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12.11.04
15:13 Uhr
CDU

Klaus Schlie: Polizeiorganisationsgesetz – viele Fragen, keine Antworten

Nr. 538/04 12. November 2004


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Innenpolitik TOP 6 Klaus Schlie: Polizeiorganisationsgesetz – viele Fragen, keine Antworten Die CDU-Landtagsfraktion stand und steht dem angeschobenen Reformprozess hin- sichtlich der Neuorganisation der Landespolizei grundsätzlich positiv gegenüber. Wir haben den parlamentarischen Beratungsablauf konstruktiv-kritisch, aber immer sach- und zielorientiert begleitet.
Das in der ersten Phase der Reformkommission III erarbeitete Grundlagenmaterial ist eine hervorragende Basis für das richtig beschriebene Projektziel, nämlich die Ver- besserung der Effizienz der Polizeiarbeit, durch Umsteuerung von Personal aus den Stabs- und Führungsebenen in die operative Arbeit, die Minimierung des Führungs- und Verwaltungsaufwandes, die Vermeidung von Doppelarbeit und die Verkürzung von Informations- und Kommunikationswegen.
Die CDU trägt auch viele der in der zweiten Phase vorgeschlagenen Maßnahmen mit. Der Wegfall einer Führungsebene ist richtig, die Aufgabenbündelung und Kom- petenzzuweisung der polizeilichen Führung im neuen Landespolizeiamt ist richtig.
Auch die Integration der Wasserschutzpolizeidirektion in dieses Amt und die direkte Anbindung der Wasserschutzpolizeireviere dort ist sachlich sinnvoll – schon an die- ser Stelle sei angemerkt, dass nicht nachvollziehbar ist, warum dieses Modell nicht auch für die Auflösung der Verkehrspolizeidirektion gelten kann.
Ebenfalls für richtig halten wir die Selbständigkeit des Landeskriminalamtes und sei- ne Stellung innerhalb der Aufbauorganisation, was ja schon nach dem BKA-Gesetz auf Bundesebene notwendig ist.
Wir teilen ebenfalls viele der dargestellten Regelungen, die sich aus der umfassen- den Aufgabenkritik ergeben haben.
Der Innenminister hat mehrmals betont, dass alle sogenannten „erwirtschafteten Umsteuerungspotenziale“ der Verstärkung der Polizeiarbeit zugute kommen würden – ja was denn wohl auch sonst? Die Personalstellen in der Landespolizei sind trotz stetig steigender Aufgaben und immer ermittlungsintensiverer Arbeit in schweren Deliktsfeldern um 800 Stellen in- nerhalb der letzten 8 Jahre durch diese rot-grüne Landesregierung abgebaut worden. Diese Rotstrichpolitik bei der Polizei führte einerseits zum Anstieg der Kriminalitäts- häufigkeitszahl in Schleswig-Holstein über dem Bundesdurchschnitt und andererseits zu einer Aufklärungsquote, die weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt.
Lassen Sie mich, Herr Innenminister, an dieser Stelle sehr deutlich sagen, dass die rechnerisch geplante Umsteuerung in den operativen Dienst von bis zu 160 Polizei- beamtinnen und –beamten im Zuge der Umsetzung der Reko III außerordentlich fragwürdig ist. Aufgrund der prekären Situation des Polizeihaushaltes und weiterer Einsparverpflichtungen - u. a. auch über globale Minderausgaben in 2005 - ist der Polizeihaushalt gravierend unterfinanziert oder anders ausgedrückt: Alle Maßnah- men, die im Polizeibereich zusätzlich Kosten verursachen, muss die Polizei selbst finanzieren, was natürlich zu Einschränkungen in den ausgewiesenen Haushaltsan- sätzen führt.
Dies gilt auch für die gerade vorgestellte Beförderungsaktion. Verschonen Sie uns also, Herr Minister Buß, mit der Ankündigung von „zusätzlichem Personal“ im Poli- zeibereich. Die im sogenannten Schwarzpapier dargelegte Personalbedarfssituation im Bereich der Polizei ist und bleibt die „Verwaltung des Mangels“.
Unbefriedigend und weder für uns, noch für einen großen Teil der Landespolizei nachvollziehbar, sind mehrere Problembereiche.
Das Problem der Verkehrspolizeidirektion habe ich bereits kurz angesprochen. Eine Lösung hätte ähnlich der Organisationsform der Wasserschutzpolizeidirektion gefun- den werden können. Eine derartige Eingliederung ins LPA wäre richtig gewesen.
Die Integration der Autobahnreviere in die zukünftigen Flächendirektionen halten wir für falsch, weil dadurch die Qualität der Verkehrssicherheitsarbeit in den Hintergrund gedrückt wird. Der Autobahn als einem besonderen Sicherheits- und Kriminalitäts- raum und der damit verbundenen besonderen qualitativen Herausforderung an das Personal wird nicht Rechnung getragen. Die Integration der Autobahnreviere hat na- türlich eine wechselseitige personelle Verwendung zur Folge. Wir sehen an der jetzi- gen Arbeit der Polizeibezirksreviere, dass ganz oft die wichtige Aufgabe der Ver- kehrssicherheitsarbeit verdrängt wird.
