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16.12.15
11:54 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zum Landeshaushalt

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Es gilt das gesprochene Wort! Nr. 506.15 / 16.12.2015 TOP 3 – Haushaltsplan 2016 TOP 4 – Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens… Impuls 2013. TOP 20 – Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – A13 für Lehrer aller Schularten umsetzen TOP 26 - Entlastung des Landesrechnungshofs SH für das Haushaltsjahr 2013 TOP 44 – Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht für das Haushaltsjahr 2014
Dazu sagt die Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,
Eka von Kalben:



Wir machen Schleswig-Holstein weiter fit für die Zu- kunft
Eben haben wir noch über die HSH Nordbank debattiert und jetzt reden wir über den Haus- halt. Eben ging es um Milliardenverluste, die über dem Land schweben wie ein Damokles- schwert und nun müssen wir uns mit einem Haushalt auseinandersetzen, der an der Ober- grenze zur maximalen Schuldenaufnahme kratzt.
Die Stimmungskurve in Schleswig-Holstein, so könnte man meinen, zeigt nach unten. Doch wenn ich durch unser Land fahre, habe ich einen ganz anderen Eindruck. Die Welt der Haushaltszahlen, das Ringen um den richtigen Einsatz der begrenzten Mittel und die Welt der maroden Landesbank, die die Politik seit Jahren beschäftigt, mag die eine Seite sein. Doch es gibt noch eine andere Seite.
Es gibt das Schleswig-Holstein, das ich auf meinen Fahrten durch das Land immer wieder Seite 1 von 6 neu entdecke. Auf der einen oder anderen Straße mag sich ein Schlagloch befinden, doch die Lebensqualität hier ist hoch. Nachdem der Glücksatlas uns das zum dritten Mal in Folge bescheinigt hat, kann das kein Zufall mehr sein.
Ich sehe ein Land, in dem die Leute sich nicht beschweren, sondern ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Wenn eine Situation schwierig ist, wenn der Wind einem ins Gesicht weht und die See rau ist, dann akzeptieren wir die Gegebenheiten und machen das Beste daraus.
Ich sehe ein Land, in dem schon ganz viel passiert, in dem ganz viel richtig läuft: Die Straßen werden saniert, zum Beispiel auf meiner Standardstrecke von meinem zu Hau- se in Pinneberg nach Kiel. Das UKSH wird endlich auf Vordermann gebracht. Die U3-Betreuung wird ausgebaut. Die Frauenhäuser erhalten 2016 162.000 Euro mehr und 2017 324.000 Euro. Die Grundfinanzierung der Hochschulen wird 2016 um zehn Millionen und bis 2019 um 25 Millionen Euro angehoben. Die Wirtschaft produziert für alle Welt – oft Spitzenprodukte. Die Natur ist bei uns ein Standortfaktor und durch Stärkung des Naturschutzes sorgen wir dafür, dass es auch so bleibt. Bei der Windkraft und Energiewende sind wir ganz vorne.
Wenn ich rausgehe und mit den Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern re- de, bekomme ich wahrlich nicht den Eindruck, dass es mit diesem Land bergab geht.
In den letzten Wochen war ich in den Unterkünften für Geflüchtete, auf Bürgerversammlun- gen und ich habe in einigen Orten meinen grünen Stand aufgebaut um mit den Leuten auf der Straße ins Gespräch zu kommen. Ich wollte wissen, wie die Menschen die neue Situa- tion aufnehmen, mit den vielen Geflüchteten, die hier ankommen und ab jetzt hier leben.
Vieles klappt schon sehr gut. Es gibt eine große Solidarität und Hilfsbereitschaft. Zahlreiche Menschen packen ehrenamtlich mit an. Dieses tolle Engagement wollen wir weiter stärken und deswegen haben wir auch 2,7 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt mit denen Ko- ordinierungsstellen, ehrenamtliche Initiativen und Vormundschaftsvereine unterstützt wer- den.
Doch es gibt auch Bedenken, Ängste und Vorurteile. Es gibt Alteingesessene, die nicht ver- stehen, dass die Flucht kein Urlaub und kein Vergnügen ist, sondern fast immer ein Akt der Verzweiflung. Menschen, die ihre vertraute Umgebung, ihre eigene Sprache und ihre Fami- lienmitglieder zurücklassen, machen das nicht ohne Grund. Wer sich auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer und/oder über die Balkanroute macht, hat meistens keine andere Wahl mehr.
