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13.07.01 , 10:07 Uhr
CDU

Jost de Jager: Es fehlt wieder ein Gesamtkonzept

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Es gilt das gesprochene Wort
Nr. 309/01 vom 13. Juli 2001
TOP 17 Jost de Jager: Es fehlt wieder ein Gesamtkonzept Die Arbeitszeit von Lehrern ist eines der sensibelsten Themen der Schulpolitik und ein Thema, mit dem wir auch deshalb sehr sorgsam umgehen müssen, weil die Art und Weise, wie Politiker sich über die Arbeitszeit von Lehrern äußern und die Art und Weise, wie die Politik Bedingungen der Lehrerarbeitszeit bestimmt, in einem hohen Maße und sehr direkt Auswirkungen auf die Motivation von Lehrkräften haben.

Lassen Sie mich deshalb gleich zu Beginn eines klarstellen: Die CDU- Landtagsfraktion erkennt ausdrücklich an, dass Lehrerinnen und Lehrer sich ständig steigenden Anforderungen in den Schulen gegenübersehen und das nicht nur im pädagogischer Hinsicht, sondern auch in Form einer unbestritten hohen zeitlichen Belastung.

Das Problem mit der Lehrerarbeitszeit besteht einfach darin, dass sie schwer messbar ist. Sie ist natürlich nicht nur an der Unterrichtsverpflichtung in Stunden zu bemessen, sondern besteht insgesamt aus drei Säulen, die eigentlich eher drei kommunizierende Röhren sind, nämlich 1. dem Stundendeputat, 2. den Zeiten zur Vor- und Nachbereitung der Unterrichtsstunden und 3. den außerunterrichtlichen Aktivitäten.

Gleichwohl wird die Lehrerarbeitszeit im wesentlichen aber nach dem Stundendeputat geregelt und ist deshalb nicht immer gerecht. Dies ist die Ausgangsbasis der verschiedenen Kommissionen, die die Landesregierung eingesetzt hat und von der die Bildungsministerin uns berichtet hat. Diese Kommissionen sollen zum einen Vorschläge machen, wie die außerunterrichtlichen Aktivitäten tatsächlich zu bemessen sind. Zum anderen wie das zeitliche Verhältnis zwischen erteilter Unterrichtsstunde und Vor- und Nachbereitung je nach Fach sich verhält. Gelöst werden soll die Frage, ob es gerecht ist, dass ein Lehrer mit den „korrekturinteniven Fächern“ Deutsch und Englisch genauso viel unterrichten muss wie etwa ein Lehrer mit der Fächerkombination Mathe und Sport, um beim Standardbeispiel zu bleiben. Grundlage dieser Kommissionen und der möglichen Arbeitszeitmodelle sind zwei Gutachten aus Nordrhein-Westfalen. Das eine von der Fa. Mummert & Partner, das die Lehrerarbeitszeit in Wochenstunden berechnet hat, und das andere von dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, Ernst Benda.

Was nicht Gegenstand der Beratungen der Kommissionen war, ist die Frage, ob es weiterhin richtig ist, dass Lehrerkräfte unterschiedlicher Schularten eine unterschiedlich hohe Unterrichtsverpflichtung haben. Derzeit müssen Lehrer an Grund- und Hauptschulen am meisten unterrichten, danach kommen die Lehrer von Realschulen und das geringste Stundendeputat haben die Lehrkräfte an Gymnasien und Gesamtschulen. An dieses Problem wollte die Landesregierung bei der Neubestimmung der Lehrerarbeitszeit aber offensichtlich bisher nicht rangehen.

Nun tut sie es aber im Rahmen der Haushaltseckwerte für das Jahr 2002. Dort ist im Beschluss des Kabinetts vom 06. Juni 2001 festgelegt worden, dass im Rahmen der Mehrarbeit von Beamten und Landesbediensteten insgesamt einige Lehrer diese Mehrarbeit erbringen sollen und andere nicht. Im Klartext: Die Lehrkräfte an Gymnasien und Gesamtschulen sowie die Berufsschullehrer sollen – wie alle anderen Beamten – eine ½ Stunde Mehrarbeit leisten. Die Lehrer an Grund- und Hauptschulen, die Sonderschullehrer und die Realschullehrer sollen dies aber nicht tun.

In diesem Zusammenhang geht es mir nicht um die Frage, ob der Landtag für das Haushaltsjahr 2002 eine Mehrarbeit der Landesbediensteten aus Haushaltsgründen beschließen muss oder nicht. Das überlasse ich ausdrücklich den Haushaltsberatungen im Herbst. Mir geht es um folgendes: Warum sehen Sie diese Mehrarbeit nur für Teile der Lehrerschaft vor und für andere Teile nicht? Dies verstößt gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und erinnert fatal an das Ordnungsprinzip „teile und herrsche“.

