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10.11.04
15:17 Uhr
CDU

Brita Schmitz-Hübsch: Die Kreditversorgung des Mittelstandes muss im Mittelpunkt stehen

Nr. 523/04 10. November 2004


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Wirtschaftspolitik TOP 21 Brita Schmitz-Hübsch: Die Kreditversorgung des Mittelstandes muss im Mittel- punkt stehen Die Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums haben mit der Beantwortung der Großen An- frage der SPD eine fleißige Arbeit vorgelegt. Dafür sage ich ihnen meinen Dank!
Die Fragen drehen sich im Kern um zwei Punkte: 1. Wie ist es um das Drei-Säulen-Modell der Kreditwirtschaft in Schleswig-Holstein in den letzten fünf Jahren bestellt? 2. Woher bekommt der Mittelstand in Zukunft seine notwendigen Finanzierungsmittel?
So ganz nebenher sollte wohl auch der öffentlich-rechtliche Teil der Kreditwirtschaft durch die Fragen von Lothar Hay in ein günstiges Licht gestellt werden. Ein Beispiel ist die Frage nach den Stiftungen im Eigentum der Kreditwirtschaft. Hier punkten natürlich die öffentlich- rechtlichen Banken, die ja bislang kein Eigenkapital für ihre Anteilseigner verzinsen muss- ten.
In den weiteren Antworten des Wirtschaftsministeriums zeigt sich jedoch, dass der Ver- such, die privaten Banken anzuschwärzen, nicht erfolgreich ist. Die privaten Banken unter- scheiden sich in ihrer Entwicklung wenig von den Sparkassen und Genossenschaftsban- ken: Alle mussten Filialen schließen, alle hatten Rückgänge in der Beschäftigung zu ver- zeichnen, bei allen waren die Gewinne rückläufig, wie man den Steuerzahlungen entneh- men kann.
Auch der Versuch, über die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze am Image der Privat- banken zu mäkeln, schlägt fehl, denn es gibt keine Angaben über Schleswig-Holstein. Dies ist bedauerlich, aber daraus darf man nicht schließen, dass diese Unternehmensgruppe hinter der bemerkenswerten Ausbildungsleistung der Sparkassen zurückbleibt.
Ebenso nicht erfolgreich ist die Frage nach einer angeblichen Empfehlung des Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Banken, Dr. Breuer aus dem Jahre 2002, die Zinssen- kung um 0,5% der EZB nicht an die Kunden weiterzugeben. Das Ministerium berichtet, dass das Bundeskartellamt seine Untersuchungen gegen Dr. Breuer einstellen musste. Leider erwähnt der Bericht nicht, dass Dr. Breuer 2002 seine Bemerkung lediglich im Zu- sammenhang mit der betriebswirtschaftlichen Situation der Institute gemacht hatte. Die Landesregierung erklärt dazu, sie habe mehrfach an die Kreditinstitute appelliert, die Senkung der Leitzinsen an die Kreditnachfrager weiterzugeben. Gut gebrüllt, Löwe, kann ich da nur sagen! Den Kreditinstituten ging es im Jahre 2002 schlecht, abzulesen an den Steuerzahlungen der Kreditinstitute mit Sitz in Schleswig-Holstein: Beim öffentlich-rechtlichen Sektor waren die Steuerzahlungen im Vergleich zu 1998 hal- biert, bei den Genossenschaften um zwei Drittel zurückgegangen, bei den privaten Banken um 100% reduziert.
Wie kommt die Landesregierung dazu, Unternehmen Ratschläge in Bezug auf ihre Preis- gestaltung zu erteilen? Es gibt ja schon eine Auflage, die die Institute „freiwillig“ erfüllen, die sie aber viel Geld kostet: Das ist die Aktion „Girokonto für Jedermann“. Bei einem solchen Kontraktionszwang müssten die Kosten eigentlich von der Landesregierung ausgeglichen werden. Tun Sie das, Herr Wirtschaftsminister?
Seit gut 20 Jahren sinkt die Ertragslage in der deutschen Kreditwirtschaft. Betrachtet man die Eigenkapitalrentabilität der deutschen Kreditinstitute im internationalen Vergleich von 14 Ländern, so liegt Deutschland auf dem letzten Platz.
Seit etwa 1999 hat jedoch ein bemerkenswerter Konsolidierungsvorgang im deutschen Fi- nanzsektor eingesetzt, was zwingend notwendig war. Nach dem Urteil der Ratingagenturen gilt das Kreditgeschäft als ertragsschwach und risikobehaftet. „Das Kreditgeschäft macht etwa einen Anteil von 48% am Gesamtgeschäft der deutschen Banken aus, erzielt aber nur einen Ertragsanteil von ca. 8%.“ Zyniker meinen, dass die Diskussion um Basel II und das verschärfte Rating der Kunden für die deutschen Banken zur rechten Zeit gekommen sei, um von ihren eigenen Ertragsproblemen abzulenken.
