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Ein Antrag auf Übergang zur Tagesordnung kann bis zur Abstimmung jederzeit gestellt werden und bedarf keiner Unterstützung. Wird ihm widersprochen, so sind vor der Abstimmung noch je eine Rednerin oder ein Redner für und wider den Antrag zu hören. Wird der Antrag abgelehnt, so darf er im Laufe der Beratung desselben Gegenstandes nicht wiederholt werden. Über Vorlagen der Landesregierung und Anträge der Ausschüsse darf nicht zur Tagesordnung übergegangen werden.
Der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung ist ein Geschäftsordnungsantrag, bei dessen Annahme die Beratung über einen Gegenstand sofort beendet wird. Der Übergang zur Tagesordnung stellt daher ein Instrument dar, mit dem mehrheitlich die Befassung mit einem einzelnen Beratungsgegenstand entweder von vornherein oder zu jedem Zeitpunkt vor der Abstimmung unterbunden werden kann. Über den Gegenstand, über den zur Tagesordnung übergegangen wird, findet keine förmliche Abstimmung mehr statt. Materiell ist die Annahme des Antrages auf Übergang zur Tagesordnung gleichzusetzen mit einer ablehnenden Entscheidung in der Sache (Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 29 GO-BT, RN 1).
Satz 1 bestimmt, dass der Übergang zur Tagesordnung „jederzeit bis zur Abstimmung“ beantragt werden kann, d. h. bis zu dem Zeitpunkt, in dem die amtierende Präsidentin oder der amtierende Präsident zur Stimmabgabe auffordert (vgl. Troßmann, aaO., § 49 GO-BT, RN 4).
Ein Antrag auf Übergang zur Tagesordnung unterbricht die Beratung zur Sache. Er muss sofort zur Abstimmung gebracht werden, nachdem – im Falle des Widerspruchs einer oder eines Abgeordneten – noch je einer Rednerin oder einem Redner Gelegenheit gegeben worden ist, für und gegen den Antrag zu sprechen (Satz 2). Da es sich hierbei um die Worterteilung zu einem Geschäftsordnungsantrag handelt, darf nicht zur Sache gesprochen werden. Insoweit unterscheidet sich das Recht zur Stellungnahme zu einem Antrag auf Übergang zur Tagesordnung von dem bei einem Antrag auf Schluss der Beratung nach § 57 Abs. 4.
Der Wortlaut der Vorschrift legt die Annahme nahe, dass der Antrag sofort nach dem Aufruf eines Tagesordnungspunktes zulässig ist. Wird der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung unmittelbar nach dem Aufruf des Tagesordnungspunktes gestellt und sofort über ihn abgestimmt, würde jedoch bei dessen Annahme denjenigen, die den zugrunde liegenden Sachantrag eingebracht haben, die Möglichkeit zur Begründung der Initiative und jedem einzelnen Mitglied des Hauses das Recht, zur Sache zu sprechen, entzogen werden. Diese Konsequenz erscheint mit dem verfassungsrechtlich garantierten Initiativ- und Rederecht der Abgeordneten nicht vereinbar. Wenn auch das Rederecht in Artikel 17 Abs. 2 LV nicht ausdrücklich aufgeführt ist, gehört es gleichwohl nach der Rechtsprechung des Bundes- und des Landesverfassungsgerichts zu den Statusrechten der Abgeordneten (BVerfGE 10, 4, 12; LVerfG 1/17, RN 36; Brüning in: Becker/Brüning/Ewer/Schliesky, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2021, Art. 17 RN 39). Die Rechte der einzelnen Abgeordneten dürfen zwar im Einzelnen ausgestaltet und insofern beschränkt, ihnen jedoch grundsätzlich nicht entzogen werden (BVerfGE 80, 188, 219; Brüning, aaO., Art. 17 RN 37). Das bedeutet: Im Prinzip hat jede und jeder Abgeordnete die Befugnis, zu einem auf der Tagesordnung stehenden Verhandlungsgegenstand zu sprechen. Dieses Prinzip liegt etwa der Regelung des § 56 Abs. 4 Satz 5 (Kurzbeiträge) zugrunde. Nur ausnahmsweise und aus besonderen, hinreichend wichtigen Gründen dürfen Abgeordnete daran – etwa durch den Übergang zur Tagesordnung – gehindert werden. Solche Gründe müssen entweder in einem rechtswidrigen Verhalten der oder des redewilligen Abgeordneten liegen (z. B. Wortentziehung nach § 67; Ausschließung von der Sitzung nach § 68) oder sich aus dem Beratungsgegenstand ergeben. So wird ein Recht auf Begründung eines Antrags, dessen rechtliche Zulässigkeit bestritten wird, vor der Entscheidung über die Zulässigkeit in Form der Abstimmung über den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung verneint (Troßmann, aaO., § 29 GO-BT, RN 2). Abgesehen von diesen besonderen Fallkonstellationen ist aus verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls denjenigen, die einen Sachantrag eingebracht haben, zunächst die Möglichkeit zu geben, das Anliegen zu begründen, bevor ein Antrag auf Übergang zur Tagesordnung zugelassen wird (vgl. Troßmann unter Hinweis auf die Handhabung des § 29 GO-BT a. F., aaO., RN 2).
Wird ein Antrag auf Übergang zur Tagesordnung abgelehnt, so darf er im Laufe der Beratung desselben Gegenstandes nicht wiederholt werden (Satz 3).
Satz 4 verbietet, über Vorlagen der Landesregierung und Anträge der Ausschüsse zur Tagesordnung überzugehen. Unter „Anträgen der Ausschüsse“ sind Berichte und Beschlussempfehlungen, unter „Vorlagen der Landesregierung“ Gesetzentwürfe und Anträge der Landesregierung zu verstehen (§ 23 Abs. 1). Die Aufzählung der Gegenstände, über die nicht zur Tagesordnung übergegangen werden darf, ist nicht abschließend: Ausdrücklich ist der Übergang zur Tagesordnung in der Aktuellen Stunde ausgeschlossen (§ 32 Abs. 9 Satz 2). Aus § 24 Abs. 1, wonach Gesetzentwürfe grundsätzlich in zwei Lesungen zu behandeln sind, folgt, dass über einen Gesetzentwurf aus der Mitte des Hauses in erster Lesung nicht zur Tagesordnung übergegangen werden darf, weil dadurch die Beratung in zweiter Lesung verhindert würde. Ein Antrag auf Übergang zur Tagesordnung ist ferner unzulässig in Fällen, in denen die Landesverfassung, ein Gesetz oder auch die Geschäftsordnung ein Tätigwerden des Landtags vorschreibt (z. B. Entscheidungen über die Zulässigkeit von Volksinitiativen und Volksbegehren nach §§ 8 und 12 VAbstG). Dies gilt insbesondere, wenn mit einem Antrag ein Minderheitsrecht geltend gemacht wird (z. B. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses – Artikel 24 Abs. 1 LV; Einsetzung einer Enquete-Kommission – § 12 Abs. 1).