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16.06.05
10:15 Uhr
CDU

Dr. Johann Wadephul: Schlüssiges Gesamtkonzept statt verfehlter Einzelmaßnahmen

Nr. 152/05 16. Juni 2005


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG Pressesprecher Dirk Hundertmark Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Finanzpolitik TOP 14 Dr. Johann Wadephul: Schlüssiges Gesamtkonzept statt verfehlter Einzelmaß- nahmen Die deutsche Volkswirtschaft befindet sich in ihrer schwersten Krise. Das Potentialwachstum beträgt nicht einmal mehr 1 % p.a. Täglich gehen über 1000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse verloren. Deutschland hat kein Konjunkturproblem, Deutschland hat ein strukturelles Prob- lem. Derzeit finanzieren lediglich 26,2 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte rd. 80 Mio. Bundesbürger.
Wir brauchen Wachstum, nicht nur um die öffentlichen Haushalte zu entlasten, vielmehr brauchen wir Wachstum, um unseren Bürgerinnen und Bürgern eine lebenswerte Zukunfts- perspektive in unserem Vaterland zu eröffnen.
Sozial ist, was Arbeit schafft. Deshalb ist es notwendig, ein ordnungspolitisch fundiertes Ge- samtkonzept zu entwickeln, das endlich die strukturellen Wachstumshemmnisse beseitigt.
Zu diesen strukturellen Wachstumshemmnissen gehören die ständig anwachsenden Lohn- nebenkosten, die ohne fragwürdige Finanztricks, wie das Abschmelzen der Monatsreserve und die fairerweise hinzuzurechnenden Steuerzuschüsse in die verschiedenen Zweige der Sozialversicherung, bereits weit über 20% lägen.
Auch wenn, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte, der Anstieg der Arbeits- kosten in den letzten Jahren moderater als in anderen Ländern erfolgte, so sind diese Kos- ten absolut gesehen sehr hoch. Auch das hat das Statistische Bundesamt festgestellt.
Inzwischen haben dies auch die Grünen in unserem Land erkannt und es mit ihrem Antrag gleich einmal dokumentiert. Herzlichen Glückwunsch!
So richtig das Ziel des Antrages, die Lohnnebenkosten zu senken, ist, so unzureichend ist das dahinter stehende Konzept.
Steuer- und Sozialversicherungssystem werden einmal mehr enger miteinander verzahnt. Eine echte Reform verhindert Umverteilungen im Sozialversicherungssystem und führt den sozialen Ausgleich über das allgemeine Steuer- und Transfersystem, quasi in einem zweiten Schritt, herbei. Dies bringt Transparenz ins Sozialversicherungssystem. Die Versicherungs- beiträge werden von den Bürgerinnen und Bürgern inzwischen als eine Art Flat-Tax wahrge- nommen. Niemand kennt seine individuellen Ansprüche, die eigentlich ein wesentliches Cha- rakteristikum eines Versicherungssystems sind. Gleichzeitig sind diese Ansprüche einer ständigen Manipulation unterworfen. Die Einführung einer Bürgerversicherungssteuer, die wie eine zweite Einkommenssteuer wirkt, verschärft diese Problematik weiter.
Die Herzog-Kommission hat frühzeitig Reformvorschläge für einen Umbau unseres Sozial- versicherungssystems erarbeitet, um die Systeme demographiefest zu machen und gleich- zeitig den Faktor Arbeit zu entlasten. Die CDU hat Vorschläge gemacht, wie eine echte Reform des Steuersystems und eine Re- form des Krankenversicherungssystems auszusehen hat. Mit dem „Konzept 21“ und der Ge- sundheitsprämie liegen mit der CSU abgestimmte Konzepte zum Steuer- und zum Gesund- heitssystem vor.
Der Vorwurf, der Einstieg in die Gesundheitsprämie sei der Ausstieg aus der solidarischen Finanzierung der Sozialversicherungen läuft ins Leere. Die Geschichte vom solidarisch fi- nanzierten Sozialversicherungssystem ist ein schönes Märchen. Die Arbeitgeberanteile sind letztlich Teil einer Art Brutto-Brutto-Lohn, mit dem der Arbeitgeber kalkuliert. Die hälftige Finanzierung ist schon seit dem Bestehen der Sozialversicherungen in Deutschland nichts weiter als Augenwischerei. Das gehört zu den Wahrheiten, die erkannt werden müssen, um eine nachhaltige Reform, die Wachstum und Arbeit schafft und gleichzeitig die soziale Siche- rung unserer Bürgerinnen und Bürger demographiefest macht, durchzusetzen.
Zusammenhangslos isoliert der Antrag der Grünen einen ganz bestimmten Teilaspekt aus der als Gesamtkomplex zu führenden Diskussion, um die Reform unseres Steuer-, Sozial- versicherungs- und Transfersystems.
Die Diskussion darf sich im Hinblick auf den akuten Handlungsbedarf in unserem Land nicht auf Ausschnitte reduzieren. Das ist organisierte Unverantwortlichkeit. Derartigen Bestrebun- gen, die inzwischen nicht nur von Seiten der Grünen zu hören sind, erteilen wir daher eine strikte Absage.