Auf der Strecke bliebe die Spezialisierung und die Qualität der Verkehrssicherheits- arbeit.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die nicht gelöste Schnittstellenproblematik bei den Be- zirkskriminalinspektionen auch aufgrund der fehlenden Deckungsgleichheit mit dem Landgerichtsbezirken. Das Führungsproblem bei einer BKI, die mehrere Regionalbe- hörden umfasst, ist nicht gelöst. Die jetzige Konstruktion erfordert einen erheblich größeren Koordinierungsaufwand. Der Hinweis, Herr Minister, dass eine Verände- rung der kriminalpolizeilichen Struktur auf BKI-Ebene wegen fehlender Daten und Fakten nicht erfolgen kann (siehe Umdruck 15/5018) ist zu billig. Gerade auch dieser Hinweis lässt vermuten, dass der Reko III aus Sicht der jetzigen Landesregierung eine Reko IV folgen wird, die sich eben auch mit der Ebene unterhalb der jetzigen Inspektionen befasst und dann eben auch die operative Ebene der Kriminalpolizei neu organisiert. Die Sorge vieler Polizeibeamter, Kommunalpolitiker und Bürger, dass Sie planen, gerade auch im ländlichen Raum viele kleine Polizeistationen unterhalb der 4- Männigkeit zusammenzulegen, ist somit zu recht begründet. Dies würde dann eben auch die Zusammenlegung von Polizeibezirksrevieren und KP-Dienststellen bedeu- ten – aber vor allem die Präsenz der Schutzpolizei in der Fläche betreffen.
Völlig unbefriedigend ist die Regelung in Bezug auf die neuen Flächendirektionen. Das vorgeschlagene Modell mit 8 Flächendirektionen mag wohl auf den ersten Blick dem Projektauftrag nach einer „maximal möglichen Zentralisierung“ genügen, nicht geklärt ist aber nach wie vor die Auswirkung in der Fläche.
Außer in Nordfriesland – dort bleibt alles so, wie es ist – werden neue problematische Führungsstrukturen entstehen. Es entstehen Personalkörper mit bis zu 800 Perso- nen, die von einer Direktion geführt werden müssen. Dies erfordert unzweifelhaft ei- nen erheblichen Koordinierungsaufwand – die berechtigte Frage von Fachleuten nach der Führungsfähigkeit bleibt unbeantwortet.
Es soll aber nach der Projektzielsetzung nicht nur zu einer „maximalen Zentralisie- rung“ der Behörden kommen, sondern ebenfalls zu einer Qualitätsverbesserung des polizeilichen Aufgabenvollzugs und zu einer Verbesserung der Führung. Bei der eben genannten Führungstiefe bsw. in der neuen Behörde Segeberg / Pinneberg ist das Erreichen dieser Zielsetzungen mehr als zweifelhaft.
Was passiert übrigens in der Polizeiorganisation, wenn Neumünster tatsächlich als „große kreisangehörige Stadt“ in den Kreis Segeberg integriert wird?
Ebenfalls völlig ungeklärt ist, wie sich das geplante 8 + 1 Modell auch in Bezug auf die Führung mit dem geplanten Modell von vier Einsatzleitstellen nach Einführung des Digitalfunks vereinbaren lässt. Viele Fragen, keine Antworten.
Angeblich ist ja nach genauen Berechnungen das auch in der Diskussion befindliche 13 + 1 Modell personalintensiver als das 8 + 1 Modell. Angeblich werden 50 Stellen mehr für die operative Arbeit freigesetzt. Allerdings gibt es ebenfalls Berechnungen aus dem Bereich der Landespolizei, die zu dem Ergebnis kommen, dass das 13 + 1 Modell, selbst bei großzügiger Personalunterlegung für die zu leistenden Aufgaben, nicht mehr Personal erfordert als aktuell für das 8 + 1 Modell vorgesehen ist.
Die vom Innenminister vorgelegte Argumentation im Umdruck 15/5121 überzeugt uns nicht. Die auch im Bericht dargestellte Aussage, dass das 8 + 1 Modell auch im Sin- ne einer „prozesshaften Organisationsentwicklung“ richtig sei, ist aus unserer Sicht ein Hinweis darauf, dass gepaart mit der Planung, 4 zentrale Einsatzleitstellen zu installieren, auch diese 8 Flächenbehörden nur eine Zwischenstufe sind.
Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, dass auch die Vielzahl von Verord- nungsermächtigungen im POG an wichtigen Punkten keine Basis für eine vorbehalt- lose Zustimmung zu diesem Gesetz ist. Die CDU lehnt in Abwägung aller Argumente das Gesetz in der vorliegenden Fassung ab.