und zu sichern. Die Politik erwartet viel von den Ehrenamtlern, die nicht nur einen erheblichen Teil zur Volkswirtschaft beitragen, sondern vor allem in unserer hochtechnologisierten und schnelllebigen Zeit die sozialen und menschlichen Strukturen unserer Gesellschaft prägen und erhalten. Es wäre daher eine Freude zu erleben, dass jeder die Hälfte von dem täte, was er von anderen verlangt: eine gute und zuverlässige Arbeit zu leisten. Unser politischer Auftrag geht dabei über Finanzierungsfragen hinaus:Es geht um die nachhaltige Unterstützung derjenigen, die sich freiwillig und ohne Entgeld stark machen für unsere Gesellschaft, unser Gemeinwohl und unsere Zukunft. Es geht um diejenigen, die es als Ehre empfinden, sich in den Dienst einer Sache zu stellen und ein entsprechendes Amt zu übernehmen, für die Gemeinwohl mehr zählt als mein Wohl. Erteilen wir dem Egoismus eine Absage, verpassen wir ihm ein schlechtes Image, werben wir bei den Menschen für Altruismus.Altbundespräsident Herzog hat gesagt: Gemeinsames und freiwilliges Engagement sind so etwas wie ein Gradmesser für die moralische Temperatur einer Gesellschaft. Lassen wir diese Temperatur nicht abkühlen.Darum machen wir uns stark nicht nur für Freiwillige, sondern für das Ehrenamt insgesamt!