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28.09.00 , 17:34 Uhr
FDP

Wolfgang Kubicki zu den Beeinträchtigungen der Persönlichkeitsrechte der Justizministerin Anne Lütkes

F.D.P. L a n d t a g s f r a k t i o n Schleswig-Holstein 1 Christian Albrecht Pressesprecher
V.i.S.d.P.


F.D.P. Fraktion im Nr. 201/2000 Schleswig- Holsteinischen Landtag Landeshaus, 24171 Kiel Kiel, Donnerstag, 28. September 2000 Postfach 7121 Telefon: 0431/9881488 Telefax: 0431/9881497 Sperrfrist: Redebeginn E - Mail: fraktion@fdp-sh.de Internet: http://www.fdp-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!
Wolfgang Kubicki zum Antrag der F.D.P. zur „Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechtes von Justizministerin Anne Lütkes“
„Das ist schon ein interessanter Vorgang, dass die Mehrheitsfraktionen



Presseinformation und nicht der Antragsteller per Beschluss des Landtages einen Antrag für erledigt erklärt wissen wollen.
Wir bleiben bei der Forderung nach Abstimmung in der Sache. Das Begehren der F.D.P.-Landtagsfraktion hat sich mitnichten erledigt. Mit der Ermächtigung des Bundesinnenministeriums, die Stellungnahme des BKA zu veröffentlichen:
„Das Bundeskriminalamt hat im Rahmen einer datenschutzrechtlichen Auskunft vom 07.08.2000 nach § 19 Bundesdatenschutzgesetz darauf hingewiesen, dass Frau Ministerin Lütkes in den Unterlagen des BKA nicht mit einem besonderen strafprozessualen Status, also nicht als Tatverdächtige oder Beschuldigte, aufgeführt ist“
ist die Bürgerin der Bundesrepublik Deutschland, Anne Lütkes, mitnichten reingewaschen worden, obwohl ich feststellen will, dass sie gar nicht reingewaschen werden muss.
Die Schlussfolgerung des Justizministeriums, das BKA habe damit klargestellt, dass sich seine Ermittlungen zu keiner Zeit gegen Anne Lütkes gerichtet haben, entspricht weder der Mitteilung des BKA, noch der Sachlage.
Das Justizministeriums hält hier an dem strafprozessualen Begriff der Ermittlungen fest, obwohl das BKA offensichtlich Informationen und Daten über Bürgerinnen und Bürger sammelt und auswertet, unabhängig von der Frage, ob sie als Tatverdächtige oder Beschuldigte aufzuführen sind.
Genau dies ist ja der Kern des Skandals, da ich sicher bin, dass hierfür eine Rechtsgrundlage weder bestand, noch besteht.
Ich wundere mich auch, dass ausgerechnet die ansonsten so vehement rechtsstaatsorientierten Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen 2 eine Erledigung feststellen wollen, obwohl doch überhaupt nichts erledigt ist.
Mag dies damit zu tun haben, dass der Bundesinnenminister Otto Schily heißt?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie würden wir diesen Tagesordnungspunkt heute debattieren, hieße der Innenminister noch Manfred Kanther?
Wenn Sie erklären würden, auch dann wäre die Sache für Sie erledigt, ist Ihre heutige Haltung mehr als nur partei- oder koalitionsinterner Opportunismus.
Unter dem Datum vom 11. August 2000 antwortet das Bundesministerium des Innern auf eine parlamentarische Anfrage der F.D.P.-Fraktion wie folgt:
„Im Zusammenhang mit mutmaßlich illegalen Aktivitäten des Vereins „Iranische Flüchtlingskinderhilfe Köln e.V.“ hat die Staatsanwaltschaft Köln am 18. Juli 2000 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betruges und anderer Straftaten zum Nachteil der Stadt Köln u.a. eingeleitet.“
„Das Vereinsregister des Amtsgerichts Köln weist als Vorstandsvorsitzende des Vereins „Iranische Flüchtlingskinderhilfe Köln e.V.“ Annemarie Lütkes, Christoph Meertens und Kerstin Müller aus.“
Ich möchte keine Exegese betreiben, verweise jedoch auf das Strafgesetzbuch, in dem die Frage der personalen strafrechtlichen Verantwortlichkeit bei juristischen Personen eindeutig geregelt ist.
Dies ist aber nicht der Kern des Problems.
Frau Lütkes möge mir dies verzeihen, es geht auch nicht – jedenfalls nicht ausschließlich - um ihre Person, sondern um die Verteidigung rechtsstaatlicher Grundsätze.
Es wurden nach den bisherigen Erkenntnissen durch das Bundeskriminalamt - immerhin eine Einrichtung, die nicht als Nachrichtendienst tätig ist, sondern als Teil der Strafverfolgung - Informationen über Menschen gesammelt, zusammengeführt und ausgewertet.
Der Behauptung des Bundesinnenministeriums, dies sei im Rahmen einer allgemeinen Beobachtungssache, beauftragt durch den Generalbundesanwalt, geschehen, hat dieser, darf man der Frankfurter Allgemeinen Zeitung glauben und dementiert wurde es ja nicht, widersprochen.
Deshalb bleibt es dabei, dass wir Aufklärung und öffentliche Klarstellung vom Bundesinnenminister verlangen, auf welcher Rechtsgrundlage und zu welchem Zweck Informationen über Frau Lütkes und andere erhoben, gesammelt und zusammengetragen wurden.
Schließlich will ich festhalten, dass in die Persönlichkeitsrechte von Frau Lütkes bereits durch die Erstellung des Berichtes oder der Berichte, die jedenfalls auszugsweise vom „Focus“ zitiert wurden, eingegriffen wurde, nicht erst durch die Veröffentlichung.
Die Erklärung: „Hier ist bekannt, dass gezielt Kinder von Angehörigen der Volksmudjahedin Iran aus den Familien ausgegliedert, nach Deutschland geschleust und als vermeintliche Waisen-/Flüchtlingskinder in organisationseigenen Kinderheimen untergebracht werden, um der Organisation staatliche finanzielle Mittel in erheblichem 3 Maße zuzuführen. Eigens für diesen Zweck wurde im Jahr 1993, u.a. von den Rechtsanwälten Lütkes und Meertens, der Verein „iranische Flüchtlingskinderhilfe Köln e.V.“ gegründet.“
beinhaltet bereits Vorwürfe, deren strafrechtliche Relevanz nicht zu leugnen ist.
Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang, etwas umfassender auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.02.1988 (BAY VBl 1988, 469, 471 zu zitieren:
„Noch näherer Prüfung bedarf indessen, ob der Kläger durch das von ihm angegriffene Schreiben unangemessen und unzumutbar in seinen Rechten beeinträchtigt wurde. Dies kann nicht schon deswegen ausgeschlossen werden, weil der Beklagte im Rahmen der ihm obliegenden Pflicht zur zwischenbehördlichen Zusammenarbeit nicht nur berechtigt, sondern grundsätzlich auch verpflichtet ist, anderen Behörden über ihm bekannt gewordene Vorgänge zu unterrichten, deren Kenntnis für die Aufgabenerledigung dieser Behörden von Bedeutung sein kann.
Denn diese Verpflichtung ist so zu erfüllen, dass schutzwürdige Interessen von Personen, die durch eine solche Unterrichtung betroffen werden können, ausreichend gewahrt werden. Dazu gehört, dass Mitteilungen, die auf Äußerungen Dritter beruhen, von der mitteilungspflichtigen Behörde an den Empfänger so weitergereicht werden, dass dieser die Mitteilung als nicht von ihr stammend erkennen kann.
Mehr als eine Plausibilitätsprüfung dahin, dass die mitgeteilten Tatsachen ernstzunehmen, das heißt nicht ersichtlich aus der Luft gegriffen sind, ist aber nicht geboten, weil der von der Informationsweitergabe berührte Einzelne darauf vertrauen kann, dass die beim Empfänger der Nachricht noch notwendigen Ermittlungen noch Klarheit über den wahren Sachverhalt erbringen werden.
Anders verhält es sich allerdings dann, wenn die Behörde bei einer solchen Weitergabe den Eindruck erweckt, sie habe die ihr zugegangenen Behauptungen (voll) überprüft und für zutreffend gefunden. In diesem Fall identifiziert sie sich mit diesen Behauptungen und verbreitet sie als gleichsam Eigene weiter. Das darf sie nur, wenn die behaupteten Tatsachen wahr sind“