Ein Einwand, den ich in den letzten Wochen auf der Straße des Öfteren gehört habe, lau- tet: Für die Flüchtlinge sitzt das Geld locker. Jahrelang wurde gespart und jetzt auf einmal scheinen die Mittel da zu sein.


2 Und es stimmt ja auch. Wir haben im Haushalt ein Wohnungsbauprogramm von 12 Millio- nen Euro verankert. Wir stellen 280 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer ein, neben den 240 Stellen die ohnehin für 2016 vorgesehen waren. Zudem schaffen wir 2016 und 2017 jeweils 50 weitere Referendariatsstellen und auch bei der Polizei wird das Personal mit 200 Stellen aufgestockt plus 100 zusätzliche Nachwuchskräfte.
Wir verdoppeln die Mittel für die Migrationsberatung.
Im Bereich der Gesundheitsversorgung haben wir zum ursprünglichen Entwurf noch einmal mit rund 11 Millionen Euro nachgelegt, denn auch in den Krankenhäusern müssen jetzt mehr Menschen versorgt werden.
Das alles verstehe ich als Chance. Die Euros, die wir jetzt einsetzen, kommen der ganzen Gesellschaft zu Gute. Der soziale Wohnungsbau ist für alle Menschen, die ein geringes Einkommen haben und die neuen Lehrkräfte an den Schulen sind für alle Kinder da!
Wenn alle Ausgaben im Zusammenhang mit der Versorgung, Unterbringung und Integrati- on von Geflüchteten zusammengezählt werden, ergibt dies einen Betrag von 816 Millionen Euro. Das ist mehr als doppelt so viel wie letztes Jahr! Wir, die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen, stehen hinter dieser Zahl. Wir übernehmen Verantwortung für die Menschen, die zu uns fliehen und die für die Gesellschaft insgesamt.
Wenn das dazu führt, dass der Abstand zur Defizitobergrenze nur noch 39 Millionen Euro beträgt, dann ist das haushalterisch eine bittere Pille, aber menschlich gesehen das einzig Richtige.
Teurer als gute Integration ist keine Integration.
Das sieht auch der Stabilitätsrat so! Unter Kenntnis der beiden Nachschiebelisten zum Haushalt hat er Schleswig-Holstein erneut bescheinigt auf dem richtigen Weg zu sein. Das Sanierungssverfahren kann voraussichtlich, wie geplant, 2017 abgeschlossen werden.
Es bleibt weiterhin unser erklärtes Ziel, die strukturelle schwarze Null bis spätestens 2020 zu erreichen, auch wenn sich die Rahmenbedingungen verändert haben. Die Mehrausga- ben im Flüchtlingsbereich erkennt auch der Stabilitätsrat an. Und offensichtlich ist das auch Konsens im Haus. Ein großes Gut, wenn man in den Süden und Osten der Bundesrepublik schaut oder zu unseren europäischen Nachbarn.
Flucht ist kein Schleswig-Holsteinisches Thema, sondern ein europäisches oder eher glo- bales. Und weil das so ist, können wir gar nicht genau sagen, wie viele Menschen nächstes Jahr auf der Flucht sind und wie viele davon nach Schleswig-Holstein kommen. Es wird entsprechend der Schätzung des Bundes mit einem Zugang von 27.200 Personen kalku- liert.
Wenn jetzt der Vorwurf aus der Opposition kommt, wir würden zu geringe Zahlen ansetzen, muss ich mich schon wundern. Ausgerechnet von Ihnen? Sie haben Anfang dieses Jahres noch unseren Ministerpräsidenten Albig kritisiert, der sich als erstes ehrlich gemacht hat mit den Zahlen.
3 Mit dem Haushalt 2016 setzen wir diese Politik fort. Wir stellen die Mittel transparent ein. Außerdem sagen wir, dass es möglicherweise nicht reicht. Wenn es so ist, dass die Zahlen abweichen von den Prognosen, dann werden wir 2016 einen Nachtragshaushalt aufstellen, so wie wir es auch dieses Jahr gemacht haben. Spätestens dann werden viele andere Län- der ihre Puffer aufgebraucht haben. Dann muss der Bund nochmal nachlegen!
Es ist nicht einzusehen, dass Schäuble mit aller Macht die schwarze Null durchsetzen will, während Länder und Kommunen die nationale Aufgabe bewältigen müssen. 670 Euro Un- terstützung pro Flüchtling sind gut, aber nicht gut genug. Das Gerede von angeblicher Überforderung bei gleichzeitig guten finanziellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf Bundesebene machen wir nicht mit.
