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16.12.04
10:20 Uhr
CDU

Helga Kleiner: Bundesregierung lässt Senioren in Schleswig-Holstein im Regen stehen

Nr. 583/04 16. Dezember 2004


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Seniorenpolitik TOP 26 Helga Kleiner: Bundesregierung lässt Senioren in Schleswig-Holstein im Regen stehen
Vorweg zwei Bemerkungen:
1. Wenn eine Regierungsfraktion eine Große Anfrage an die von ihr getragene Lan- desregierung richtet und über deren Antwort gut zwei Monate vor der nächsten Landtagswahl im Plenum diskutiert wird, kann und muss die Opposition davon ausgehen, dass die von der Regierungsfraktion erbetenen Antworten in erster Li- nie dazu dienen sollen, die Landesregierung öffentlich in einem guten Lichte da- stehen zu lassen. Kritische Fragen werden also ganz gewiss nicht gestellt.
Andererseits liegt es in einer solchen Situation auch auf der Hand, dass die Op- position bei ihrem Beitrag sich nicht darin erschöpft, in den Jubel der Regierungs- fraktion und der Landesregierung einzustimmen, sondern ihre Aufgabe vornehm- lich darin sieht, auf bewusst oder unbewusst offengelassene Lücken hinzuweisen. Die Hauptlücke in dem Fragenkatalog der Regierungsfraktion besteht darin, dass die Seniorenpolitik hier reduziert wird auf die inner-schleswig-holsteinischen Vor- gänge. Wenn es aber um das Älterwerden in Schleswig-Holstein geht, dann er- folgt es nicht nur unter dem fürsorglich aufgespannten Schirm der rot-grünen Landesregierung, sondern auch unter dem kalten Regen, in dem die rot-grüne Bundesregierung in Berlin die in unserem Land lebenden Senioren stehen lässt. Ich werde auf diesen für das Älterwerden überall in unserem Vaterland wichtigen Bereich später noch eingehen.
2. In den Antworten der Landesregierung wird eine Fülle von statistischen Daten präsentiert. Soweit ich es übersehe, haben die Ministerialbeamten des Sozialmi- nisteriums nicht nur fleißig, sondern auch sorgfältig gearbeitet. Ich will den Beam- ten meine Anerkennung für ihre umfangreiche und genaue Arbeit aussprechen. Wer in der nächsten Legislaturperiode bei der Bearbeitung von seniorenpoliti- schen Themen statistische Einzelheiten braucht, wird hierauf zurückgreifen kön- nen. Doch nun zu den Einzelheiten.
1. zu 1.9., S.20:
Bei den Bevölkerungsdaten und Nationalitäten wird erstaunlicherweise die Türkei als ein südeuropäisches Land bezeichnet. Wenigstens die an den Iran und den Irak angrenzenden türkischen Landesteile gehören nicht zu Südeuropa, son- dern entweder zum Nahen Osten oder zum Vorderen Orient. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Rot-Grün hier eine politische Manipulation vornimmt - ganz im Sinne ihres Wunsches zur Aufnahme der Türkei in die EU. Für so etwas sollte sich eine Landesregierung aber eigentlich zu schade sein.
2. zu 2.1.3. und 2.1.4.; S. 30:
Zum Bereich Private Alterssicherung und Vermögensstruktur älterer Men- schen in Schleswig-Holstein konnte die Landesregierung keine Daten ermitteln. Das ist hoch bedauerlich, denn die regelmäßigen Einkünfte der Seniorinnen und Senioren werden durch das Alterseinkünftegesetz weiter sinken. Daher wäre es für alle Entscheidungen, bei denen es um weitere wirtschaftliche Belastungen der älteren Menschen geht von großer Bedeutung, ob und inwieweit die Senioren auf Altersvorsorge und Vermögen zurückgreifen können.
3. zu 2.2.1.; SS. 32 u. 33:
Zum Konsumverhalten sind die Angaben unzureichend belegt und stammen mehr oder minder nur aus einer allgemein gefühlsmäßigen Bewertung. Sie sagen insbesondere nichts darüber aus, zu welchen Änderungen im Konsumverhalten die vom Bundesgesetzgeber vorgenommenen Mehrbelastungen bisher geführt haben und noch führen werden. Aus meinen vielen Gesprächen mit Rentnern und Pensionären weiß ich, dass sich die älteren Menschen schon jetzt in vielfacher Hinsicht einschränken müssen. Dass man die Senioren ruhig noch weiter als bis- her belasten könne, ist ein Märchen, das auch durch Wiederholung nicht wahrer wird. Es wäre sachangemessener gewesen, die Ergebnisse der nächsten Ein- kommens- und Verbraucherstichprobe abzuwarten.
4. zu 2.2.2.; SS. 33 u. 34:
Das vom Land geförderte Projekt MarktTreff findet unsere Unterstützung. Wir er- blicken in ihm insbesondere auch die Chance für ältere Menschen, in ihrem bis- herigen Wohnumfeld bleiben zu können. Mittelfristig muss auch für dieses Projekt eine Flächendeckung angestrebt werden.
5. zu 2.3.; S. 35 ff und 2.3.7.; S.44; Zum Wohnen im Alter
Ich stimme der Landesregierung ausdrücklich zu, dass das entschuldete priva- te Wohneigentum als wichtigste finanzielle Alterssicherung anzusehen ist. Der Staat sollte sich davor hüten, in irgendeiner Weise zur Sanierung seiner Finanzen hierauf Zugriff zu nehmen.

