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14.12.00 , 15:18 Uhr
CDU

Martin Kayenburg: Regierung hinkt der Entwicklung hinterher

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG
Nr. 479/00 vom 14. Dezember
TOP 14 Martin Kayenburg: Regierung hinkt der Entwicklung hinterher
Die Privatisierungsdiskussion über die Sparkassen und die Landesbanken ist nicht neu, weder hier im Land noch im Bund. Originär ist auch nicht der Antrag der F.D.P., der uns heute vorliegt. Ein Landesparteitag der CDU in Nordrhein-Westfalen am 15.06.1996 beschloss unter dem damaligen Landesvorsitzenden Blüm, eine Teilprivatisierung der Sparkassen gesetzlich zu regeln. Nach Umwandlung in eine AG sollte die Möglichkeit eröffnet werden, 49 % der Aktien an Private zu verkaufen. Genau dies will auch die F.D.P. mit ihrem Antrag ermöglichen.
Die Gründe, die zu der damaligen Entschließung und zum heutigen F.D.P.-Antrag führten, sind vielschichtig.
Ein Grundproblem der Sparkassen und Landesbanken ist nämlich ihre knappe Eigenkapitalausstattung. Die Gewährträger, die Kommunen, Kreise oder Kommunalverbände bzw. das Land sind kaum noch in der Lage, die Anstaltslast zu sichern, so dass Sparkassen und Landesbanken Gefahr laufen, ihre Aufgabe in der Daseinsvorsorge nicht mehr in vollem Umfang erfüllen zu können.
Auch wenn nach außen vollmundig behauptet wird, man könne das Wachstum selbst finanzieren, ist dies so wohl nicht richtig, denn sonst würden nicht immer neue, manchmal abenteuerliche Ideen entwickelt, um die Eigenkapitalbasis der Sparkassen und auch der Landesbanken zu stärken, nicht nur hier in Schleswig-Holstein, sondern auch in anderen Bundesländern.
Um das Wachstum der Landesbanken zu sichern, wurde das Wohnungsbauvermögen der Länder auf die Landesbanken übertragen und gleichzeitig eine erheblich unter den Kapitalmarktbedingungen liegende Verzinsung von nur 0,6 % vereinbart. So auch in Schleswig-Holstein im Jahre 1991. Die Geschäftsbanken bewerteten dies als Wettbewerbsverzerrung und reichten Beschwerde/Klage bei der EU ein. Damit beschleunigte sich die uns allen bekannte Diskussion, die zu einem Musterverfahren der EU gegen

die WestLB führte. In diesem Verfahren wurde die WestLB verpflichtet, eine marktgerechte Verzinsung an das Land NRW abzuführen.
Sogar Sie, Herr Möller, haben erkannt, was das für die Landesbank Schleswig- Holstein bedeutet. Die Landesbank Schleswig-Holstein müsste irgend etwas um 700 Mio. DM ausschütten, wenn sie auch nur annähernd den Vorstellungen der EU entsprechen wollte. Mit einer solchen Zahlung würde die Marktposition der Landesbank aber erheblich verschlechtert. Bei wettbewerbsadäquatem Verhalten in den vergangenen Jahren wären die entsprechenden jährlichen Raten keine so gravierende Belastung gewesen.
Ein weiterer Versuch der Landesbank Schleswig-Holstein, die Eigenkapitalbasis zu stärken, war der von der Landesregierung geplante Immobiliendeal, mit dem Ihre Regierung, Frau Simonis, vor dem Bundesverfassungsgerichts kläglich gescheitert ist. Sie haben versagt bei dem Versuch, die Eigenkapitalbasis der Landesbank angemessen zu stärken, weil Sie die falschen Instrumente einsetzen wollten.
Der jüngste Beweis für den Bedarf von Eigenkapital ist die Gründung einer 50.000- DM-GmbH zwecks Aufnahme eines 500 Mio.-DM-Kredits, der der Landesbank mit einer entsprechenden Bürgschaft des Landes von dieser GmbH als Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden soll.
Ich freue mich, dass diese GmbH ihren Sitz in der kleinen Gemeinde Lokstedt - in meinem Wahlkreis - haben wird. Pikant ist allerdings die Begründung des Finanzministers, der erklärte, der Sitz sei gewählt worden, weil in Lokstedt der Gewerbesteuersatz in Schleswig-Holstein am niedrigsten sei.
Ob sich dies in der Einschätzung der EU als ein Umgehungstatbestand erweist, mag dahinstehen. Das so zu machen, ist legal. Aber ich will an die unqualifizierten Sprüche der Ministerpräsidentin erinnern, die viele Anleger verunglimpften, weil sie mit vom Staat gewollten Steuersparmodellen zum Aufbau Ost beitrugen und dabei Steuern sparten. Auch das war legal. Aber wie so oft misst diese Landesregierung mit zweierlei Maß.
Ich bin gespannt darauf, was die Phantasie der öffentlich-rechtlichen Banker der Landesregierung als nächste Idee zur Eigenkapitalstärkung verkaufen wird.
Oder sollten die Ideen nicht mehr wohlfeil sein? Die letzten Beschlüsse des Sparkassen- und Giroverbandes jedenfalls, die aufhorchen ließen - wie die Äußerungen einiger Banker - wurden von Ihnen, Frau Simonis, heftig kritisiert. Entweder haben Sie nichts verstanden oder Sie hinken der Entwicklung hinterher, wenn Sie die langfristige Ablösung der Anstaltslast und der Gewährträgerhaftung als Untergang des öffentlich-rechtlichen Bankensystems identifizieren. Die Düsseldorfer WestLB-Verantwortlichen um Neuber, Clement und Steinbrück haben auf Betreiben der nicht von Ihrer Partei dominierten Gewährträgerversammlung doch längst beschlossen, die WestLB in einen privatrechtlichen organisierten Bereich in der Rechtsform einer AG, der das lukrative Privatkunden- und Anlagengeschäft betreibt, und einen öffentlichen-rechtlichen Teil als Förderinstitut umzuwandeln. Eben diese WestLB hält aber eine Beteiligung von 39,9 % an der Landesbank Schleswig- Holstein, und eine Rechtsformänderung dort wird nicht ohne Auswirkung auf unsere Landesbank bleiben können.
Sie, Frau Simonis, verteidigen die alte Haftungskonstruktion der Sparkassen und Landesbanken auch dann noch als unabdingbar für die Erfüllung des öffentlich- rechtlichen Auftrages, wenn man in Düsseldorf längst neue Wege beschreitet und auch der Sparkassen- und Giroverband seine bisherige Position relativiert.
Es gibt doch bereits seit dem vorletzten Jahrhundert freie Sparkassen in Deutschland wie die Bordesholmer Sparkasse oder die große Haspa, die seit mehr als 100 Jahren ohne Anstaltslast und ohne Gewährträgerhaftung leben konnten.
Schon lange ist die sogenannte Gewährträgerhaftung eher ein Euphemismus als dass sie wirkliche Sicherheit bietet. Eine Kommune oder ein Kommunalverband könnten ihrer Sparkasse heute kaum noch aus Liquiditätsschwierigkeiten helfen. Ohne den bereits vorhandenen Einlagensicherungsfonds der Sparkassenorganisationen in Höhe von 1 Milliarde DM wäre zum Beispiel der Fall der Illiquidität der Mannheimer Sparkasse für die Stadt Mannheim ein Fiasko geworden. So war Mannheim mit „nur“ 99 Mio. DM dabei, der Fonds hat 301 Mio. DM getragen und die badischen Sparkassen 70 Mio. DM.
Die Gewährträgerhaftung war bisher lediglich geeignet, den international auf allen Geschäftszweigen tätigen Landesbanken ein hervorragendes Rating zu verschaffen. Deren Einstufung als AAA verdanken die Landesbanken nur der Tatsache, dass die Länder nicht pleite gehen können. Dieser gut gepflegte Mythos bröckelt durch die Entscheidung der EU-Kommission zur WestLB ab. Die entsprechende Einstufung ist seitdem deutlich zurück genommen worden. Sichere Garantien sind auch angesichts der klammen öffentlichen Kassen notwendig. Deshalb hat sich der Sparkassen- und Giroverband zum Ausbau seines Feuerwehrfonds in den nächsten zehn Jahren bis auf 6 Mrd. DM ausgesprochen.