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat schon einmal, bei einer Persönlichkeits- beeinträchtigung des ehemaligen Ministerpräsidenten Björn Engholm, durch ein Publikationsorgan auf Antrag der F.D.P. einen Beschluss gefaßt, der dann jedenfalls auch als Begründungshilfe in den Urteilen der jeweiligen Gerichte bei dem von Björn Engholm gegen dieses Publikationsorgan angestrengten Prozess herangezogen wurde.
Ich denke, bei dieser Tradition sollte es der Landtag belassen.
Nicht die Veröffentlichung des BKA-Berichtes ist der Skandal, sondern seine Erstellung. Diese Erstellung hat in die Persönlichkeitsrechte von Frau Lütkes – wie ich meine in rechtswidriger Weise – eingegriffen, die Weitergabe und Veröffentlichung hat diese Persönlichkeitsbeeinträchtigung nur noch, wenn auch sehr wesentlich, intensiviert. Dies festzustellen – und zwar durch Beschluss – ist Aufgabe eines Parlamentes, das die Wahrung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger gegenüber jedermann – und das heißt auch gegenüber jeder Behörde – zu seinem verfassungsrechtlichen Grundauftrag zählt. 4 Im übrigen wird in dieser Frage der Bundesinnenminister – und ich sage ausdrücklich, es ist dabei völlig egal, welcher Partei er gerade angehört – noch vor dem Deutschen Bundestag Auskunft geben müssen, zum Beispiel für wen dieser Bericht oder diese Berichte geschrieben wurden, an wen sie gingen und welchem Zweck sie dienten.
Nicht nur der Fall Lütkes, sondern auch der Fall des CDU-Abgeordneten Profalla in Nordrhein-Westfalen oder des ehemaligen Abgeordneten Riedel in Bayern zeigen deutlich, dass staatliche Behörden die Grenze zwischen Zulässigem und Unzulässigem nicht nur gelegentlich überschreiten.
Hier ein deutliches Signal zu setzen, das dies nicht sanktionslos hingenommen wird, ist auch impliziter Gegenstand des Antrages der F.D.P..
Ich war bis heute Morgen davon ausgegangen, dass wir auf der Grundlage des F.D.P.- Antrages eine einstimmige Entschließung verabschieden werden.
Nunmehr habe ich das Gefühl, rot und grün haben sich aus koalitionspolitischer Räson unter Ausblendung der verfassungsrechtlichen und rechtsstaatlichen Problematik darauf geeinigt, „das ja alles gar nicht so schlimm gewesen ist“.
War da was?
Die F.D.P.-Landtagsfraktion bleibt bei ihrem Antrag.
Ich halte es geschäftsordnungsmäßig auch nicht für zulässig, das die Landtagsmehrheit beschließt, der Antrag sei erledigt.
Wir haben schließlich keinen Bericht der Regierung gefordert, wir haben unsererseits auch keine Auskunft gegenüber dem Landtag verlangt.
Sie können dem Antrag zustimmen, oder ihn ablehnen. Die Sache für erledigt erklären können Sie nicht.“

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