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Der Landtag ist sich einig: Schleswig-Holstein hat bei der Minderheitenpolitik einen weit über die Landesgrenzen reichenden Vorbildcharakter. Das trage auch zur Friedenspolitik in Europa bei, hieß es fraktionsübergreifend bei der Vorstellung des Berichts zu Minderheiten- und Regionalsprachen sowie des achten Minderheitenberichts. In dem Minderheitenbericht, der einmal in jeder Wahlperiode vorgelegt wird, ist auf über die Rolle und die Förderung der in Schleswig-Holstein lebenden dänischen Minderheit, der Friesen und der Sinti und Roma, aber auch die Situation der deutschen Minderheit im Süden Dänemarks aufgeschlüsselt.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hob besonders auf die „deutsch-dänische Freundschaft“ ab. Bereits seine erste Amtsreise habe ihn „wie selbstverständlich“ zu den nördlichen Nachbarn geführt. Er verwies auf zahlreiche Maßnahmen und Projekte, mit denen Minderheiten im Land unterstützt werden, zum Beispiel den Handlungsplan Sprachen, die Anmeldung der Minderheiten als immaterielles Weltkulturerbe oder den Start der Friesenstiftung. Der Regierungschef wies auch darauf hin, dass immer mehr Mitarbeiter in Behörden eine Regionalsprache sprechen. „Wir können auf das Erreichte ziemlich stolz sein“, so Günther
Günthers Fazit wurde auch von Lars Harms (SSW) anerkannt. Er kritisierte jedoch Kommunen, in denen mancherorts „ein Verständnis der 50er-Jahre“ herrschen würde. Als Beispiel nannte er Ganztagsangebote an dänischen Schulen. Die würden zwar vom Land ebenso gefördert wie Angebote an deutschen Schulen, die Kommunen aber würden nur Geld an deutsche Schulen zuschießen. „Es kann nicht sein, dass den Kommunen Kinder an dänischen Schulen nicht so viel Wert sind wie Kinder an deutschen Schulen“, monierte Harms. Er setzte zugleich einen Hilferuf ab: Da immer weniger Menschen die friesische Sprache sprechen, sei die Kultur stark bedroht. „Hier muss mehr getan werden“, forderte Harms.
Peter Lehnert (CDU) lobte, wie es zuvor auch Günther getan hatte, die Arbeit des Minderheitenbeauftragten Johannes Callsen. Der ehemalige Landtagsabgeordnete der Union berät den Ministerpräsidenten bei diesem Thema seit Juni 2017 ehrenamtlich. „Der Umgang mit Minderheiten ist ein Gradmesser für gelebte Demokratie“, sagte Lehnert.
Birte Pauls (SPD) unterstrich, es gebe in keinem anderen Bundesland vier autochthone Minderheiten. Der Umgang mit ihnen habe „Modellcharakter für andere Regionen der Welt“. Pauls regte an, das Land könnte dafür „eigentlich ein Kandidat für den Friedensnobelpreis“ sein.
Weitere Redner:
Marret Bohn (Grüne), Kay Richert (FDP)
Im Jahr 1986 hatte der Landtag die Landesregierung beauftragt, dem Parlament zur Mitte einer jeden Wahlperiode einen Minderheitenbericht vorzulegen. Nunmehr liegt der achte Bericht auf dem Tisch. Auf über 200 Seiten wird darin die Rolle und die Förderung der in Schleswig-Holstein lebenden dänischen Minderheit, der Friesen und der Sinti und Roma, aber auch die Situation der deutschen Minderheit im Süden Dänemarks beschrieben.
Im Einzelnen stellt der Bericht schwerpunktmäßig die Minderheitenpolitik der Landesregierung, die Arbeit wichtiger, im Land ansässiger internationaler Institutionen sowie die Aktivitäten auf Bundes- und Europaebene, die sich auf die Situation der Minderheiten in Schleswig-Holstein auswirken, vor. Ein weiterer Abschnitt umfasst die Darstellung der nationalen Minderheiten und Volksgruppen sowie der Grenzverbände – etwa in Bezug auf organisatorische Strukturen oder die politische, kulturelle und soziale Arbeit.
Die Landesregierung betont in ihrem Bericht die Bewahrung der kulturellen Vielfalt und den auch seit 1990 in der Landesverfassung verankerten Schutz der Minderheiten. „Minderheitenpolitik ist in Schleswig-Holstein ein Politikfeld, das von einem parteiübergreifenden Konsens getragen und innerhalb der Landesregierung als Querschnittsaufgabe für alle Ressorts verstanden wird“, heißt es. Ein Kernanliegen der Regierung ist die Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in Schleswig-Holstein.
