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20.02.13
15:33 Uhr
CDU

Barbara Ostmeier zu TOP 11 und 21: Der Schnellschuss der Landesregierung ist nicht tragbar

Justizpolitik
Nr. 092/13 vom 20. Februar 2013
Barbara Ostmeier zu TOP 11 und 21: Der Schnellschuss der Landesregierung ist nicht tragbar
Es gilt das gesprochene Wort Sperrfrist Redebeginn
Erlauben Sie mir zu Beginn meiner Ausführungen den Hinweis, dass über die Frage der Notwendigkeit einer menschenwürdigen Unterbringung von sicherungsverwahrten Menschen Einigkeit besteht. Dies ist auch bei der letzten Tagung des Landtages deutlich geworden. Und dass wir zügig dazu kommen müssen, die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für eine, den Verfassungsvorgaben entsprechende Unterbringung zu schaffen, ist ebenfalls Konsens.
Doch gerade hinsichtlich der Frage der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist die Unterzeichnung des Staatsvertrages mit Hamburg durch die Justizministerin zum jetzigen Zeitpunkt eine äußerst fragwürdige Maßnahme, da nicht geklärt ist, ob die Unterbringungsgegebenheiten in der JVA Fuhlsbüttel den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügen, und dies gleich in mehrfacher Hinsicht. Insoweit verwundert die Pressemitteilung der Ministerin vom 07.02.2013, in der sie davon spricht, dass mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages die rechtlichen Grundlagen geschaffen wurden, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen.


Pressesprecher Dirk Hundertmark, Mareike Watolla Landeshaus, 24105 Kiel Telefon: 0431 988-1440 Telefax: 0431-988-1443 E-Mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de


Seite 1/3 Tatsache ist, dass die Fertigstellung der Unterbringungseinrichtungen für Sicherungsverwahrte in Fuhlsbüttel Anfang des Jahres 2011 erfolgte, also vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, so dass dessen Vorgaben in die Planungen nicht eingeflossen sein können.
Mit Beschluss vom 30.11.2011 hat das OLG Naumburg entschieden, dass zur Wahrung des Abstandsgebots jedem Sicherungsverwahrten ein Raum in angemessener Größe zur Verfügung stehen muss. Die Angemessenheit ist dabei vor dem Hintergrund zu bewerten, dass dieser Raum für den Sicherungsverwahrten als Lebensmittelpunkt eine funktionale Bedeutung hat. Das OLG Naumburg hat hierzu geäußert, dass es eine Mindestgröße von 20 qm für erforderlich hält.
Tatsache ist aber, dass die in Fuhlsbüttel zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten lediglich 17 qm aufweisen. Das OLG Naumburg fordert zudem eine eigene Nasszelle mit Dusche für jeden Sicherungsverwahrten.
Tatsache ist, dass diese Ausstattung in Fuhlsbüttel nicht vorhanden ist.
Und auch das OLG Hamburg hat sich zurzeit mit der Beschwerde eines Sicherungsverwahrten zu befassen, der gerade gegen das Fehlen einer eigenen Dusche vorgeht.
Ich möchte an dieser Stelle keine abschließende juristische Beurteilung vornehmen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Ausgestaltung der Unterbringung in Fuhlsbüttel bestehen, die durchaus ernst genommen werden sollten, anstatt sie einfach zu ignorieren.
Ich muss hier die Frage stellen, ob die Ministerin die Gegebenheiten in Hamburg überhaupt einer kritischen Prüfung im Hinblick auf die Umsetzung der Vorgaben unterzogen hat? Oder ob sich die Ministerin damit auseinandergesetzt hat, dass es gerichtliche Entscheidungen oder Verfahren gibt, die eine Signalwirkung haben könnten?
Um dies ganz klar zu sagen: Ich bin nicht gegen eine Kooperation mit Hamburg. Aber das Land Schleswig Holstein, und darauf habe ich bei meiner Rede zu dem Gesetzentwurf über die Sicherungsverwahrung hingewiesen, hat eine Fürsorgepflicht gegenüber den Menschen, die sich in Sicherungsverwahrung befinden. Dies bedeutet, dass wir als Land dazu verpflichtet sind, die Rechte dieser Menschen zu wahren und auch zu schützen. Und aus diesem Grund halte ich eine Unterzeichnung des Staatsvertrages zu einem Zeitpunkt, zu dem ganz erhebliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Unterbringung in Hamburg bestehen, für

Seite 2/3 unverantwortlich.
Im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung des Staatsvertrages stellen sich, abgesehen von der geschilderten Problematik, weitere Fragen:
Nur beispielhaft sei die Frage aufgeworfen, inwieweit sich die Vereinbarung im Hinblick auf § 3 des Staatsvertrages überhaupt als wirtschaftlich darstellt. Denn gerade die möglicherweise erforderliche Überwachung von Personen, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden sowie eine eventuell weiter erforderliche Betreuung sind Kostenfaktoren, zu denen der Staatsvertrag im Hinblick auf den Kostenansatz keine Regelung enthält.
Ebenfalls offen bleibt die Frage, mit welchen Kosten Schleswig-Holstein zu rechnen hat, sollte sich heraus stellen, dass in Fuhlsbüttel Umbaumaßnahmen erforderlich werden, weil die verfassungsrechtlichen Vorgaben doch nicht eingehalten werden.
Wenn es eine Möglichkeit der Kooperation mit Hamburg gibt, die sicherstellt, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten werden und die sich als wirtschaftlich darstellt, halte ich dies für eine gute Sache. Aber der jetzt von der Landesregierung angestrebte Schnellschuss ist so nicht tragbar. Es ist mir völlig unverständlich, wieso die Ministerin keine Bedenken hinsichtlich der Rechtssicherheit hat und es ist mir unverständlich, dass ein anhängiges Verfahren in Hamburg nicht abgewartet, sondern ignoriert wird. Hier ist es dringend erforderlich, dass mit Hamburg Gespräche geführt werden, um in einem geänderten Staatsvertrag die offenen Fragen zu klären und tatsächliche Sicherheit für Schleswig-Holstein und Hamburg zu schaffen.
Die hier an den Tag gelegte politische Hyperaktivität ist mit der Sensibilität des Themas jedenfalls nicht vereinbar.



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