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Martin Kayenburg: Der Staat darf nicht den Nachtwächter spielen
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.dePRESSEMITTEILUNG Es gilt das gesprochene Wort Nr. 318/01 vom 13. Juli 2001 TOP 52 Martin Kayenburg: Der Staat darf nicht den Nachtwächter spielen „Willkommen beim Aldi-TV Fernsehen der Zukunft?“ war eine der treffendsten Überschriften in der Presse zum Thema „Zukunft der Kabelnetze“ in den letzten Wochen, und damit wurde Norbert Schneider, Direktor der Düsseldorfer Landesanstalt für Rundfunk, zitiert, der damit auf eine zukünftige Problematik des Fernsehens verwies, die nicht von der Hand zu weisen ist.In der Tat ist die Entwicklung im Bereich des Fernsehens rasant. In einigen Jahren wird auch der ans Kabel angeschlossene Fernsehzuschauer ein großes Angebot an digitalen Kanälen nutzen können. In einem wabernden Bildteppich mit einem Grundbestand an Information gäbe es dann gelegentlich auch Luxusware zu finden. Anders seien die immensen Investitionen der neuen Kabelnetzbetreiber nicht zu re- finanzieren, so Schneider, obwohl unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten lt. dem Positionspapier der Landesmedienanstalten die digitale Übertragungstechnik in großen Bereichen günstiger als die bisherige analoge Technik ist. Dennoch ist klar: Das derzeitige Preisgefüge kann kein Maßstab sein, da derzeit jedenfalls im digitalen Bereich noch keine marktgerechten Preise gelten.Die Telekom hat den Wert des gesamten bundesweiten Netzes, der ursprünglich mit rund 30 Milliarden DM angesetzt war, mit 25 Milliarden bewertet (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.04.01). Diese für sich betrachtet hohe Summe relativiert sich im Vergleich mit dem UMTS-Lizenzgebühren von insgesamt rund 100 Milliarden DM. Nach Schätzungen liegen die zusätzlichen Investitionen für den Ausbau und die Umrüstung pro Anschluss zwischen 600 und 1.000 DM (Medienspiegel, 19.03.2001). Diese Summen liegen zwar deutlich unter denen für UMTS, sind aber dennoch nicht unproblematisch für Investoren. Ende 1999 hat die Telekom das Ausschreibungsverfahren für die neun Regional- gesellschaften der Kabelnetze eingeleitet. Das Netz in Hessen ging an das Unternehmen Klesch. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg war Callahan der Gewinner. Die Kabelnetze der restlichen sechs Regionalgesellschaften – hierzu gehört auch die Region Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern, sind nach Verhandlungsstand vom 21. Juni 2001 im Gegensatz zu den zuerst verkauften drei Netzen zu 100 Prozent veräußert worden, und zwar an das amerikanische Medienunternehmen Liberty Media/Klesch. Das heißt, dass das Kabelnetz in Deutschland künftig von zwei weltweit agierenden Unternehmens- gruppen beherrscht wird. Nämlich Liberty/UPC und NTL/Klesch auf der einen Seite und Callahan auf der anderen Seite.Vier Milliarden Mark will der neue Kabeleigner Callahan in den digitalen Ausbau des Netzes in NRW stecken. Liberty Media/Klesch hat gerade die verbliebenen Kabelnetze aus dem Telekombesitz übernommen und will 10 Milliarden Mark investieren.Zur Zeit kann noch nicht abschließend gesagt werden in welchem Umfang zwischen diesen Unternehmensgruppen Verflechtungen bestehen und entstehen. Auch hier gibt es Konzentrationseffekte. Die Telekom hält zwar nach Abschluss der Verkäufe der ersten drei Netze noch Anteile von 45 bzw. 35 Prozent an den einzelnen Regional- gesellschaften, aber ihr zukünftiger Einfluss wird als gering eingestuft.Gerade der Verkauf der letzten sechs Netze an Liberty Media/Klesch kann zu einer marktbeherrschenden Position führen, denn Liberty Media ist ein vertikal organisiertes Unternehmen, das nicht nur wie die Telekom oder Callahan Netzanbieter ist, sondern selbst mit zahlreichen Programmanbietern verbunden ist