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30.05.01 , 12:38 Uhr
CDU

Monika Schwalm: Alte Verfahren lassen sich nicht übertragen

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 229/01 vom 30. Mai 2001
TOP 19 Monika Schwalm: Alte Verfahren lassen sich nicht übertragen Nach den Vorschriften der Strafprozessordnung, des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz sowie des Außenwirtschaftsgesetzes kann bei Ermittlungen wegen bestimmter Straftaten die Überwachung der Telekommunikation einzelner Personen angeordnet werden. Nach den Vorschriften des § 88 des Telekommunikationsgesetzes ist jeder Betreiber einer Telekommunikationsanlage verpflichtet, technische Einrichtungen für die Umsetzung derartiger Überwachungsmaßnahmen vorzuhalten. Die technische und organisatorische Umsetzung dieser Verpflichtung soll in einer Rechtsverordnung – der Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) – geregelt werden.
Einig sind wir uns, dass wir neue Regelungen für die Überwachung neuer Telekommunikationstechnologien brauchen. Das gute alte Telefon hat Geschwister bekommen: Mobiltelefon, Internet, E-Mail.
Dieser Entwurf ist aber aus mannigfaltigen Gründen unzureichend:
Der Entwurf der TKÜV erleichtert den Behörden nicht die Überwachung, schwächt aber den Informationstechnologie-Standort Deutschland.
Die Telekommunikationsanbieter müssen die erheblichen Kosten für Hard- und Software für die Überwachungsschnittstellen sowie die Aufwendungen für deren Pflege tragen. Diese Kosten, die in anderen Ländern nicht – außer den Niederlanden – anfallen, stellen einen Wettbewerbsnachteil für die deutschen Anbieter dar. In den Niederlanden werden bereits Gespräche zwischen den Staatsanwaltschaften und den Providern geführt, da viele Provider erhebliche finanzielle Probleme haben. Diese Finanzierungsprobleme werden auf die deutschen Provider ebenfalls zukommen.
Ein Nachteil für den Informationstechnologie-Standort Deutschland wird aber auch daraus erwachsen, dass die Täter in Grenzregionen ins benachbarte Ausland gehen, um von dort ihre Arbeit fortzusetzen. Es besteht nämlich nicht die Möglichkeit, einen „Internetuser“ der in Kehl wohnt und in Strassburg von einem Internet-Café aus agiert, zu erfassen. Dieser Wettbewerbsnachteil wird auch nicht durch einen möglichen Erkenntnisgewinn der staatlichen Stellen gerechtfertigt. Es ist sehr zweifelhaft, ob und inwieweit überhaupt Erkenntnisse in nennenswertem Umfang gewonnen werden können:
Verschlüsselungsprogramme für E-Mails machen es den staatlichen Stellen nahezu unmöglich, den Inhalt elektronischer Post zu lesen. Diese Programme können teilweise gratis aus dem Internet geladen werden, so dass auch Kleinkriminelle die Gelegenheit haben, ohne Kenntnis des Staates zu kommunizieren. Erfasst werden von der TKÜV folglich nur die „dummen“ Täter, die unter ihrem Namen mit eigener E-Mail-Adresse ins Netz gehen. Sofern die Täter aber so klug sind, z.B. im Internet-Café ins Netz zu gehen, sind sie für die staatlichen Verfolgungsstellen fast unerreichbar.
Inzwischen ist auch die Anonymisierung der User im Netz möglich, so dass eine Zuordnungsproblematik entsteht, selbst wenn man den Inhalt lesen könnte. Aber bereits das Lesen verschlüsselter E-Mails ist mit erheblichen Problemen verbunden. So brauchen selbst leistungsstarke Computer für das Lesen verschlüsselter E-Mails 1 Stunde pro Zeile. Was das für eine 40-zeilige E-Mail bedeutet, kann sich jeder selbst ausrechnen!
Da Anbieter mit weniger als 2000 Kunden ausgenommen werden sollen, werden Kriminelle diese Anbieter nutzen oder gar solche Anbieter etablieren.
Dies gilt auch für Firmennetzwerke, die zu Recht ganz von der Regelung ausgenommen sind: Kriminelle können also ungestört und ungehört über Firmennetzwerke kommunizieren.
Insofern sind also bei der kostenintensiven Realisierung der Vorschriften nur diejenigen Kriminellen betroffen, die keine dieser Ausweichmöglichkeiten beschreiten. Vor diesem Hintergrund wird die Kosten-Nutzen-Problematik deutlich.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass für die Provider eine entsprechende Hard- und Software noch gar nicht auf dem Markt ist. Die TKÜV müsste allein deswegen schon lange Übergangszeiträume vorsehen.
Wenn diese dann entwickelt wären, wären sie – weil ausschließlich für den kleinen deutschen Markt konzipiert – unverhältnismäßig teuer.
Dies sind nur einige Unstimmigkeiten des vorliegenden Verordnungsentwurfs. Die derzeitige Bundesregierung hat als Leitbild das klassische Fernmeldewesen und will das Verfahren, das dort funktioniert, nun auf die Internet-Provider übertragen. Dies ist sachlich verfehlt. Deshalb darf der vorliegende Entwurf der TKÜV so keinesfalls bestehen bleiben.
Wir erwarten von der Bundesregierung eine Lösung, die 1. eine verantwortungsbewusste Abwägung von Kosten und Nutzen beinhaltet, 2. gute Ergebnisse für die Strafverfolgungsbehörden erbringen kann und 3. Wettbewerbsnachteile für den IT-Standort Deutschland vermeidet. Wir werden dem Antrag der FDP zustimmen.

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