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27.01.06
12:03 Uhr
CDU

Manfred Ritzek zu TOP 32: Preispolitik der Stadtwerke muss sich am Gemeinwohl orientieren

Nr. 38/06 27. Januar 2006


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de
Es gilt das gesprochene Wort Energiepolitik Manfred Ritzek zu TOP 32: Preispolitik der Stadtwerke muss sich am Gemeinwohl orien- tieren
Das Szenario der Energiekosten ist einerseits global, andererseits ist jeder Einzelne davon betroffen.
Am 30. Oktober 2000 hat die EU-Kommission wegen der strategischen Bedeutung für die Versorgungssicherheit eine „Energiepartnerschaft“ mit Moskau vereinbart. Die Ergebnisse dieser Partnerschaft sind deutlich erkennbar. So deckte die EU aus rus- sischen Vorkommen im Jahr 2004 mehr als 30 % ihrer Erdgaseinfuhren und auch mehr als 30 % des Erdöls. Europa hängt, und das wird sich mit der Fertigstellung der 1200 km langen Pipeline von Russland nach Deutschland noch verstärken, am Ver- sorgungshahn Moskaus, das ist unzweifelhaft. Die derzeitigen Berichte über diese Abhängigkeit verschiedener anderer Länder von Russland sind leider nicht gerade beruhigend.
Das ist ein Beispiel für die globale Problematik.
Der Kundenpreis für Strom und Gas ist dann die andere Ebene, die wir unmittelbar als Konsument spüren. In diesem Spannungsfeld bewegt sich jede Energiediskussi- on.
Das Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr hat sich alle Mühe gege- ben, die eigenen Maßnahmen zu beschreiben, die die Verbraucher vor ungerechtfer- tigt hohen Energiekosten schützen sollen.
Die Antworten müssen bescheiden bleiben, der Einfluss der Landesregierung auf die Preise ist begrenzt.
Das Energiewirtschaftsgesetz von 2005, das wir ja auch hier im Plenum behandelt haben, regelt z.B., dass • jedermann Zugang zum Strom- und Gasnetz hat, also Anspruch auf Dienstleis- tung hat, • die Bundesnetzagentur die Netznutzungsentgelte regelt und • die Energiepreise einer kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle unterliegen. Die Strompreisentwicklung wird in der Stellungnahme der Landesregierung beurteilt. Jedoch unterliegt die Entwicklung des Gaspreises derzeit stärker der Beachtung, insbesondere der Kritik.
Für den Gasbereich erfahren wir – wie die Zeitschrift „Brennstoffspiegel“ zum Stich- tag Oktober 2005 für Gaspreise feststellte - dass Schleswig-Holstein 2 % unter dem Bundesdurchschnitt der Gaspreise liegt.
Betrachten wir die Preisbildung beim Erdgas in Deutschland. Diese spielt sich auf drei Ebenen ab:
• Einmal zwischen den Produzenten und den vier großen Erdgasbeziehern in Deutschland. Da Deutschland bei einem Gesamtverbrauch von etwa 80 Milliarden Kubikmeter pro Jahr nur 16 % aus eigenem Erdgasaufkommen deckt, müssen mehr als 80 % durch Importe gedeckt werden: 35 % kommen aus Russland - mit stark steigendem Anteil mit der neuen Pipeline ab 2010 auf 50 %, Norwegen lie- fert heute 24 % und die Niederlande 19 %.
Für die Lieferungen durch die sechs Milliarden Euro teure Erdgasröhre vom russi- schen Ostseehafen Wyberg bei St. Petersburg bis nach Greifswald wird der Gas- Liefervertrag in etwa 2 bis drei Jahren abgeschlossen, wieder mit langfristiger Erdöl-/Erdgaspreis-koppelung von mindestens 20 Jahren.