Wenn es aber so sein sollte, dass die Landesregierung der Auffassung ist, es bestünde eine Gerechtigkeitslücke zwischen den Stundendeputaten der Grund-, Haupt- und Realschullehrer auf der einen Seite und den Gesamtschul-, Gymnasial- und Berufsschullehrern auf der anderen Seite, dann frage ich mich, auf welcher Grundlage die Landesregierung glaubt, diese mit einer ½ Stunde Mehrarbeit schließen zu können. Es gibt keine gesicherte Grundlage dafür, weil die Lehrerarbeitszeit-Kommission sich mit dem Thema überhaupt noch nicht befasst haben. Und die Entscheidung der Mehrarbeit bestimmter Lehrerinnen und Lehrer im Vergleich zu ihren anderen Kollegen ist einzig und allein nach Gutdünken gefallen.

Da ist es kein Wunder, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer und die Lehrerverbände vor den Kopf gestoßen fühlen. Es ist zudem ein Schlag ins Kontor für diejenigen, die in diesen von Ihnen benannten Kommissionen miterarbeitet haben und deshalb war es nur konsequent, dass sowohl die DBB-Lehrerverbände als auch die GEW ihre Vertreter aus diesen Kommissionen wieder zurückgeholt haben. Denn was soll dort vernünftigerweise noch beraten werden! Während diese Kommission noch tagen, während ein halbes Jahr lang Schulen neue Arbeitszeitmodelle zunächst theoretisch erarbeitet haben und jetzt im kommenden Schuljahr erproben wollen, schafft diese Landesregierung auf einem anderen Feld Fakten und macht die Vorbereitungen der vergangenen Jahre zunichte.

Das passt in das Gesamtbild einer Schulpolitik, die mit der Chirurgie nur noch eines gemeinsam hat: Sie setzt hier und da Tupfer. Ein konsequentes Handeln, eine von Anfang bis Ende hin durchdachte Operation ist bei Ihnen nicht mehr zu erkennen. Statt klare Konzepte und belastbare Beratungsergebnisse zu liefern, machen Sie nur noch in hektischem Aktionismus. Folge ist ein bemerkenswerter Substanzverlust der Schulpolitik in diesem Land. Dies gilt für die Festlegung der Lehrerarbeitszeit nach Gutsherrenart, wie in den Eckpunktepapier geschehen, es gilt aber auch für andere Einzelentscheidungen, die Sie getroffen haben.

Im Zusammenhang mit der Lehrerarbeitszeit möchte ich dabei nur die an sich vernünftige Entscheidung nennen, den Schulleitern mehr Zeit zur Schulleitung einzuräumen. Allerdings ist uns als CDU-Vertretern im Bildungsausschuss schwindelig geworden, als Sie, Frau Ministerin, uns dargelegt haben, wie Sie diese vermehrten Ausgleichsstunden innerhalb der Stellenpläne erwirtschaften wollen.

Auch hier fehlt ein Master-Plan. Statt einzelne Bereiche der Ausgleichsstunden isoliert zu lösen, hätten Sie lieber ein Gesamtkonzept abwarten sollen, das in der Kommission für die außerunterrichtlichen Aktivitäten ja derzeit erarbeitet wird. Nach unseren Vorstellungen wäre es besser, nicht von außerunterrichtlichen Aktivitäten zu sprechen, sondern von Schulsystemzeit. Also all die Tätigkeiten zu subsumieren, von der Betreuung der Physiksammlung über die Netzwerkadministratoren von Computern bis hin zur Schulleitungszeit, die dem Gesamtsystem Schule zugute kommen. Es wäre besser, diese Einzelansprüche im Rahmen einer Komplettlösung der Lehrerarbeitzeit zu regeln, als dies in Einzelentscheidungen zu tun, die mal die Schulleiter und mal die Netzwerkadministratoren einzeln berücksichtigt, aber kein Gesamtkonzept beinhaltet.

Wir fordern Sie deshalb auf, Frau Ministerin: Warten Sie entweder die Ergebnisse der neuen Arbeitszeitmodelle ab oder stellen Sie die Beratungen über eine Neufassung und Neubestimmung der Lehrerarbeitszeit auf eine breitere Grundlage und erarbeiten Sie erst ein Konzept zur Angleichung der Unterrichtsverpflichtung verschiedener Schularten, bevor Sie Lösungen suggerieren, die am Ende gar keine sind.

Liefern Sie nicht wieder Stückwerk ab.

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