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Was ist der richtige Umgang mit Wölfen, die Schafe, Kälber und Fohlen reißen und Menschen erschrecken? Die AfD will solche „Problemwölfe“ zur Jagd freigeben und eine „Obergrenze des Bestandes“ festlegen. Demgegenüber setzt Jamaika weiterhin auf den bisherigen Mix aus Beobachtung, Aufklärung, Schutzzäunen und finanzieller Entschädigung, falls das Raubtier Schaden anrichtet. Abschüsse sollen nur im Ausnahmefall möglich sein. Allerdings gab es auch innerhalb der Koalitionsfraktionen unterschiedliche Meinungen.
Es gehe nicht darum, den Wolf, der nach 100 Jahren wieder im Lande heimisch sei, erneut auszurotten, betonte Volker Schnurrbusch (AfD). Ziel sei es, „die Bestände zu kontrollieren und Problemtiere zu bejagen“. Eine Aufnahme ins Jagdrecht wäre „der nächste richtige Schritt zur Bestandspflege“. Prävention und Entschädigung reichten nicht aus, so Schnurrbusch.
Marlies Fritzen (Grüne) widersprach dem AfD-Abgeordneten: Es gebe in Schleswig-Holstein keine ansässigen Rudel, sondern nur durchziehende Tiere. Demzufolge sei eine Bestandsobergrenze auch nicht zu ermitteln. „Der Wolf ist streng geschützt, und das ist auch gut so“, sagte sie und warf der AfD „populistische Angstmacherei“ vor. Eine Aufnahme ins Jagdrecht lehnte sie ab.
„Die FDP befürwortet die Aufnahme ins Jagdrecht“, sagte dagegen ihr Koalitionskollege Oliver Kumbartzky von den Freidemokraten. „Die Tierhalter wollen ihre Tiere in Sicherheit wissen“, und auch das „Sicherheitsgefühl der Menschen“ sei zu beachten. Hauke Göttsch (CDU) gab zu bedenken: „Wir können nicht jede Herde meterhoch einzäunen.“ Er brachte eine „Vergrämung mit Gummigeschossen“ ins Gespräch und mahnte: „Bei steigender Wolfszahl sehe ich die Schafhaltung in Gefahr.“
Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) schloss die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht nicht aus, allerdings nur als letzten Schritt. Zunächst müsse es darum gehen, das Wolfsmanagement im Lande, das „bundesweit ein Vorzeigemodell“ sei, ständig an die aktuelle Lage anzupassen. Der Minister kündigte Gespräche mit betroffenen Schafhaltern von der Halbinsel Eiderstedt an.
Sandra Redmann (SPD) und Flemming Meyer (SSW) lobten ebenfalls das Wolfsmanagement im Lande. „Es muss das Ziel sein, sowohl Weidetierhaltung als auch die Existenz des Wolfes zu ermöglichen“, so Redmann. Wachsamkeit sei geboten, wenn der Wolf seine Scheu vor dem Menschen verliere, mahnte Meyer. Seit 2007 werden wieder Wölfe in Schleswig-Holstein gesichtet. 2016 wurden drei Tiere nachgewiesen, 2017 waren es 18 und im laufenden Jahr schon 32. Insbesondere die Westküste ist betroffen.
Nach Ablehnung des AfD-Antrags wurde schließlich das Alternativpapier der Koalition verabschiedet. Darin wird die Weiterentwicklung des Wolfsmanagement betont. Weiter heißt es: „Ferner soll sichergestellt sein, dass im Fall von Verhaltensauffälligkeiten, die eine Entnahme eines Tieres erforderlich machen, schnell, rechtskonform und anhand von Kriterien gehandelt werden kann.“
Die AfD fordert die Landesregierung auf, im Rahmen ihres Wolfmanagements per Verordnung Kriterien für „eine zeitnahe und landesweit einheitliche Entnahme von Problemwölfen zu erarbeiten, um eine Bedrohung für Menschen oder Haus- und Weidetiere abzuwehren“. Dazu sei eine Obergrenze des Bestandes festzulegen, darüber hinausgehende Tiere seien durch eine „Schutzjagd“ zu erlegen. Im Jagdrecht soll der Wolf zwar als ganzjährig geschützte, aber jagdbare Art geführt werden.
