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Schleswig-Holstein soll beim Klimaschutz nach Willen der Grünen das Tempo beschleunigen, doch die Jamaika-Partner reagieren bei einigen Maßnahmen zurückhaltend. Die SPD spricht der Regierung ein Vorankommen ganz ab.
Mit neuen gesetzlichen Regelungen will Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) den Klimaschutz im Lande vorantreiben. Im Landtag kündigte er bis zum kommenden Sommer insgesamt zehn konkrete Vorschläge in den Bereichen Wärmeversorgung, Photovoltaik und Elektromobilität an. Damit soll das Energiewende- und Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2017 präzisiert werden. Schleswig-Holstein sei zwar vielfach „bundesweit spitze“, so der Minister. Aber: „Wir müssen noch ambitionierter werden.“ Bei einigen der Maßnahmen zeigten sich die Koalitionspartner CDU und FDP allerdings skeptisch. SPD und SSW warfen Jamaika in der hochemotionalen, über anderthalbstündigen Debatte dürftige Umweltpolitik vor.
Nach Albrechts Vorstellung sollen größere Kommunen verpflichtet werden, Wärmepläne aufzustellen, um den Umstieg privater Haushalte auf erneuerbare Energien besser planen zu können. Zudem soll auch für bestehende Gebäude die Nutzung von erneuerbaren Energieträgern in der Wärmeversorgung zur Pflicht werden. Beim Austausch einer Heizungsanlage in Gebäuden, die vor 2009 gebaut wurden, sollen mindestens 15 Prozent des jährlichen Energiebedarfs durch Erneuerbare gedeckt werden. Bei neu errichteten Parkplätzen mit über 100 Stellplätzen soll ein Dach mit Photovoltaik ebenso zum Standard werden wie beim Neubau von Nichtwohngebäuden. Es soll weitere Anreize für Dachphotovoltaik auf Wohngebäuden geben, auf Landesliegenschaften soll Solarstrom zum Standard werden, und das Land will Car-Sharing-Projekte fördern und mehr Ladestellen für E-Autos installieren.
Es gehe um „einen Mix aus verbindlichen Vorgaben und vermehrten Anreizen“, betonte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben, und sie fügte an: „Was bisher getan wurde, reicht nicht.“ Oliver Kumbartzky (FDP) wandte sich jedoch dagegen, „den Menschen über Gebühr Pflichten aufzubürden“. Beim Ausbau der Photovoltaik müsse für Gewerbetreibende die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen: „Wir sind für eine Klimapolitik, die rechnen kann.“ Eine „Solardachpflicht für Private“ lehnte Kumbartzky ab. Stattdessen müsse das Land bei seinen eigenen Gebäuden „mit gutem Beispiel vorangehen“, wenn man „den Rest des Landes zu stärkeren Klimaschutzmaßnahmen veranlassen“ wolle.
Heiner Rickers (CDU) sperrte sich gegen einen „Wildwuchs bei der Freiland-Photovoltaik“, und sein Fraktionsvorsitzender Tobias Koch rief Minister Albrecht auf, die Finanzierung der geplanten Förderprogramme sicherzustellen. Die Einwände der Koalitionspartner riefen erneut die Grüne von Kalben auf den Plan. Sie rief dazu auf, „nicht jetzt anzufangen, rückwärts zu gehen“. Beim Klimaschutz dürfe man „nicht immer nur betriebswirtschaftlich rechnen“. Es seien auch die volkswirtschaftlichen Kosten zu beachten, etwa für Dürrehilfen, Küstenschutz, Sturm- und Hitzeschäden.
Das Klimaschutzgesetz der damals regierenden Koalition aus SPD, Grünen und SSW aus dem Jahr 2017 gibt das Ziel aus, die Treibhausgasemissionen im Lande um 55 Prozent bis 2030 und um 70 Prozent bis 2040 zu senken. Es enthalte bislang aber keine konkreten Maßnahmen, merkte CDU-Fraktionschef Koch an: „Wir holen jetzt nach, was die Vorgängerregierung versäumt hat.“ Sein SPD-Gegenüber Ralf Stegner (SPD) nannte die Vorhaben hingegen „ambitionslos und dürftig“. Es handele sich um ein „Sammelsurium“ mit „verschwindend geringer Wirkung“. Bis 2017 sei Schleswig-Holstein beim Klimaschutz „Musterschüler“ gewesen, unter Jamaika habe sich das geändert.