In Schleswig-Holstein sind wir von chaotischen Zuständen wie zum Beispiel in Berlin zum Glück ganz weit entfernt. Hier können bis zu 37.000 Menschen in den Erstaufnahmeeinrich- tungen untergebracht werden. Wir haben damit immer noch Puffer zur Bundesschätzung.
Eine besondere Leistung vollbringen die Kommunen und das nicht nur im haushälterischen Sinn. Mit Geld lassen sich nicht automatisch Unterkünfte und Hilfskräfte aus dem Boden stampfen, aber es hilft.
Ich freue mich, dass es vor Verabschiedung des Haushalts noch zu einer Einigung zwi- schen Land und Kommunen gekommen ist und ich finde es richtig, dass wir nochmal nach- legen.
Zukünftig erstattet das Land 90 statt 70 Prozent der Kosten für die Dauer des Asylverfah- rens und die Kommunen erhalten eine Integrationspauschale von 2.000 Euro pro Person. Die Transitstädte Flensburg, Kiel und Lübeck erhalten außerdem jeweils 300.000 Euro vom Land.
Die Kommunen erhalten damit insgesamt noch einmal 11 Millionen Euro mehr. Gleichzeitig setzen wir nach der ersten Evaluation der Verteilung der Mittel des kommunalen Finanz- ausgleichs den neuen Verteilungsschlüssel um. Dadurch wird zwar die Gesamtmasse nicht erhöht, aber wir bleiben dabei, dass die Mittel objektiv und gerecht eingesetzt werden.
Wir unterstützen die Kommunen seit 2012 mit umfangreichen zusätzlichen Mitteln: Wohnungsbauprogramm 12 Millionen Euro. U3-Betreuung aufwachsend auf 80 Millionen Euro. U3-Ausbau 11,5 Millionen Euro. Landesbeteiligung an der Schulbegleitung von rund 26 Millionen Euro. Freiwerdende Betreuungsgeldmittel für Kitas (2016 knapp 10 auf rund 28 Millionen Euro 2018). Die FAG-Masse ist durch Steuermehreinnahmen und strukturelle Aufstockung für Schulso- zialarbeit und Infrastruktur auf rund 1,5 Mrd. Euro angestiegen (2011 rund 1 Mrd.). Erhöhung der Grunderwerbssteuer bringt den Kommunen rund 15 Millionen Euro jährlich.
Und die Liste umfasst noch nicht mal alle Punkte.
Die große Linie, die Mittel im Flüchtlingsbereich und auch andere umfangreiche Ausgaben- blöcke, die wir bereits im Juli geeint haben, wie die Mittel für Hochschulen und das Krip- pengeld, sind eng zwischen Landesregierung und Koalitionsfraktionen abgestimmt.
Wir tragen diese Politik gemeinsam!
4 Deswegen verschieben unsere Änderungsanträge zum Haushalt nicht mehr die ganz gro- ßen Beträge. Trotzdem setzen wir noch einmal wichtige Akzente.
Zum Beispiel mit 100.000 Euro für die Rechtsextremismusprävention.
Zum Beispiel mit der Einrichtung einer Ombudsstelle zum Schutz von Kindern und Jugend- lichen.
Wir Grüne sind außerdem besonders zufrieden, dass nun endlich der oder die Polizeibe- auftragte kommt. Auch wenn wir dafür Kritik einstecken mussten, sind wir weiterhin von dem Konzept überzeugt. In einem geordneten Gesetzgebungsverfahren werden wir eine Anhörung durchführen und weiterhin mit allen Skeptikern im Gespräch bleiben.
Wenn Sie sich einmal das Loblied der Polizeigewerkschaft in Rheinland-Pfalz ansehen würden, dann könnten Sie sich vielleicht durchringen so einem Beauftragten erst einmal ei- ne Chance zu geben.
Warum soll die Bundeswehr einen Wehrbeauftragten haben, aber die Polizei nicht?