Die Landesförderung für das Wohnen im Alter sollte beibehalten und wenn ir- gend möglich ausgebaut werden. Sie ist ein wichtiges Instrument, um den wei- teren Zuzug in stationäre Pflegeheime abzubremsen. Einschlägige Förder- maßnahmen entfalten gerade in diesem Bereich eine nachhaltige Wirkung.

Eine besondere Bedeutung haben die Konzepte für alternative Wohnformen. Sie haben ebenfalls eine Entlastungsfunktion im Hinblick auf die Zuzüge in die stationären Pflegeeinrichtungen. Darüber hinaus bilden sie eine wichtige Brü- cke zur Ablösung des Anstaltscharakters unserer Pflegeheime.

Die verstärkte Förderung von alternativen Wohnformen halte ich jedenfalls mit- telfristig für dringend geboten.

6. zu 2.3.5.; SS. 43 u. 44:
Zur Durchschnittlichen Aufenthaltsdauer in stationären Pflegeeinrich- tungen

Nach Auskunft des MDK ist die durchschnittliche Verweildauer im Heim in den vergangenen Jahren gesunken und wird für Schleswig-Holstein auf unter 3 Jahre geschätzt. Hier wäre es für künftige Planungen sehr hilfreich gewesen, genauere Zahlen zu erheben. Zu Recht hat die Landesregierung darauf hin- gewiesen, dass es je nach Region erhebliche Unterschiede gibt. Ich empfehle der Landesregierung, hierzu eine konkrete Nacherhebung vorzunehmen.


7. zu 3.1.; S. 45 – 47: Zur Medizinischen und pflegerischen Versorgung

Zur medizinischen Versorgung älterer Menschen haben wir keine ergänzen- den Bemerkungen zu machen. Auch wir sehen die ärztliche Versorgung der Senioren als ausreichend an. Die von der Landesregierung besonders hervor- gehobene Notwendigkeit, die weitere Entwicklung sorgfältig zu beobachten, sollte zumindest im Hinblick auf die Einrichtung von geriatrischen Abteilungen in der Weise systematisiert werden, dass ein auftretender Fehlbedarf schnell erkannt wird. Zu dieser Forderung sehen wir uns auch deswegen veranlasst, weil die Verlagerung aus dem Krankenhausbereich in den ambulanten Ver- sorgungsbereich ein nach wie vor offenes Problem darstellt.