Das deutsche Steuersystem besteht derzeit aus rd. 100 Steuerstammgesetzen, 5.000 Inter- pretationsschreiben des Bundesfinanzministeriums und 96.000 Verwaltungsvorschriften. Die Erhebung der Einkommensteuer kostet jährlich 3,7 Mrd. €. Dieses Dickicht muss gelichtet werden.
CDU und CSU bringen mit ihren zukunftsweisenden Konzepten den Mut auf, umfassende Strukturreformen umzusetzen. Das soziale Sicherungssystem wird erneuert und das Steuer- recht reformiert. Im Gegensatz dazu versuchen die Grünen mit ihrem Antrag das System weiter zu verkomplizieren. Sie führen uns weiter in die Sackgasse.
Die Eckpunkte einer Steuerstrukturreform lassen sich wie folgt darstellen: - radikale Steuervereinfachung - breitere Bemessungsgrundlage, durch Abschaffung von Subventionen und Steu- ervergünstigungen - niedrigere Steuersätze - grundsätzlich rechtsformneutrale Ausgestaltung des Unternehmenssteuerrechtes.
Die Abschaffung von Subventionen und Steuervergünstigungen hat die CDU immer befür- wortet, jedoch nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern, sondern zum Absenken der Tarife, denn eine Absenkung der Vergünstigungen ohne gleichzeitige Tarifsenkung ist faktisch eine Steuererhöhung, die wir ablehnen.
Wir wollen erreichen, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land ein ausreichend hohes Einkommen haben, um für sich und ihre Familien zu sorgen, ohne dabei staatliche Hilfen in Anspruch nehmen zu müssen. Sie sollen in die Lage versetzt werden, für die Risi- ken des Lebens die notwendige Vorsorge eigenverantwortlich zu treffen. Das hat auch etwas mit Selbstbestimmung zu tun. Der Teil des Einkommens, der notwendig ist, um den derzeiti- gen und zukünftigen existenznotwendigen Bedarf zu sichern, darf nicht der Besteuerung un- terliegen. Ein Eingreifen des Staates darf es nur dann geben, wenn dieser Bedarf nicht gesi- chert ist. Das ist soziales Handeln, gegenüber denjenigen, die ihren Bedarf eigenverantwort- lich sichern können und gegenüber denjenigen, die dazu leider nicht in der Lage sind, sei es auf Grund persönlicher Verhältnisse oder auf Grund der wirtschaftlichen Situation im Land. Eine echte Strukturreform, die umfassend die Probleme des Steuer- und Sozialversiche- rungssystems angeht, wird letzteren Aspekt jedoch entschärfen, denn so werden Wachstum und Arbeitsplätze geschaffen.
Es ist unumstritten, dass langfristig der Fokus auf die indirekten Steuern gerichtet sein muss. Wir werden uns der allgemeinen Entwicklung in Europa nicht verschließen können. In den erfolgreichen Volkswirtschaften Europas haben die indirekten Steuern eine weitaus höhere Bedeutung als hierzulande, die Ertragssteuern eine entsprechend geringere. Ertragssteuern sind für Volkswirtschaften, in denen die Infrastrukturausstattung auf einem vergleichbaren Niveau liegt, der entscheidende Standortfaktor. Wir werden diesen Aspekt bei der Neuorien- tierung unseres Steuersystems beachten. Auch hier gilt, dies wird in einem Gesamtzusam- menhang gestellt. Wir müssen den Wettbewerb auch in diesem Bereich zulassen und uns nicht von der Entwicklung abschotten. Da die Grünen, wie sie uns gestern versichert haben, Streiter für den Wettbewerb sind, haben wir hier wohl Unterstützer.
Eines ist jedoch klar, bei allen Änderungen, auch im Hinblick auf die indirekten Steuern, muss der Faktor Arbeit entlastet werden. Dies kann allerdings nur im Gesamtzusammen- hang mit einer umfassenden Reform des deutschen Steuersystems gesehen werden. Vorei- lige Schnellschüsse sind wenig hilfreich und verunsichern die Menschen noch stärker.
Bevor Steuern erhöht werden, die mit einem vagen Versprechen einhergehen an anderer Stelle zu entlasten, frei nach dem Motto rechte Tasche linke Tasche, müssen alle staatlichen Leistungen überprüft werden, um möglicherweise auf diesem Wege Potentiale für die Sen- kung von Lohnnebenkosten zu erschließen. Bei allen Konsolidierungsmaßnahmen wird die soziale Balance gewahrt werden.
Eine weitere Absenkung des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte darf es nicht geben. Dies würde die überaus stark verunsicherte Binnennachfrage weiter dämpfen. Auch dies gilt es in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.
Wir werden im Bundestagswahlkampf für ein Gesamtkonzept streiten, um die Nachfrage nach Arbeit in Deutschland anzukurbeln.