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24.01.01 , 15:24 Uhr
SPD

Hermann Benker zu TOP 20a: Bundeswehrstrukturreform

Sozialdemokratischer Informationsbrief


Landtag Kiel, 24.01.01
aktuell Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn



Hermann Benker zu TOP 20a:

Bundeswehrstrukturreform


Nach diesem Bericht können wir eigentlich noch zufrieden sein mit unserem Verteidi- gungsministerium: Die Geheimhaltung über den Truppenabbau funktioniert. Dennoch begrüße ich den Antrag der F.D.P. und fairerweise muss man auch den Antrag der CDU mit erwähnen, weil er mir erlaubt festzustellen: Die Regierung handelt auch ohne Beschlussfassung des Parlaments.

Im Verlauf der Diskussion um den Truppenabbau dachte ich auch an eine Resolution in Richtung Berlin, aber heute bin ich der Auffassung, dass die sachlichen Gespräche, wie sie von der Regierung seit Sommer letzten Jahres mit dem Verteidigungsminister, mit den Landräten und Oberbürgermeistern und mit der Bundeswehr geführt wurden der richtige Weg sind. Nur so schaffen wir die Voraussetzungen, um ein gutes Ergeb- nis für Schleswig-Holstein zu erreichen.

Ich halte auch nichts von ständigen Glaubensbekenntnissen in Richtung Wehrpflicht, wenn dies Entscheidungskriterium wäre, wären wir wieder bei einer Politik nach Guts- herrenart.

Auch wenn wir bis zum heutigen Tag keine konkreten Zahlen auf dem Tisch liegen ha- ben, werden die Spökenkieker und Kaffeesatzleser der CDU nicht müde, jeden Tag Schleswig- Holstein

Herausgeber: SPD-Landtagsfraktion Verantwortlich: Petra Bräutigam Landeshaus Postfach 7121, 24171 Kiel Tel: 0431/ 988-1305/1307 Fax: 0431/ 988-1308 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Internet: www.spd.ltsh.de SPD -2-



einen neuen Standortabbau zu erfinden. Dies ist weder hilfreich noch förderlich. Es schafft Unsicherheit in Truppe und Bevölkerung und demotiviert alle Akteure. Vielleicht können wir ja heute gemeinsam zu den Fakten zurückkehren.

Seit 1990 beschäftigt uns das Thema Truppenabbau. Freudig begrüßt am Anfang, weil es ja ein Zeichen der Entspannung und eine Möglichkeit der Friedensentwicklung war. Heute erkennen wir, dass die Ausschüttung der Friedensdividende im wesentlichen an uns vorbei gegangen ist.

Woran das liegt, will ich gar nicht im Einzelnen analysieren. Vielleicht hätte man ja bis 1998 etwas grundlegend bewegen können. Aber nachdem das Konversionsprogramm ausgeblieben ist, war das Kind in den Brunnen gefallen, die Lasten alleine vom Land und von den Kommunen zu tragen und wir in Schleswig-Holstein hatten einen über- proportionalen Anteil des Truppenabbaus zu tragen.

Wir gehen davon aus , dass es diesmal nicht so sein wird.

Was liegt bis heute zur Strukturreform der Bundeswehr auf dem Tisch. Dazu gehören folgende Tatsachen: 1. Veränderungen, die sich aus der Strukturkommission ergeben, werden erst am 01.01.2002 beginnen und voraussichtlich in einem Zeitraum bis 2004 umgesetzt werden und nicht jetzt.

2. Der Einzelplan 14 des Bundeshaushaltes weist für 2001 im organisatorischen Um- fang lediglich eine Minderung um 6.744 Soldaten auf bei einer Stärke von 339.356 Soldaten. Das ist die Stärke nach Art. 87 a des Grundgesetzes. Die sog. gehei- men Erläuterungen liegen noch nicht vor. Sie würden aber auch nichts an dieser Gesamtzahl verändern, sondern erläutern nur einzelne Titel.

3. Die Grobplanungen für Stationierungsentscheidungen werden Ende Januar, also in wenigen Tagen, dem Verteidigungsausschuss vorliegen. Die Gespräche, wie -3-



sie die CDU fordert, wurden geführt.

4. Die endgültige Stationierungsentscheidung, d. h. der Abschluss der Feinplanung, soll nach dem 31. März fallen, das ist die Frist für die Stellungnahme Schleswig- Holsteins, danach wird für die Umsetzung noch Detalarbeit zu leisten sein.

5. Standortschließungen werden Einheiten mit weniger als 50 Planstellen treffen.

6. Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Diesen Satz muss man den Menschen sagen, um ihnen die Existenzangst zu nehmen, und nicht mit immer neuen spekulativen Abbauvarianten drohen.

Entscheidend ist in dieser Phase, was können wir noch bewegen und worauf haben wir uns einzustellen.

Wenn wir von “der Bundeswehr” sprechen, dann wird vordergründig immer von den Soldaten gesprochen. Das ist falsch: Wir müssen in Schleswig-Holstein immer die drei Säulen der Bundeswehr nennen:

1. die Streitkräfte mit ihren Soldaten 2. die Bundeswehrverwaltung mit den zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 3. die Wehrtechnischen Dienststellen

Die Bundeswehr ist vielfältiger, als manche glauben oder uns glauben machen möch- ten. So werden sich die Auswirkungen der Wehrstrukturreform unterschiedlich für je- den dieser Bereiche darstellen. Für Schleswig-Holstein ist es daher wichtig, dass wir uns nicht nur auf die Zahl der Be- rufs- und Zeitsoldaten spezifizieren oder auf die Frage “Wehrpflicht ja oder nein”, son- dern darauf, welche Auswirkungen Stationierungsentscheidungen auf die Struktur -4-



Schleswig-Holsteins haben werden, und der zivile Bereich wird bei dieser Reform stär- ker betroffen sein als nach 1990.

Gehen wir davon aus, dass jedes Land beim Verteidigungsminister dafür werben wird, dass seine Garnisonen erhalten bleiben sollen. Wir werden also über diese allgemeine Forderung hinaus spezifische Faktoren in die Diskussion einbringen müssen, um die negativen Auswirkungen auf Schleswig-Holstein zu mindern. Dazu gehört die Über- zeugung, dass es hier nicht nur um betriebswirtschaftliche Reduzierungen im Sinne der Bundeswehr gehen kann, sondern auch um eine volkswirtschaftliche Betrach- tungsweise bei eventuellen Schließungen.

Gesunde Strukturen sollten nicht auf dem Altar der Konzentrationswünsche geopfert werden, sondern erhalten bleiben, und dazu gehört z. B. das Wehrbereichskommando Küste mit seiner einmaligen Struktur.

• In diesem Kommando sind alte und neue Bundesländer vertreten.
• Es umfasst den gesamten Bereich der Teilstreitkraft der Marine.
• Es hat Ausstrahlung, Verbindungen, Kontakte und Integrationsaufgaben in den Ostseeraum hinein nicht nur nach Dänemark, sondern auch nach Polen, und in ei- nem zukünftigen Friedensprozess auch in die baltischen Staaten.

Allein aus diesen sachlichen Argumenten ergibt sich die Notwendigkeit, den Komman- do-Standort Kiel sowie die dazugehörige Wehrbereichsverwaltung zu erhalten.

Einmalig ist z. B. die Struktur der wassergebundenen wehrtechnischen Dienststellen in Schleswig-Holstein, weil sie zur maritimen Wirtschaft unmittelbare Verbindungen ha- ben. Es macht Sinn, in der Diskussion mit dem Verteidigungsminister auf lebensfähige Strukturen in den Standorten zu achten. Dabei geht es nicht nur um die wirtschaftliche Bedeutung der Bundeswehr, oder um Zulieferer oder Dienstleister, wie Bäcker oder -5-



Gaststätten. Es geht auch um die gesellschaftliche Einbindung der Bundeswehrange- hörigen und ihrer Familien.

Bei allem Sinn für Zentralisierung darf man nicht übersehen, dass gerade die Integrati- on der Bundeswehr in die Gesellschaft, der Familien von Soldaten und Mitarbeitern der Bundeswehr in ihren Garnisonstädten in einem Umfang gelungen ist, der es nötig macht, auch diese gewachsenen Strukturen bei der Entscheidung mit zu beachten.

Es kann hier weder um Willkür noch um Gefälligkeitsentscheidungen gehen, wie wir sie bei der Reduzierung der Bundeswehr vor 10 Jahren teilweise erlebt haben (Krons- hagen), sondern um eine gerechte Verteilung der Belastungen.

Strukturänderungen, wie sie uns auch in Schleswig-Holstein bevorstehen, eignen sich nicht für den parteipolitischen Streit, sondern hier empfiehlt sich schleswig- holsteinische Geschlossenheit, um die Argumentation glaubwürdiger zu machen. In diesem Sinne fordere ich die Opposition auf, an dieser Argumentation für Schleswig- Holstein mitzuarbeiten.

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