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Thorsten Geißler: Guten Morgen, Herr Innenminister
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.dePRESSEMITTEILUNG Es gilt das gesprochene Wort Nr. 295/01 vom 11. Juli 2001TOP 8 Thorsten Geißler: Guten Morgen, Herr Innenminister Am 22. Februar dieses Jahres wurde das Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften im Bundesgesetzblatt verkündet. Es soll am 01. August 2001 in Kraft treten und für gleichgeschlechtliche Paare ein eigenständiges familienrechtliches Institut, die eingetragene Lebenspartnerschaft schaffen, die ihnen einen gesicherten Rechtsrahmen für ein auf Dauer angelegtes Zusammenleben unter Einbeziehung ihrer gleichgeschlechtlichen Identität ermöglicht. Ferner legt es fest, dass aus der gegenseitigen Verantwortung verbindliche Rechte und Pflichten erwachsen. Das Lebenspartnerschaftsgesetz enthält keine Regelung, wem die Aufgaben der zuständigen Behörde obliegen und wie das Verwaltungsverfahren abläuft. Daher haben fast alle Bundesländer – auch unionsregierte – in den vergangenen Monaten Landesausführungsgesetze zu diesem Lebenspartnerschaftsgesetz beraten und auch verabschiedet. Nur der Herr Innenminister dieses Landes ist in einen Tiefschlaf verfallen, aus dem er offenbar erst kürzlich aufgewacht ist, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Tatsache, dass dieser Landtag heute in 1. Lesung ein Ausführungsgesetz beraten soll, das nach einer Ausschussberatung am Freitag Vormittag dann am Freitag in 2. Lesung auch verabschiedet werden soll, ist nicht nur eine Zumutung für dieses Parlament, sondern zeigt auch, dass unser Innenministerium ungeachtet der Gesetzgebungsaktivitäten in anderen Bundesländern offensichtlich in den vergangenen Monaten bezüglich dieser Thematik in einen Tiefschlaf verfallen war. Guten Morgen, Herr Minister!Dabei können Sie auch nicht darauf verweisen, dass das Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz derzeit noch im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat beraten wird, denn es zeichnet sich seit längerem ab, dass dieses Ergänzungsgesetz die erforderliche Mehrheit im Bundesrat nicht finden wird. Und Sie können auch nicht auf die Verfassungsklage der Länder Bayern und Thüringen verweisen, denn es ist eine Selbstverständlichkeit, dass auf Landesebene alle Voraussetzungen getroffen werden, die ein Inkrafttreten des Gesetzes zum 01.08.2001 ermöglichen, so lange eine anderweitige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes dies nicht verhindert. Ob letzteres eintritt, werden wir schnell erfahren, denn das Bundesverfassungsgericht verhandelt heute über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ich merke diesbezüglich an, dass auch viele derjenigen, die ein Rechtsinstitut einer eingetragenen Lebenspartnerschaft grundsätzlich für verfassungsgemäß halten, einräumen müssen, dass das vom Bundestag verabschiedete Gesetz schwere handwerkliche Mängel enthält. Auch die Landesregierung hat darauf im Bundestag aufmerksam gemacht. Warten wir die Entscheidung aus Karlsruhe ab.In der Sache gibt es zwischen den Gesetzen bzw. Gesetzentwürfen in unionsgeführten wie auch in SPD-geführten Bundesländern Übereinstimmungen, aber auch Differenzen. Gemeinsam ist die Aufgabe übertragen an die Gemeinden, die die zuständige Behörde im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes bilden sollen. Die Verfahrensvorschriften sind ähnlich. Einen Unterschied gibt es in der Frage, ob als zuständige Behörde ausdrücklich die Standesbeamtin oder der Standesbeamte bezeichnet wird, in deren oder dessen Bezirk eine der Personen, die eine Lebenspartnerschaft begründen wollen, ihre Wohnung hat. Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht dies ausdrücklich vor und weicht damit von den Gesetzen anderer Bundesländer ab.In der Gesetzesberatung in diesen Bundesländern wurden rechtliche Bedenken gegenüber dieser ausdrücklichen Festlegung geltend gemacht, die auch in der leider bei uns ja unter großem Zeitdruck stehenden Ausschussberatung erörtert werden müssen. Die rechtlichen Bedenken betreffen den Eingriff in die Organisationshoheit der Kommunen, aber auch die Hinwegsetzung über die bundesrechtlich geregelte Zuweisung von Personenstandsaufgaben an die Standesämter, die eine diesbezügliche Kompetenz des Landesgesetzgebers fraglich erscheinen lasse. Mit einer rechtlich fragwürdigen Regelung wäre niemandem gedient, am allerwenigsten denjenigen, denen das Lebenspartnerschaftsgesetz die Möglichkeit geben soll, ihrem Zusammenleben einen rechtlichen Rahmen zu geben. Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie in der Ausschussberatung zu diesen Rechtsfragen ausführlich Stellung nimmt.Das Lebenspartnerschaftsgesetz ist im Bundesrat und Bundestag kontrovers diskutiert worden. Auch in meiner Partei gibt es dazu sehr unterschiedliche Auffassungen. Die Erfahrungen in denjenigen Ländern Europas, die teilweise seit langem ähnliche Gesetzte verabschiedet haben, zeigen, dass die Akzeptanz eines solchen Gesetzes nach dessen Inkrafttreten noch deutlich steigt. Unzweifelhaft aber ist, dass der Wille des Bundesgesetzgebers von den Ländern zu respektieren ist. Und gerade diese Landesregierung hätte alle Veranlassung gehabt, das Parlament frühzeitig mit einem erforderlichen Entwurf eines Ausführungsgesetzes zu befassen. Ich möchte noch einmal meinen Unmut darüber kundtun, dass dies unterblieben ist. Wir werden dennoch damit einverstanden sein, den Gesetzentwurf in 2. Lesung hier im Hause am Freitag zu beraten, weil wir denjenigen, die die Möglichkeit des neuen Gesetzes nutzen möchten, keine weitere Verzögerung zumuten möchten.