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Martin Kayenburg: Kabinettsentwurf bringt schwere Belastung für die regionale Wirtschaft und den Mittelstand
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 82/01 vom 22. Februar 2001 TOP 11 Martin Kayenburg: Kabinettsentwurf bringt schwere Belastung für die regionale Wirtschaft und den MittelstandDieser Kabinettsentwurf der rot/grünen Bundesregierung stellt eine schwere Belastung für die schleswig-holsteinische Wirtschaft und den Mittelstand dar.„Die Betriebliche Mitbestimmung in Deutschland ist ein bewährtes Element der sozialen Marktwirtschaft. Während sich die technologischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Bedingungen der Unternehmen stark verändert haben, ist das Betriebsverfassungsgesetz seit mehr als 25 Jahren unverändert. Deshalb sprechen gute Gründe dafür, die Betriebsverfassung zu modernisieren, zukunftsfähig zu machen und dabei auf neue unternehmerische Organisations- und Arbeitsformen einzugehen. Dabei kommt es allerdings auf Klarheit, Flexibilität und die Beachtung von Kostengesichtspunkten an. Der bisher bekannte Entwurf“ – und ich füge hinzu, der nunmehr verabschiedete Kabinettsentwurf – „der Bundesregierung zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes berücksichtigt aus wirtschaftspolitischer Sicht diese Aspekte noch nicht hinreichend“.Dieser - aus dem eigenen SPD-Lager - mehr als deutlichen Erklärung von fünf Länderwirtschaftsministern, zu denen auch Minister Rohwer gehört, ist im Grundsatz nichts hinzuzufügen. Der verabschiedete Kabinettsentwurf entspricht bis auf einige kleine kosmetische Korrekturen, dem Ursprungsentwurf. Aus diesem Grund ist der Widerstand der Unternehmer, aber besonders der mittelständischen Wirtschaft mehr als berechtigt. Der Entwurf darf in dieser Form nicht Gesetzeskraft erlangen, wenn wir nicht nachhaltige Schädigungen und Nachteile gerade für die mittelständische Wirtschaft unseres Landes hinnehmen wollen. Und dies kann doch nicht einmal der Wunsch der Gewerkschaften sein, weil damit auch Arbeitsplätze gefährdet werden. Deshalb sind wir auch gespannt darauf, ob Sie, Frau Simonis, auch diesmal wieder nur kuschen oder ob Sie Mut vor Fürstenthronen beweisen und die Linie Ihres Wirtschaftsministers auch im Bundesrat vertreten werden. Das Betriebsverfassungsgesetz ist unstreitig ein zentrales Element der sozialen Partnerschaft in Deutschland und niemand, auch niemand in der CDU, will die Rechte der Arbeitnehmer und Betriebsräte infrage stellen. Unvereinbar mit sozialer Partnerschaft ist allerdings, dass dieser Entwurf einseitig allein gewerkschaftliche Forderungen berücksichtigt. Die berechtigten Forderungen der Unternehmen wie z.B. die notwendige Beschleunigung von Verfahrensabläufen ist nicht einmal ansatzweise berücksichtigt.Die Absenkung der Schwellenwerte bei der Betriebsratsgröße und bei der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern belastet die mittelständische Wirtschaft mit zusätzlichen Kosten in ganz erheblichem Umfang. Allein aus der zusätzlichen Freistellung entstehen in Betrieben zwischen 200 und 300 Arbeitnehmern Zusatzkosten, die einer Lohnerhöhung zwischen 0,3 und 0,5 % entsprechen. In einer Zeit, in der Lohnnebenkosten gesenkt werden sollen, ist dies mit zukunftsweisender Wirtschaftspolitik völlig unvereinbar.Die Kosten der betrieblichen Mitbestimmung werden für die Gesamtwirtschaft aufgrund der Novelle um etwa 2,7 Milliarden steigen, wenn die Zahl der Betriebe mit Betriebsräten auf 22 % steigt. Bei einer Steigerung auf 50 % werden sogar 4 Milliarden DM zusätzlich auf die Wirtschaft zukommen. Unabhängig davon, dass bisher schon in keinem EU-Land eine derart stark ausgebaute Mitwirkung und Mitbestimmung für Arbeitnehmer wie in Deutschland gibt, wird mit diesen Kostensteigerungen der Wettbewerbs- und Standortnachteil für gerade die mittelständischen Betriebe in Schleswig-Holstein noch verstärkt.Im übrigen wird die erreichte soziale Partnerschaft auch dadurch mit Füssen getreten, dass das Mehrheitswahlverfahren in Kleinbetrieben verhindert, dass Mitglieder kleinerer Gewerkschaften oder unabhängige Wahlbewerber noch Betriebsratsmandate erzielen können. Damit wird deutlich, dass dieses Gesetz allein die großen Gewerkschaften unterstützt. Dieses Gewerkschaftsförderungsgesetz ist wohl die späte Belohnung dafür, dass die Gewerkschaften die SPD im Wahlkampf 1998 mit hohen Millionensummen unterstützt haben; vielleicht aber auch dafür, dass sie schließlich beim Rentenkompromiss stillgehalten haben. Ein teures „Basta“ des Kanzlers, das die Wirtschaft jetzt auszulöffeln hat.Der Gesetzentwurf dient an keiner Stelle einer Verstärkung der sozialen Partnerschaft sondern zementiert das Denken in Verbandsstrukturen, verstärkt aber nicht die Rechte der einzelnen Mitarbeiter. Im Gegenteil, durch die Stärkung der Gewerkschaften ist gerade die Flexibilisierung, die modernen Wirtschaftsstrukturen entspricht, nicht gewährleistet. Nicht ohne Grund sagt auch ein Betriebsratsvorsitzender in der Computer-Branche (AOL Deutschland) über die Gewerkschaften: “Die helfen uns nicht, wir wissen besser über unsere Bedürfnisse Bescheid.“ Mit diesem Gesetz soll eine Solidarität auf Gewerkschaftsebene aufgezwungen werden, die eine soziale Partnerschaft konterkariert. Insbesondere in modernen Unternehmen der Technologie- und Hightech-Industrie wollen die Mitarbeiter ihre Vertretung selbst regeln - ohne Gängelung. Dies Gesetz wird diesem Anspruch in keiner Weise gerecht. Die vom Bundeswirtschaftsminister zurecht angebrachte Kritik ist an fast keiner Stelle in den Entwurf eingeflossen. Im Gegenteil, die neue Betriebsverfassung ist nicht der heutigen Arbeitswelt angepasst, sondern für die Wirtschaft teuer, sie ist bürokratisch und sie führt zu einer Überreglementierung in den Betrieben. Dies hat zur Folge, dass mit der Belastung der Wirtschaft auch Arbeitsplätze in unserem Lande gefährdet und das Steueraufkommen nachhaltig belastet wird. Deswegen darf es uns auch nicht wundern, wenn ein Präsidiumsmitglied des deutschen Einzelhandels den Entwurf als Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit bezeichnet und ein neues Abschreckungsprogramm gegen die Schaffung neuer Arbeitsplätze diagnostiziert. Er stellt fest, dass ein Aufblähen der Organisation durch die erweiterte Mitbestimmung nicht nur wirtschaftlich kontraproduktiv ist, sondern auch zu einem Vertrauensverlust zwischen Mitarbeiter und Unternehmer führt und dass die vorgesehenen Verschärfungen eine regelrechte Fremdbestimmung über sachfremde Themen nach sich ziehen.Wenn der Entwurf Wirklichkeit wird, werden wir in den Betrieben weniger Sozialpartnerschaft haben, weniger Mitwirkung durch Betriebsräte und Mitarbeiter sondern mehr Fremdbestimmung, zumal Gewerkschaften gegen den Willen der Mehrheit der Beschäftigten, Betriebsräte installieren können.Auch Einzelregelungen der Mitbestimmung zum Beispiel die Bekämpfung der Fremdenfeindlichkeit ist nicht sachgerecht und eher problematisch. Wenn nämlich der Arbeitgeber verpflichtet wird, einer Betriebsversammlung Bericht zu erstatten über die Situation der ausländischen Arbeitnehmer, dann dient dieser Bericht nicht der Integration, weil die ausländischen Mitarbeiter dann als gesonderte Gruppe behandelt und hervorgehoben werden. Bisher gab es gerade in diesem Bereich in den Betrieben überhaupt keine Probleme. Mit einem derartig kontraproduktiven Bericht wird mit Sicherheit das Gegenteil erreicht. Hier beweist sich wieder einmal, dass gutgemeint das Gegenteil von gut ist.Dieser Entwurf ist nicht mit Augenmaß und im Blick auf die Zukunft und eine sich entwickelnde Wirtschaft gestaltet, dieser Entwurf zementiert alte Strukturen und stützt die Gewerkschaft, denen massenweise die Mitglieder weglaufen. Dieser Entwurf dient nicht der sozialen Partnerschaft, sondern Verbandsstrukturen, dieser Entwurf bedeutet eine kostenträchtige, bürokratische und überreglementierende Belastung für die Wirtschaft insgesamt, aber ganz besonders für den Mittelstand, auch hier in Schleswig-Holstein. Dieser Entwurf darf so nicht Gesetz werden, wenn wir nicht bewusst unseres Wettbewerbssituation verschlechtern wollen. Dieser Entwurf ist undemokratisch und mittelstandsfeindlich, und es ist geradezu aberwitzig, wenn der Kanzler sagt, Mitbestimmung sei eine Stärke des Standorts Deutschland. Wer dies behauptet, versteht entweder nichts von der Wirklichkeit oder musste gegenüber den Gewerkschaften alte Schulden abtragen. Wer so handelt beschädigt den Standort Deutschland nachhaltig.