Allerdings wollen die Banken in öffentlich-rechtlicher Rechtsform dennoch an einer modifizierten Anstaltslast festhalten, denn das könnte deren Rating sichern und ist maßgeblich für die Bedingungen zu Refinanzierung. Der Sparkassen- und Giroverband hat demnächst auch in seiner Sitzung am 16. November 2000 einen Schritt in die richtige Richtung getan. Die freien Sparkassen sind da aber viel weiter. Haspa-Vorstandssprecher Dr. Karl- Joachim Dreyer sagte im Handelsblatt vom 15.08.2000, dass seine Bank keine Eigenkapitalzufuhr und Haftungszusage von außen habe, dass sie seit 1827 das Eigenkapital ausschließlich aus thesaurierten Gewinnen speise und dass er nicht ausschließe - sofern erforderlich -, dass die Haspa in die Rechtsform einer Aktiengesellschaft wechseln könnte. Er führte dann noch wörtlich aus - und das sollte uns nachdenken lassen: „Sicher hat unsere derzeitige Rechtsform ihren historischen Charme, eine Aktiengesellschaft hat dagegen einen modernen Charme.“
Als nüchterner Banker weiß er, dass die Sparkassen täglich 3.000 Wertpapierdepots an Direktbroker verlieren, da die Sparkassen mit deren Konditionen nicht mithalten können. Dieser Kundenverlust wird seine Auswirkungen auch auf das Filialnetz haben. Die Sparkassen werden - zugegeben mit Zeitverzögerung - dem Weg der Geschäftsbanken und jetzt auch der Raiffeisen- und Volksbanken folgen. Die hier von der SPD wortreich vorgetragene Idylle der kundennahen Bank für kleine Leute die Sparkasse vor Ort wird bald der Vergangenheit angehören.
Im übrigen machen die Sparkassen schon lange die gleichen Geschäfte wie Geschäftsbanken. Vom öffentlichen Auftrag zur Finanzstärkung der Kommunen als ihrer Gewährträger ist häufig nur noch wenig zu erkennen. Kredite sind meistens auch nicht billiger. So bedient sich auch das Land nicht nur der Landesbank, um seine Anleihen zu platzieren, sondern macht diese Geschäfte auch über größere inländische und ausländische Geschäftsbankenkonsortien. Große Sparkassen dehnen ihre Aktivitäten über Landes- und Bundesgrenzen hinaus aus. Alle Landesbanken sind international agierende Bankinstitute mit Zweigniederlassungen in vielen Ländern, und alle sind auch in Luxemburg vertreten!!
Das gesamte Geschäftsgebaren der Sparkassen entspricht dem anderer Banken, nur die Eigenkapitalausstattung ist wegen anderer Haftungsmechanismen deutlich geringer und führt zu heute nicht mehr vertretbaren Wettbewerbsvorteilen. Es erscheint unter vielen Gesichtspunkten sinnvoll, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, die Sparkassen von dem engen Korsett der öffentlich-rechtlichen Struktur zu befreien und die Möglichkeit zu eröffnen, auch andere Rechtsformen zu nutzen oder ein von der Gewährträgerhaftung unabhängiges Institutionssicherungssystem zu schaffen, das insbesondere die Sparkassen in die Lage versetzt, weiterhin öffentlich-rechtliche Aufgaben in der Daseinsvorsorge wahrzunehmen. Insofern begrüße ich auch den Beschluss des Hauptausschusses des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes vom 16. November 2000. Es reicht meines Erachtens nicht aus, nur einen § 34 a zur Rechtsformgestaltung in das Sparkassengesetz aufzunehmen, wie es die F.D.P. will, sondern das Sparkassengesetz muss auch zum Beispiel im Bereich der Anstalts- und der Gewährträgerhaftung § 4 überarbeitet werden. Daher bin ich für eine gründliche Ausschussberatung mit Anhörung von Fachleuten und beantrage Überweisung in den Wirtschafts- und Finanzausschuss sowie federführend in den Innen- und Rechtsausschuss.

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