Beim Übergang von der Krankenhausbehandlung in eine stationäre Pflegeein- richtung sollten die behandelnden Haus- und Fachärzte in einem geordneten und verbindlichen Verfahren eingebunden werden. Wir empfehlen der Landes- regierung dringend, hierfür einen systematischen und fortgesetzten Dialog zwischen den Krankenkassen und der Ärzteschaft anzuregen oder besser noch: zu installieren.

8. zu 3.1.2.; S. 47: Zur Ambulanten Pflege Um langfristig die Möglichkeiten für eine Versorgung zu Hause durch ambu- lante Dienste zu verbessern, müssen nach Auffassung der Landesregierung die Angebote im Umfeld der Pflege noch weiter entwickelt werden. Wir sind der gleichen Auffassung, hätten aber gerne gewusst, welche Maßnahmen die Landesregierung insoweit für dringend notwendig hält und auf welchen Wegen und mit welcher Unterstützung seitens der Landesregierung dies bewerkstel- ligt werden soll.

9. zu 4.1.; S. 60: Zur Altersdiskriminierung

Sie wird aus hier im Einzelnen nicht weiter darzulegenden Gründen zuneh- men. Das Altenparlament allein ist nach unserer Auffassung kein ausreichen- der Seismograph. Es sollte nach unserer Meinung ein „Meldetelefon für Al- tersdiskriminierung“ versuchsweise eingerichtet werden.


10. zu 5.2.,; SS. 85-87: Zu Stationäre Hospize und palliative Versorgung

In unserem Land gibt es vier stationäre Hospize mit insgesamt 49 Plätzen. Die Landesregierung meint, dieses Angebot sei ausreichend. Das ist heute jedoch nicht mehr der Fall. In der Fachwelt geht man davon aus, dass für jede Million Einwohner 50 stationäre Hospizplätze notwendig sind. Also für Schleswig- Holstein nicht 49 Plätze, sondern mindestens 125. Natürlich gibt es insoweit regionale Unterschiede. Also empfehlen wir der Landesregierung zunächst, in einer Nacherhebung sorgfältig den tatsächlichen Bedarf festzustellen.

Was schließlich die palliativmedizinische Versorgung in Schleswig-Holstein betrifft, sind – genauso wie in allen übrigen Bundesländern – auch bei uns weitere Anstrengungen der Landesregierung notwendig. Deutschland ist in der Palliativmedizin nach wie vor fast ein Entwicklungsland. Wird die Palliativme- dizin nicht wesentlich nachhaltiger als bisher gefördert, öffnen wir der aktiven Sterbehilfe Tür und Tor. Hier liegt eine ethische Dimension vor uns, deren Be- deutung in der Tagespolitik immer noch weitgehend falsch bewertet wird.


Was endlich den bundespolitischen Kontext des Älterwerdens in Schleswig- Holstein betrifft, will ich unsere Position nur in zwei Punkten verdeutlichen:

1. Das Alterseinkünftegesetz ist für viele ältere Menschen eine abschüssige Bahn in die Altersarmut – und zwar schon deswegen, weil Rot-Grün sich nicht bereitge- funden hat, das Rentenmindestniveau ausreichend abzusichern. Die einschlägige Regelung hat nur den Charakter einer Appellfunktion.
2. Mit dem Entwurf eines „Verwaltungsvereinfachungsgesetzes“ hat die Bundesre- gierung im Hinblick auf die Pflegeversicherung nunmehr endgültig einen Reform- stop vollzogen. Die dringend notwendige umfassende Reform wird auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben. Das ist in Wahrheit ein sozialpolitischer Skandal. Rot-Grün kneift aus Angst vor der großen Wählergruppe der älteren Ge- neration und die Landesregierung unter der Ministerpräsidentin Heide Simonis schweigt dazu.