Mit Interesse habe ich auch die Haushaltsanträge von CDU, FDP und Piraten gelesen. Dass wir uns grundsätzlich über die Notwendigkeit der Ausfinanzierung des Flüchtlingsbe- reichs einig sind, habe ich bereits positiv herausgestellt. Auch der Wechsel von der Trendsteuerberechnung vom Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse hin zur Bundesme- thode, die uns einen größeren Ausgabespielraum ermöglicht, wird mit Ihren Anträgen zum Haushalt übernommen.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wollen wie immer noch einen drauf set- zen. Wir stellen x Lehrerinnen und Lehrer ein und sie wollen x plus hundert einstellen. Wir schaffen 100 zusätzliche Anwärterstellen bei der Polizei, sie schreiben 200 in ihre Haus- haltsanträge. Das kann man so machen, aber besonders kreativ ist das nicht.
Gleichzeitig streichen Sie die Schulassistenz (genau wie die FDP) um daraus noch mehr Planstellen einzurichten. Gerade jetzt, wenn die ersten Schulassistenzkräfte an die Schulen kommen um die Lehrerinnen und Lehrer entlasten und die Bedingungen für die Inklusion zu verbessern.
Früher wollten sie uns regelmäßig beim Erreichen der schwarzen Null um ein Jahr überbie- ten, jetzt versuchen Sie es eben beim Personal. Ob die ganzen Stellen überhaupt besetzt werden könnten, scheint für Sie überhaupt keine Rolle zu spielen. Die Haushaltsverspre- chungen der CDU sind bekanntermaßen nicht gerade verlässlich.
Wirklich kreativ sind Sie nur mit Ihrer Gegenfinanzierung. Sie lösen notwendige Personal- rücklagen auf und den größten Block, über 50 Millionen finanzieren Sie über eine globale Minderausgabe bei den sächlichen Verwaltungskosten. Das würde massive Kürzungen in allen Bereichen bedeuten, auch bei der Polizei!
Die FDP versucht es immerhin mit Seriosität. Sie wollen mehr und schneller investieren. Sie schichten um, von ÖPNV und Radwegen, zu Straßen. Und auch der Landesbetrieb Stra- ßenbau soll 65 Millionen Euro mehr bekommen. Da zeigt sich die unterschiedliche politi- sche Schwerpunktsetzung.
Klimaschutz ist Ihnen nichts wert! Sie sehen vor lauter Asphalt die Bäume nicht mehr. Die
5 Klimakonferenz in Paris haben Sie wohl verschlafen.
Sie setzen ein kunterbuntes Streichkonzert an, in den Bereichen Kultur, Naturschutz und sogar beim Aktionsplan „Echte Vielfalt“ und bei Planungskosten für Infrastrukturmaßnah- men.
Außerdem fahren Sie volles Risiko. Sie erhoffen sich 16 Millionen Euro Mehreinnahmen bei der Erbschaftsteuer, senken die bereits gekürzten Zinskosten um 40 Millionen Euro und spekulieren bei der Eingliederungshilfe mit Einsparungen von weiteren 40 Millionen. Meine Fraktion hat die Forderung nach einem Prüfrecht des Landesrechnungshofs immer unterstützt, aber es soll eben nicht darum gehen, die Eingliederungshilfe auszuquetschen, die Mittel sollen nur effizienter eingesetzt werden.
Wenn ich durch ein Schleswig-Holstein fahren würde, so wie die FDP es sich wünscht, kä- me ich wohl gar nicht mehr vorwärts. Auf allen Straßen würde gleichzeitig gebaut werden. Es gäbe keine vernünftige Planung vorher und der ÖPNV wäre auch gestrichen.
Überall würden kleine, gelbe Bagger den Weg versperren, womöglich würde Herr Kubicki sogar selbst die Schaufel in die Hand nehmen.
Das Land wäre quasi abgeschottet, es würde Chaos und Stillstand herrschen. Nein, das ist nicht mein Schleswig-Holstein. Das ist nicht das Schleswig-Holstein der Küstenkoalition.
Wenn ich durch unser Schleswig-Holstein fahre, sehe ein Land, das viel zu bieten hat und in dem es voran geht – was die Sanierung der Schlaglöcher angeht, aber auch was die Ge- sellschaft betrifft.
Ich sehe ein Land, das vielfältiger und das jünger wird. Ich sehe, dass hier verschiedene Kulturen miteinander leben können und dass wir, obwohl wir kein reiches Land sind und den Haushalt konsolidieren müssen, die Mittel einsetzen, die notwendig sind, um Schles- wig-Holstein weiter fit zu machen für die Zukunft und die notwendig sind, um Menschen in Not aufzunehmen und zu integrieren.



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