Als Grund führt die AfD die in den letzten Jahren gestiegene Zahl an Übergriffen auf Weidetiere an sowie die Zunahme der Entschädigungszahlungen an Tierhalter und die teuren Vorbeugemaßnahmen wie Zäune für Schafherden. Durch die „offensichtlich abnehmende Scheu von Problemwölfen“ bestehe zudem die Gefahr, dass sich Wölfe immer näher an Siedlungen und Weiden heranwagen. „Die ungehinderte Ausbreitung des Raubtieres kann niemandem zugemutet werden“, ließ Anfang August der AfD-Abgeordnete Volker Schnurrbusch verlauten. Die intensive Weidetierhaltung und Landschaftspflege durch 300.000 Schafe und Lämmer im Land verlangt nach einem besseren Wolfsmanagement. „Wölfe sind nun mal kein Spielzeug für Tierschützer, sondern Raubtiere“.
Nach Ansicht von Wolfsexperten ist der Wolf in Schleswig-Holstein auch 18 Jahren nach seiner Rückkehr nach Deutschland noch nicht wieder heimisch geworden. Bislang war er im nördlichsten Bundesland nur auf „Stippvisite“. Seit der ersten Sichtung eines Wolfs im April 2007 bei Süsel im Kreis Ostholstein wurde der Wolf bislang knapp hundert Mal gesehen beziehungsweise seine Spuren entdeckt. „Ein Wolf gilt erst als sesshaft, wenn er mindestens sechs Monate nachgewiesen wurde“, sagt Wolf-Gunthram Freiherr von Schenck vom Wolfsinformationszentrum.
Seit rund drei Monaten sorgen mindestens zwei junge Wolfsrüden im Land für Aufregung“, berichtet Martin Schmidt vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. Noch seien allerdings nicht alle DNA-Spuren ausgewertet worden. Die beiden sind Geschwister, ein Jahr alt und aus Dänemark eingewandert. Der eine lebt im Raum Pinneberg/Segeberg, sein Bruder ist auf Eiderstedt unterwegs. „Es sind Einzeltiere. Sie probieren sich erstmal aus“, so Schmidt. Sie seien noch zu jung, um ein Rudel zu bilden.
Wenige Wochen zuvor war gemeldet worden, dass ein junges Weibchen aus dem in Dänemark lebenden Rudel Anfang Mai in Dithmarschen ein Schaf getötet habe. Eine zweite Fähe wurde am 12. Mai in der Nähe der Autobahnauffahrt Tornesch (Kreis Pinneberg) bei einem Verkehrsunfall getötet. Auf das Konto eines jungen Rüden gehen insgesamt fünf Schafsrisse im Mai und Juni in den Kreisen Rendsburg-Eckernförde, Steinburg, Pinneberg und Nordfriesland. Ein viertes Tier aus dem Rudel habe je ein Schaf bei Hamburg-Schnelsen sowie bei Lutzhorn im Landkreis Pinneberg gerissen, hieß es seitens des Landesamtes.
Weitere Wolfsnachweise gab es zuletzt im Kreis Segeberg am 14. Juli, als ein Wolf bei Heidmoor ein Schaf riss. Am 31. Juli tappte ein Wolfe bei Todesfelde/Vosshöhlen in eine Foto-Falle. Im Kreis Nordfriesland tötet ein Wolf Schafe am 2. und 23. Juli in Tetenbüll, sowie am 9., 12., 17. und 19. Juli in Oldenswort. In drei weiteren Fällen in Oldenswort (16.7.), Breklum (4.7.), und Westerhever (5.7.) wurden Schafe von einem Hund getötet, wie genetische Untersuchungen ergaben.
(Stand: 3. September 2018)