Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

12.07.01 , 11:43 Uhr
CDU

Dr. Johann Wadephul: Keine voreiligen Entscheidungen treffen

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Es gilt das gesprochene Wort
Nr. 300/01 vom 12. Juli 2001 TOP 30 Dr. Johann Wadephul: Keine voreiligen Entscheidungen treffen
Die Diskussion um die Präimplantationsdiagnostik ist ein Thema, bei dem es kein einfaches „Richtig“ oder „Falsch“ gibt. Jeder einzelne ist gefordert, zu einer Entscheidung für sich selbst zu kommen, die er vor seinem Gewissen verantworten kann.
Voraussetzung für eine verantwortliche Entscheidung ist eine eingehende Beschäftigung mit der PID und den zahlreichen sensiblen Fragen, die von ihr berührt werden. Deshalb halte ich es für richtig und wichtig, dass sich die Parlamente und auch die Öffentlichkeit in einen ernsthaften Diskussionsprozess begeben haben. Wir dürfen hier nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen und ohne hinreichende Information und Diskussion zu einer Regelung kommen, wie es schon einmal bei der künstlichen Befruchtung geschehen ist.
Wie ist die aktuelle Situation? Der internationale und nationale Dialog über die Frage nach der Bemessung der Schutzwürdigkeit menschlicher Embryonen lässt zwei grundlegende Positionen erkennen. Die eine Position erkennt das Lebensrecht und den Schutz menschlichen Lebens kategorisch an und schließt somit jede Güterabwägung – auch bei medizinisch noch so ehrenwerten Absichten – aus. Aus dem christlichen Menschenbild, das der Politik der CDU zugrunde liegt, und der hohen Achtung vor der Unantastbarkeit der Würde des Menschen in jedem Stadium seiner Entwicklung, liegt mir diese Position sehr am Herzen.

Ich verkenne dabei aber auch nicht die Realitäten. Das Embryonenschutzgesetz in seiner heutigen Form und die Regelungen des Paragraphen 218 ermöglichen die Abtreibung eines Fötus, bei dem mit Hilfe der Pränataldiagnostik schwerste Behinderungen nachgewiesen wurden. Vor diesem Hintergrund ist es nötig, über die Frage nachzudenken, ob es konsequent ist, frühestes Leben außerhalb des Mutterleibes kategorisch zu schützen und die PID zu verbieten, während dieser Schutz im Rahmen des Paragraphen 218 für die weitere Entwicklungszeit des Kindes gelockert ist. Wir müssen die Frage klären, ob es zu ver antworten ist, dass einer Frau die Belastungen zugemutet werden, die mit der Einsetzung eines künstlich erzeugten Embryos verbunden sind, der dann möglicherweise nach einer medizinischen Indikation nach § 218 abgetrieben wird.

Vor diesem Hintergrund habe ich für die Richtung, in welche der Antrag der FDP- Fraktion weist, Verständnis. Allerdings ist für mich zu hinterfragen, ob Präimplantationsdiagnostik als praktisch vorgezogene Pränataldiagnostik angesehen werden kann, da aufgrund der derzeit noch hohen Fehlerquote der PID eine spätere Pränataldiagnose erforderlich bleibt.

Die andere Position, die in der laufenden Diskussion vertreten wird, relativiert das grundsätzliche Prinzip des Lebensschutzes ein Stück weiter. Darüber muss sich jeder klar sein, der in diese Richtung denkt. Wir kommen hier nämlich in eine Situation, in der wir Gefahr laufen, Gutes zu wollen, aber eine Tür in Richtung auf eine Duldung der Forschung an Embryonen hin aufzustoßen.

Die Sachlage ist doch nämlich folgende: Bei einer Zulassung der Präimplantationsdiagnostik muss im Einzelfall eine Güterabwägung stattfinden, die bei Vorliegen eines hochrangigen medizinischen Zieles die Forschung an einem Embryo unter bestimmten Umständen gestattet.

Es stellt sich die Frage, ob dieses Verfahren mit dem Geist des Embryonenschutzgesetzes zu vereinbaren ist. Das Embryonenschutzgesetz untersagt aus guten Gründen, über die wir uns wohl über alle Fraktionsgrenzen hinweg einig sind, die verbrauchende Forschung an Embryonen. Der Kern der ethischen Diskussion ist hier die Frage, ob der während einer Präimplantationsdiagnose in „Warteposition“ befindliche Embryo, der wegen seiner potentiellen Schädigung stehengelassen wird und im Falle einer positiven Indikation nicht am Leben erhalten wird, ein für unsere Gesellschaft akzeptabler Zustand wäre.

Diese zahlreichen – zumindest aus Sicht der Union – noch unzureichend beantworteten Frage und die ethische Tragweite der anstehenden Entscheidung lassen es mir am heutigen Tage noch nicht möglich erscheinen, Details eines Fortpflanzungsmedizingesetzes zu diskutieren, die konkret genug wären, um eine Bundesratsinitiative zu rechtfertigen.

Für die CDU darf es zu keiner voreiligen Entscheidung kommen, die mit guten Absichten letztendlich zu einer Aufweichung des Schutzes menschlichen Lebens führt. Ich bin viel mehr der Auffassung, dass der jetzt breit geführte Diskussionsprozess gefördert werden soll, damit wir über den Kreis der Fachleute hinaus zu einer Regelung gelangen können, die von einer breiten gesellschaftlichen Basis getragen wird und dann auch Bestand haben kann, weil die nötige gesetzliche Regelung ihrem Geist nach ausgelegt wird. Deshalb ist es heute das Anliegen der CDU, den Diskussionsprozess auch in Schleswig-Holstein voranzutreiben. Ich rege deshalb an, dass der Schleswig- Holsteinische Landtag selbst einen Beitrag leistet und zu einem hochkarätigen Forum einlädt, in dem auf breiter Basis die möglichen Konsequenzen der zur Entscheidung stehenden Alternativen aufgezeigt werden.

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen