Martin Kayenburg: Keine Kraft zu entschlossenem Schritt
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 136/01 vom 22. März 2001TOP 2,28,30 Martin Kayenburg: Keine Kraft zu entschlossenem SchrittFrau Ministerpräsidentin, ich habe es Ihnen schon gestern in der aktuellen Stunde gesagt: Sie müssen sich an Ihren eigenen Worten messen lassen. Und das will ich dann auch heute tun. Die Grundlage Ihrer Ankündigungen von heute ist, wie Sie selbst sagen, Ihre Jahresauftaktpressekonferenz vom 12. Januar diesen Jahres, in der Sie unter der Überschrift “ Konsequenzen nach BSE – Verbraucherschutz stärken” einen “Fahrplan zur systematischen Bearbeitung der BSE-Krise” vorlegen wollten. Ihr Ziel war es, den Verbraucherschutz zu stärken.Wenn ich nur für diesen kleinen Teil Ihrer Ankündigungspolitik heute ein Zeugnis ausstellen sollte, fiel mir das relativ leicht. Sie haben sich bemüht, ihre Aufgabe zu erfüllen, aber mehr auch nicht. Der Berg mit der Ankündigung einer Regierungserklärung hat gekreist, aber herausgekommen ist noch nicht einmal ein Mäuslein.Sie haben das Ziel verfehlt. Sie haben offensichtlich nicht mehr die Kraft, weitreichende Entscheidungen für unser Land durchzusetzen. Sie spielen als Ministerpräsidentin unseres Landes nur noch die Rolle der “lame duck”. Sie sind noch nicht die Ministerpräsidentin a.D., aber schon längst die Ministerpräsidentin a.A. – auf Abruf. Ohne Durchsetzungskraft im eigenen Kabinett und auch in der rot/grünen Koalition.Das Ergebnis Ihres groß angekündigten Stufenplans lässt sich ohne Wortgeklingel wie folgt zusammenfassen:1. In der Zuordnung des weiten Feldes Verbraucherschutz belassen Sie es beim Kompetenzwirrwarr, anstatt endlich gebündelte Kompetenz in einem Haus anzusiedeln. 2. Das von Ihnen sogenannte “Konzept der Qualitätstore” ist nichts anderes als das Prinzip der “gläsernen Produktion”, das weit über Schleswig-Holstein hinaus als Konsequenz aus der BSE-Krise längst Konsens ist. Neue Begriffe bedeuten noch längst keine neuen Ideen. Und insofern müssen Sie aufpassen, dass für Sie aus den Qualitätstoren keine Selbsttore werden. Wie wollen Sie denn eigentlich dieses Konzept auf dem Markt durchsetzen. Natürlich wäre es schön, wenn Schleswig- Holsteiner nur Fleisch aus Schleswig-Holstein essen wollten. Aber wie wollen Sie denn Ihre Zertifizierung in anderen Bundesländern erreichen. Mich erinnert das beinahe an die Kontinentalsperre von Napoleon. Heide Napoleon Simonis macht Schleswig-Holstein dicht für Produkte aus anderen Ländern. Und das im Zeitalter des gemeinsamen Marktes. Wo ist denn bloß Ihr Realitätssinn geblieben.3. Ihre Forderungen an die Bundesregierung oder die EU-Kommission sind Selbstverständlichkeiten. Ich habe nicht den Eindruck, das ausgerechnet das Land Schleswig-Holstein unter Ihrer Führung, Frau Simonis, besonders geeignet wäre, endlich einmal in Berlin irgendetwas für Schleswig-Holstein zu erreichen.Ich erkenne an, dass Ihre Regierungserklärung in Teilen ehrlich ist. Sie geben offen zu, dass • Tierfutterkontrollen in den bäuerlichen Betrieben in den vergangenen Jahren nicht stattfanden. • Schlachthöfe nicht, wie vorgeschrieben, jährlich überprüft wurden • Die Verarbeitung von Rinderteilen zu Arzneimitteln und Medizinprodukten nur sehr unzureichend kontrolliert wurde und • Hersteller und Großhändler von Tierarzneimitteln ebenfalls nicht ausreichend kontrolliert wurden.Trotz dieser anerkennenswerten Ehrlichkeiten können Sie sich natürlich an dieser Stelle der Frage nach der politischen Verantwortung für diese Versäumnisse nicht entziehen. Immerhin tragen Sozialdemokraten seit jetzt 13 Jahren Regierungsverantwortung in Schleswig-Holstein und ich denke, sie sollten diese Frage heute hier auch klar beantworten.Dabei hilft es ihnen wenig, wenn Sie auf andere Bundesländer verweisen, wo es ebenfalls diese Mängel im Kontrollsystem gegeben haben mag. Einem Autofahrer, der zu schnell fährt, und dabei erwischt wird, nützt es auch nichts, wenn er sagt, die anderen waren genauso schnell.Es ist in Mode gekommen, politische Verantwortung wegzudrücken, in dem man sich entschuldigt oder Fehler zugibt. Ich finde, damit machen es sich diese Politiker zu einfach. Und deshalb erwarte ich schon von Ihnen, Frau Simonis, als der heute gesamtverantwortlichen Ministerpräsidentin, auch ein klares Wort zu diesen schweren Fehlern, hier in Schleswig-Holstein.Ich erinnere gerne in diesem Zusammenhang an den Bundestagsvizepräsidenten und früheren Bundesinnenminister Rudolf Seiters. Wie er nach den Vorfällen von Bad Kleinen politische Verantwortung übernahm und zurücktrat, ohne wirklich verantwortlich gewesen zu sein. Das hatte noch politischen Stil.Zurück zu Ihrer Regierungserklärung. Wenn Sie die Probleme beschreiben, Frau Simonis, dann müssen Sie sich fragen lassen, warum Sie konsequente und unbequeme Entscheidungen nicht schon jetzt treffen. Wir haben Ihnen doch in unserem Antrag den Weg gewiesen, bei dem wir Sie unterstützt hätten. Warum bündeln Sie die Zuständigkeiten für den Verbraucherschutz nicht wirklich in einem Haus? Es ist doch unbestritten, dass die BSE-Krise und die dadurch ausgelöste Diskussion über die Agrarproduktion, die Tierhaltung und die Nahrungsmittelsicherheit einen Paradigmenwechsel in der Politik signalisieren, wie es Ihr bayerischer Kollege, Ministerpräsident Edmund Stoiber, gesagt hat.Und es ist auch richtig, dass in der derzeitigen Situation Verbraucherschutz vor allem Gesundheitsschutz ist. Und deshalb hat zum Beispiel der Freistaat Bayern die Schutzaufgabe des Staates für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger deutlich gestärkt, in dem er die staatlichen Aufgaben und Kompetenzen für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz konzentriert hat.Zu einem solchen entschlossenen Schritt hatten Sie, Frau Simonis, keine Kraft. Nach Ihren Planungen bleiben weiterhin drei Ministerien zuständig für die wichtigen Fragen, die mit Erzeugung, Kontrolle und Vermarktung von Lebensmitteln zusammenhängen. Das trägt weder zur Klarheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher bei, noch zu den von der Wirtschaft erwarteten Kompetenzbündelungen.Sie bleiben, Frau Simonis, wieder in ihrem alten, kleinkarierten Muster. Offensichtlich haben Sie sich weder gegenüber ihrem grünen Koalitionspartner noch gegenüber Eigeninteressen der betroffenen Ressortleiterinnen durchsetzen können.Sie haben, Frau Simonis, es immer noch nicht geschafft, für die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein Klarheit und Planungssicherheit zu schaffen. Nachdem es Herrn Buß und Frau Franzen nicht gelungen ist, ein ernsthaftes Konzept zu entwickeln, soll nun Frau Moser ran und wieder verstreicht kostbare Zeit.Unser Antrag zur Neugliederung des Verbraucherschutzes ist die eindeutige und bessere Alternative zu Ihrem zögerlichen und halbherzigen Handeln. Wir fordern Sie dazu auf, nicht nur die Zuständigkeiten für den Verbraucherschutz in einem Ministerium zusammen zu führen, sondern wir zeigen Ihnen auch auf, wie der ländliche Raum insgesamt angesichts der schweren, nicht von den Landwirten verschuldeten Krise gestärkt werden kann.Warum sind Sie denn zu dem großen, vernünftigen Schritt nicht bereit, das Umweltministerium in das Landwirtschaftsministerium einzugliedern, damit endlich wieder eine Politik aus einem Guss für die Entwicklung der ländlichen Räume unter Einbeziehung der Umweltaufgaben erfolgen kann. Dies würde durch die Zusammenlegung der staatlichen Umweltämter und der Ämter für ländliche Räume auch zu Synergieeffekten und zu erheblichen Einsparungen führen, die dem Landeshaushalt gut täten.Von solchen großen Lösungen, die auch ein Stück Perspektive für den ländlichen Raum, die Landwirtschaft und die Ernährungsindustrie bedeuteten, sind Sie, Frau Simonis, leider weit entfernt.Sie haben auch nicht den Mut, mit dem von der CDU-Fraktion geforderten 30 Millionen Sonderprogramm der Land- und Ernährungswirtschaft noch in diesem Jahr unter die Arme zu greifen. Statt dessen strecken Sie die von uns geforderte Summe auf die noch verbleibenden vier Jahre dieser Legislaturperiode, deren Ende Sie in Ihrem jetzigen Amt nicht mehr erleben werden. Damit sind Sie, Frau Simonis, nicht bereit, 0,2 Prozent des Landeshaushaltes einem wichtigen Wirtschaftszweig in einer akuten Krise zur Verfügung zu stellen. Ich nenne das ein Armutszeugnis dieser Landesregierung.Frau Simonis, ich gebe zu, Sie haben uns überrascht, als Sie für Ihre Regierungserklärung im Ältestenrat eine Redezeit von 40 Minuten angemeldet haben. Wir hatten eine wirklich wichtige Rede von Ihnen erwartet. Wenn ich das, was Sie uns heute gesagt haben, auf seinen wirklichen Kern reduziere, hätten bei Ihrer Sprechgeschwindigkeit auch vier Minuten gereicht. Sie werden mit dieser Regierungserklärung weder dem Ernst des Themas noch dem Ernst der Lage gerecht.Ihre Regierungserklärung war: Kraftlos, mutlos, perspektivlos, konzeptionslos. Ein weiterer Kilometerstein auf Ihrem Weg in den Ruhestand.