und somit durchaus Inhalte setzen könnte.Der Unternehmensgruppe gehören unter anderem Beteiligungen an Medienunter- nehmen der News Cooperation von Rupert Murdoch sowie an AOL-Time Warner. In den USA verfügt die Liberty Media mit ihrer hundertprozentigen Tochter „Starz Encore Group“ über den größten Anbieter von kabel- und satellitenverbreiteten Premium-Programmen mit einer Vielzahl von Sparten-TV-Programmen. Es ist also nicht von der Hand zu weisen, dass die neuen Kabelnetzgesellschaften ein beträchtliches Interesse verfolgen könnten, Programmanbieter, die in Deutschland seit Jahren in ihre Programme investieren und Arbeitsplätze schaffen, zu bedrängen oder gar vom Markt zu drängen.Hinzu kommt, dass es auch auf der Netzebene 4, den Zugängen zum einzelnen Verbraucher, Konzentrationsbewegungen gibt, wie sich an der Übernahme von PrimaCom durch UPC bereits zeigte. Der Staat darf hier nicht den Nachtwächter spielen!Der Umstieg vom analogen zum digitalen Netz muss daher ordnungspolitisch begleitet werden. Um die Einspeisung der öffentlich-rechtlichen Medienangebote zu gewährleisten, sind deshalb Must-Carry-Regelungen notwendig, die über das bisherige Maß hinausgehen. Nach § 52 RfStV ist zwar eine Kapazitätszuweisung für die öffentlich-rechtlichen Digitalbouquets von ARD und ZDF vorgesehen, diese Regelung greift jedoch nur, „soweit Betreiber von digitalisierten Kabelanlagen Fernseh- programme oder Mediendienste verbreiten.“ (vgl. § 52 Abs. 2 RfStV) Das heißt, den Kabelnetzbetreibern würde es danach grundsätzlich freistehen, in seinen digitalen Kabelanlagen auf die Verbreitung von Rundfunk ganz zu verzichten. – Ob sich dies rechnet ist eine andere Frage. – Es geht um die Absicherung eines „worst-case-szenario“. Deshalb muss der bestehende Status quo der Must-Carry-Programme von ARD und ZDF, wie er durch die Regelungen des RfStV und die landesgesetzlichen Bestimmungen gewährleistet ist, sicherlich ausgebaut werden und die privaten Sender mit einbeziehen.Noch ist der Versorgungsgrad der angeschlossenen Haushalte mit Kabel-Set-Top- Boxen, ohne die das digitale Angebot nicht empfangen werden kann, ungenügend. Aber die Digitalisierung wird kommen, und sie bringt auch Mehrwerte, die dem Verbraucher sichtbar gemacht werden müssen. Denn die Digitalisierung wird dem bisher so preiswerten Fernsehempfang verteuern. Und eines ist klar: Diejenigen, die jetzt in die Netze investieren wollen auch zukünftig daran verdienen. Ob die Masse der Fernsehzuschauer sich dann vom passiven Konsumenten zum aktiven Player – denn das ermöglicht ihm ja das digitale Netz – entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Die Prognos AG sieht dies sehr skeptisch. Die Konkurrenz der Satelliten, die bei einer Kostenexplosion im Kabel TV zum Tragen kommt, sollte ebenfalls nicht unterschätzt werden. Nimmt der Verbraucher aber die „schöne neue Medienwelt“ mit erhöhten Kosten nicht in ausreichenden Ausmaß in Anspruch und gibt es genug andere Nachfrager nach digitalen Diensten irgendwelcher Art, könnte der bereits angesprochene § 52 RfStV eine ungeahnte Bedeutung erhalten. Für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist der zügige Ausbau der Kabelnetze in der Tat wichtig. Die Entwicklung der Multimediaangebote und Kommunikationsdienste ist ein Arbeitsmarkt der Zukunft, der sowohl von der Politik als auch von der Wirtschaft Unterstützung braucht. Aber auch all die vielen für den normalen Verbraucher kaum ersichtlichen Einsatzmöglichkeiten digitaler Datenbahnen dürfen für die Wirtschaft unseres Landes nicht unterschätzt werden. - Ich denke dabei auch unabhängig von der heutigen Diskussion um die Zukunft der Kabelnetze an die Multimedia- Ausbildungsangebote in unserem Land wie zum Beispiel den Multimedia Campus in Kiel oder Lübeck. - Multimedia ist eine Zukunft für unsere junge Generation!