Auch Christian Dirschauer (SSW) forderte eine konsequentere Klimapolitik: „Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, dann müssen wir mehr tun.“ Dagegen wies Jörg Nobis (AfD) auf die „negativen Nebeneffekte der Energiewende“ hin: „Strom, Heizöl, Benzin und Diesel werden noch teurer werden.“
Die bisherigen Schritte in Richtung Klimaschutz waren in Schleswig-Holstein „zielführend“ und „erfolgreich“. Aber: „Dennoch besteht auch angesichts immer deutlicher werdender Folgen des Klimawandels und unter Berücksichtigung europa-und bundesrechtlicher Entwicklungen weiterer Handlungsbedarf.“ Das geht aus der Evaluierung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes hervor, die das Umweltministerium dem Landtag vorlegt.
Das Gesetz aus dem Jahr 2017 gibt das Ziel aus, die Treibhausgasemissionen im Lande um 55 Prozent bis 2030 und um 70 Prozent bis 2040 zu senken. Das aktuelle Papier nennt nun zehn konkrete Vorschläge, welche gesetzlichen Regelungen überarbeitet werden sollten, und es führt als weiteren Schwerpunkt die Photovoltaik auf.
So sollen größere Kommunen verpflichtet werden, Wärmepläne aufzustellen. Damit könne bei fast der Hälfte der Haushalte in Schleswig-Holstein die Umstellung auf erneuerbare Energien besser geplant werden. Zudem soll analog zur bestehenden Neubau-Regel auch für bestehende Gebäude eine Nutzungspflicht von erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung eingeführt werden. Es wird auch vorgeschlagen, dass beim Austausch einer Heizungsanlage in Gebäuden, die vor 2009 gebaut wurden, mindestens 15 Prozent des jährlichen Energiebedarfs durch erneuerbare Energien zu decken sind.
Zudem will das Umweltministerium den Ausbau der Photovoltaik stärker vorantreiben. Studien zufolge gebe es auf Schleswig-Holsteins Dächern ein Potenzial von 7 bis 9 Gigawatt. Derzeit seien nur 1,1 Gigawatt installiert. Bei neu errichteten Parkplätzen mit über 100 Stellplätzen soll ein Dach mit Photovoltaik ebenso zum Standard werden wie beim Neubau von Nichtwohngebäuden. Auch die Elektromobilität will die Koalition weiter voranbringen.
Aktuell hat die Landesregierung mehr Geld für ihr Förderprogramm für Klimaschutz bereitgestellt. Nachdem die für drei Jahre veranschlagte Fördersumme von 1,6 Millionen Euro schon nach wenigen Monaten nahezu ausgeschöpft war, ist das Programm um eine Million Euro aufgestockt worden, teilte das Umweltministerium am Montag mit. Im ersten Förderzeitraum von Juni bis August sind bereits knapp 1,4 Millionen Euro in private Investitionen in den Klimaschutz geflossen. Nach Ministeriumsangaben profitierten davon mehr als 2150 Antragsteller im Land.
Zuschüsse gibt es beispielsweise für Lastenfahrräder, Ladepunkte für Elektro-Autos, Stromspeicher, Photovoltaik-Balkonanlagen, Solarthermie-Anlagen, nichtfossile Heizungsanlagen und Regenwasserzisternen. Gefördert werden bis zu 50 Prozent der Anschaffungskosten. Bei einem Lastenfahrrad ist der Zuschuss auf 400 Euro begrenzt. Ein Stromspeicher kann mit 800 Euro und zusätzlichen 200 Euro für die Installations- und Anschlusskosten gefördert werden. Geld gibt es auch für die Installation eines Fernwärmeanschlusses oder die Anlage eines Gründaches.
(Stand: 16. November 2020)
Meldung bei Antragstellung:
Juni 2020 (ohne Aussprache)
Vorherige Debatten zum Thema:
August 2020
Juni 2020 (Aufforstung)
Januar 2020 (Klimaschutz und Antrag Moore/Wald)
September 2019 (Klimapaket Bund)
Juni 2019 (Bericht 2019)
Maßnahmen und Ziele für eine effiziente Energiewende und Klimaschutzpolitik – Evaluierung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes
Bericht der Landesregierung – Drucksache 19/2546
(Federführend ist das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft,
Umwelt, Natur und Digitalisierung)
Bericht und Beschlussempfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses – Drucksache 19/2181
(überwiesen am 22. Januar 2020)