Zu den wesentlichen Institutionen des Landes im Bereich der Minderheitenpolitik zählt der Posten der Minderheitenbeauftragten, der derzeit (seit 2017) von dem ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten Johannes Callsen wahrgenommen wird. Er ist Ansprechpartnerin für die Minderheiten und Berater der Landesregierung. Seitens des Landtages gibt es Gremien für Fragen der deutschen Minderheit in Dänemark (Nordschleswig-Gremium), der friesischen Volksgruppe (Friesengremium), der deutschen Sinti und Roma und für die Sprechergruppe der Niederdeutschen (Beirat Niederdeutsch) mit seinen beiden Arbeitsgruppen für Bildung und Medien. Mehr Informationen sind in der Rubrik Minderheiten auf der Website des Parlamentes eingestellt.
In Schleswig-Holstein sind zwei nationale Minderheiten und eine Volksgruppe zu Hause. Die dänische Minderheit umfasst rund 50.000 Menschen und ist schwerpunktmäßig im Landesteil Schleswig ansässig. Die Zahl der Friesen im Kreis Nordfriesland mit den vorgelagerten Inseln sowie auf Helgoland wird ebenfalls auf 50.000 geschätzt, und die im ganzen Land lebenden Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit sind etwa 5000 Menschen. Schleswig-Holstein ist das einzige Land in der Bundesrepublik, in dessen Grenzen drei nationale Minderheiten leben. Im benachbarten Dänemark leben in Nordschleswig beziehungsweise in dem Gebiet des früheren Amtes Soenderjylland etwa 15.000 Menschen, die sich zur deutschen Volksgruppe bekennen.
Ein weiteres Debattenthema ist die Frage, wie es sich mit der vom Landtag geforderten Sprachkompetenz in Niederdeutsch, Friesisch und Dänisch in den Dienststellen im Norden des Landes verhält. Das Ergebnis laut eines Berichts: In 127 Behörden beziehungsweise Dienststellen ist in 102 davon auszugehen, dass Sprachkenntnisse bei Landesbeschäftigten in Regional- und Minderheitensprachen vorhanden sind (Quote knapp 80 Prozent). Konkret verfügen insgesamt 1.581 Landesbeschäftigte über Kenntnisse in Niederdeutsch, 83 Landesbeschäftigte über Kenntnisse in Friesisch und 669 Landesbeschäftigte über Kenntnisse in Dänisch. „Diese Personen sind allesamt Beschäftigte, die auch bereit wären, ihre Sprachkompetenzen im Kontext der Arbeit zu benutzen“, heißt es.
Eine andere Sichtweise liefert eine vorliegende Evaluation des 2016 verabschiedeten „Gesetzes zur Umsetzung des Verfassungsauftrages zur Stärkung nationaler Minderheiten und Volksgruppen“. Die Evaluation ergab, dass „die Wirksamkeit der Regelungen zu Regional- und Minderheitensprachen vor und in Behörden sehr begrenzt ist“. Überdies würden die Ziele des Minderheiten-Gesetzes (unter anderem Stärkung des Sprachgebrauchs, die Förderung des Friesischen und der Kita-Arbeit) von den befragten Behörden als begründet und legitim wahrgenommen, führten aber kaum zu erkennbaren Verhaltensänderungen in den Behörden.
Positiv wird in der Evaluation ein „spürbarer Erfolg“ bei der Einrichtung von Orts- und Hinweistafeln im Kreis Nordfriesland auf Friesisch vermerkt. „Der vom Verkehrsministerium dazu geschaffene Erlass und die standardisierten Abläufe erklären die relativ hohe Wirksamkeit der entsprechenden Maßnahmen bei wegweisenden und Hinweisschilder“ heißt es weiter. Zur gesetzlichen Verankerung der Sprachförderung von Minderheitensprachen in Kitas ist vermerkt: „Die Regelung kann als wirksam betrachtet werden“, die Finanzierung sei auskömmlich – trotz großer und zunehmender Nachfrage.
(Stand: 25. Oktober 2021)
Meldung bei Antragstellung / weitere Debatten zum Thema:
Mai 2019 (Behördensprache Dänisch / ohne Aussprache)
August 2020 (Plattdeutsch)
September 2019 (Friesisch / Sprachenchartabericht 2019)
November 2017 (Dänisch in Behörden)
Minderheiten- und Volksgruppenpolitik in der 19. Legislaturperiode (2017 – 2022) – Minderheitenbericht 2021
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/3334
(Federführend ist der Ministerpräsident)
Bericht zur Sprachkompetenz in den Minderheiten- und Regionalsprachen im Landesdienst
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/3335
Antrag der Abgeordneten des SSW – Drucksache 19/2962
(Landtagsbeschluss vom 21. Mai 2021)
Bericht der Landesregierung zur Evaluierung des Gesetzes zur Umsetzung des Verfassungsauftrages zur Stärkung nationaler Minderheiten und Volksgruppen (GVOBl Nr. 12 vom 28.07.2016, S. 534)
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/3339
(Federführend ist der Ministerpräsident)