Dann wird erneut eine heiße Diskussion darüber beginnen: Einige - so auch der Präsident des Bundeskartellamtes Dr. Ulf Böge – sagen, dass auch auf dieser in- ternationalen Ebene die Gas-Ölpreiskoppelung volkswirtschaftlich falsch sei, weil Gas und Öl heute eigenständige Bedeutungen haben bei Ihrer Verwendung in sehr unterschiedlichen Bereichen.
Namhafte Analysten dagegen warnen geradezu vor einer Preisentkoppelung. Denn welcher Investor wäre z.B. bereit, eine Investition von 6 Milliarden Euro für eine Pipeline zu wagen, wenn dieser keine Sicherheit über die Erträge hat, so de- ren Begründung für die Warnung. Darüber hinaus gewähren langfristige Lieferver- träge auch ein hohes Maß an Versorgungssicherheit für das Abnehmerland, be- sonders bei dem hohen weltweiten Energiedurst von Ländern wie China und In- dien z. B.
• Die zweite Ebene der Preisbildung spielt sich zwischen den vier Großabneh- mern und den bundesweit etwa 600 Verteilern wie z.B. Stadtwerken ab:
Hier trumpft das Bundeskartellamt auf und verbietet unter Bezug auf Artikel 81 des EU-Vertrages langfristige Gasliefervertrage zwischen dem Ferngasunter- nehmen weil die Langfristverträge den Zugang anderer Lieferanten, also den Wettbewerb, verhindern. Die Ferngasunternehmen klagen dagegen.
Ob eine 4-Jahreslaufzeit bei 50 – 80 % Abnahmen von einem Ferngasunterneh- men zukunftsweisend, also wettbewerbsfördernd ist, oder eine 2-Jahresfrist ab 80 %, wer weiß das?
Es gibt eine Vielzahl von Argumenten für jede Laufzeit. Eine sichere Preissen- kung jedenfalls ist nicht vorherzusagen. Aber auch hier hat die Landeskartellbehörde keinen Einfluss, da die Bindung des Gaspreises über die Landesgrenzen hinausgeht und in die Verantwortung der Bundeskartellbehörde fällt.
• Die dritte Ebene ist die Preisgestaltung zwischen den Stadtwerken und den Konsumenten. Besonders hier ist unsere Wachsamkeit gefordert, unsere Stel- lungnahme zur Preisentwicklung.
Zu begrüßen ist die Maßnahme der „Landeskartellbehörde für Energie“, von den 39 schleswig-holsteinischen Gasversorgungsunternehmen die Gaspreise zum Stichtag 1. November 2005 anzufordern. 33 Unternehmen hatten sich schon bis Mitte November gemeldet.
Das Ergebnis dieser Abfrage zeigt Handlungsmöglichkeiten, liegen doch bei eini- gen Anbietern die Preisabweichungen zum Landesdurchschnitt (in Abhängigkeit der Bezugsmenge) zwischen etwa 6 und 12 %.
Die Landeskartellbehörde für Energie wird den „Hauptabweichlern nach oben“ besondere Aufmerksamkeit schenken.
Auch dürfen die Anträge der Stadtwerke zur Preiserhöhung nicht „durchgewun- ken“ werden. Das Wirtschaftsministerium wird verstärkt Prüfungen vornehmen, wie ja aktuell geschehen.
Das Tauziehen um höhere Preise muss zum Ergebnis führen, dass die Kunden nicht mehr das Gefühl haben, über den Tisch gezogen zu werden. Die Stadtwer- ke sind das letzte Glied in der Daseinsvorsorge für die Versorgung mit Energie. Das ist eine am Gemeinwohl orientierte Verantwortung, die in der Preispolitik der Stadtwerke auch für die Verbraucher erkennbar sein muss.
Die Energie-Versorgungssicherheit kostet ihren Preis, besonders bei ständig stei- gender internationaler Nachfrage.
Wir müssen wachsam und kritisch bleiben, was sie Preisgestaltung für die Endkun- den betrifft.
Ich beantrage für die CDU-Fraktion die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss.