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20.05.15
10:38 Uhr
SSW

Lars Harms: Die Windkraftplanung lebt auch von der Bürgerbeteiligung

Presseinformation Kiel, den 20. Mai 2015

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 12 Landesplanungsgesetz Drs. 18/2983

„Wir gehen einen Zwischenschritt, der auch rechtliches Neuland
und damit Risiko bedeutet. Das Risiko wäre ungleich höher, wenn wir
gar nichts tun würden“



Es ist in der Tat etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man hört, dass es in der Windplanung
nicht rechtlich zulässig ist, den Bürgerwillen zu berücksichtigen. Natürlich ist der Bürgerwille
oder eine Entscheidung eines gewählten Gemeinderates manchmal anders zu bewerten als ein
regelrechter sachlicher Grund. Trotzdem muss man sagen, dass in einer Demokratie der
Bürgerwille oder die Entscheidung einer gewählten Kommunalvertretung eigentlich ein noch
höheres Gut sein müsste, als die reine sachliche Abwägung von reinen sachbezogenen
Ausschlusskriterien. Der Bürgerwille und die Entscheidung der Kommunalvertretung sollten
eigentlich immer einen gewissen Vorrang haben und so auch dazu führen können, dass 2
jenseits von reinen Abwägungsparametern, auch eine politische Entscheidung – legitimiert
durch die Bürgerinnen und Bürger – erfolgen kann.


Das aktuelle Urteil verhindert dies nun ausdrücklich und es wird möglicherweise schwer
werden, hier eine vernünftige Nachfolgeregelung schaffen zu können. Es sollen jetzt in den
nächsten zwei Jahren die planungsrechtlichen Grundlagen neu geschaffen werden, die es nach
Auffassung des SSW auch wieder ermöglichen sollen, dass der Bürgerwille beachtet wird. Ob
dies angesichts des aktuellen Urteils so leicht machbar sein wird, wird die Zeit zeigen müssen.
Jetzt müssen wir allerdings erst einmal handeln, um auch kurzfristig Wildwuchs zu verhindern.


Dabei hatten wir anfangs noch gedacht, dass die Planungsmöglichkeiten der Gemeinden
relativ schnell genutzt werden könnten, um Wildwuchs zu verhindern. Aber wir sind hier
schnell an Grenzen gestoßen. So kostet die neue Überplanung in der Kommune natürlich viel
Geld und dieses Geld muss ja nicht nur einmal ausgegeben werden, sondern mehr als
tausendfach, weil wir ja so viele kleine Kommunen haben. Die Kleinteiligkeit des Landes ist hier
mal wieder ein Hindernis.
Aber auch, dass solche Planungen natürlich gemeindeübergreifend erfolgen müssen und man
natürlich auch Planungen miteinander abstimmen muss, führt nicht gerade zu einer
Erleichterung. Auch hier hätte es beispielsweise in einem Amt von 10 Gemeinden, 10 einzelne
Planungen mit Ausschussberatungen und Anhörungsverfahren gegeben, die dann jeweils
wieder mit den jeweils neun Nachbargemeinden hätten abgestimmt werden müssen. Neben
den 10 Planungen hätte es alleine dort in einer amtsweiten Planung weitere 90
Abstimmungsprozesse geben müssen und manches Mal hätte man sich sicherlich auch über
Amtsgrenzen hinweg absprechen müssen. Dieses Beispiel zeigt, dass es kurzfristig hier kaum
eine Chance gegeben hätte, schnell zu einer landesweit einheitlichen Lösung zu gelangen. Die
Prozesse hätten in unserer kleinteiligen und oft ehrenamtlichen Struktur viel zu lange
gedauert. 3
Deswegen war und ist es richtig, dass das Land nach einer kurzfristigen gesetzlichen Lösung
sucht. Und wir haben die Lösung glücklicherweise auch gefunden. Dabei ist klar, dass das Land
hier rechtliches Neuland betritt. Aber es ist immer so, dass einer den ersten Schritt wagen
muss, und das sind in diesem Fall wir. Dabei ist der vorliegende Gesetzentwurf kein
Windenergie-Verhinderungsgesetz, sondern dieser Weg ist mit der Branche und der
kommunalen Ebene gemeinsam beraten. Wir wollen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass
durch das Urteil kein Wildwuchs entsteht. Deshalb sind raumbedeutsame
Windkraftplanungen für 2 Jahre nicht zulässig. Die bestehenden Anträge auf
Windkraftanlagen können weiter bearbeitet werden und im Einzelfall können diese auch
genehmigt werden. Bei der Genehmigung von bestehenden Projekten gehe ich davon aus, dass
die meisten Planungen ohne Schwierigkeiten umgesetzt werden können. Bei einzelnen
Projekten muss genau geprüft werden, ob diese umgesetzt werden können. Dies wird in einem
rechtsstaatlich sauberen Verfahren erfolgen und wir werden alle Projekte, die jetzt schon
beantragt sind, in den nächsten beiden Jahren abarbeiten und meistens auch umsetzen. In
dieser Zeit werden wir sukzessive neue Planungsvorgaben erarbeiten, die dann auch schon
Stück für Stück in die aktuellen Planungsverfahren einbezogen werden können. Am Ende
werden wir eine Vielzahl von genehmigten Anlagen haben, ohne dass Wildwuchs entstanden
ist und dann werden wir ein neues Planungsrecht schaffen, das rechtssicher ist und hoffentlich
auch Regelungen enthält, die Bürgerbeteiligung wieder möglich machen.


Die Windkraftplanung lebt gerade auch von der Bürgerbeteiligung. Deshalb ist es wichtig, hier
neue gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Damit wir das erreichen können, gehen wir einen
Zwischenschritt, der auch rechtliches Neuland und damit Risiko bedeutet. Das Risiko wäre aber
ungleich höher, wenn wir gar nichts tun würden. Dann würden wir die vielen kleinen
Gemeinden mit ihren Problemen alleine lassen und den Wildwuchs von Windenergieanlagen
Tür und Tor öffnen. Verantwortliche Politik darf das nicht zulassen und muss handeln. Und
genau deshalb handeln wir als Koalition auch.