Unsere große Sorge muss aber den Kunden gelten. Auch wenn inzwischen neue Finanzie- rungsprodukte entwickelt wurden und Leasing und Factoring wie auch zunehmend Beteili- gungen auf dem Vormarsch sind, bleibt das wesentliche Finanzierungsinstrument des Mit- telstandes der Kredit. Dies gilt insbesondere für Kreditbedarfe mit einem Volumen von we- niger als 1 Mio. Euro. Der Mittelstand ist existentiell auf die Kreditwirtschaft angewiesen!
Bundesbank und Sparkassen behaupten, es gebe genügend Kreditangebot, aber nicht ge- nügend Nachfrage. Dem stehen Äußerungen aus der Privatwirtschaft entgegen. Die Handwerkskammern Flensburg und Lübeck stellen fest, dass der Bedarf bzw. die Nachfra- ge nach Krediten weiterhin vorhanden sei. „Richtig sei, dass das Angebot der Kreditwirt- schaft an den Mittelstand grundsätzlich rückläufig sei.“
Ähnlich äußern sich der Einzelhandelsverband Nord-Ost e.V., der Landesverband der Frei- en Berufe und die Steuerberaterkammer. Letztere konstatieren, dass sich vor allem die großen Privatbanken aus der Finanzierung der Freien Berufe in erkennbarem Umfang zu- rückgezogen hätten, was auf die regionalen Kreditinstitute nicht zutreffe. In diese Richtung zielt auch eine Meinungsäußerung der Bundesbank, die davon ausgeht, dass die flächen- deckende Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft, nicht zuletzt durch den Bei- trag der Sparkassen und Genossenschaftsbanken, gewährleistet sei.
Aber diese Auffassung wird von der Privatwirtschaft nicht durchgehend bestätigt. Der Wirt- schaftsverband Handwerk berichtet, dass nicht nur Geschäftsbanken, sondern auch Spar- kassen, Volks- und Raiffeisenbanken vielfach die Kreditlinien gekündigt haben. „Unterneh- men und Wirtschaftsorganisationen berichten einhellig über eine schwieriger werdende Kreditversorgung, zurückhaltende Kreditvergaben durch die Banken und kritische Finanzie- rungsbedingungen.“ Die Steuerberater- und Handwerkskammern sowie der Bund der Selb- ständigen sehen sogar eine kritische Situation.
In einer Umfrage der KfW heißt es am Ende, dass in vielen Fällen immer noch der Kredit- zugang das eigentliche Problem darstelle. 38% aller Unternehmen geben an, dass das Problem darin bestehe, überhaupt noch Kredite zu erhalten. Besonders betroffen sind hier die Baubranche und das Handwerk.
Die Landesregierung hat versucht zu handeln und gemeinsam mit ihren Förderinstituten Investitionsbank, Bürgschaftsbank und Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Produkte entwickelt, die besonders den bedrängten KMU zu Hilfe kommen sollen. Dies ist grundsätz- lich lobenswert. Es ist aber die Frage, ob diese Maßnahmen ausreichen.
Zum Schluss möchte ich zwei positive Erkenntnisse aus der Anfrage ansprechen: Erstens. Mein besonderer Dank gilt dem Wirtschaftsminister. Er hat nämlich in Sachen HSH Nord- bank für eine vorzügliche Transparenz gesorgt. In der Antwort werden die Ratingagenturen erwähnt, die bemängeln, dass die HSH Nordbank einen zu hohen Anteil von Stillen Beteili- gungen im Verhältnis zum Stammkapital aufweise. „Dieser Bewertung soll durch eine Wandlung von Stillen Einlagen in Stammkapital Rechnung getragen werden, an der sich alle Anteilseigner gleichgerichtet beteiligen sollen.“
Eine Nachfrage bei unseren Finanzpolitikern ergab, dass dieses Vorhaben am vergange- nen Donnerstag Gegenstand der geheimen Beratung im Unterausschuss Beteiligungen gewesen sei und weiter in vertraulicher Sitzung im Finanzausschuss. Fünfmal seien sie vergattert worden, um Himmels willen nicht darüber in der Öffentlichkeit zu sprechen.
Herr Minister Rohwer, ich habe damals gegen die Einsetzung dieses Unterausschusses gestimmt, weil dadurch die Rechte der Abgeordneten beschnitten werden. Ich danke Ih- nen, dass Sie in Ihrer Offenheit uns nun alle informiert haben!
Zweiter Punkt. In der Antwort heißt es: „Die Bedeutung Schleswig-Holsteins als Finanz- platz ist als regional begrenzt anzusehen.“ Das ist natürlich bedauerlich für ehrgeizige Poli- tiker, die im großen Konzert mitmischen wollen. Aber es gibt Gott sei Dank eine Ausnah- me: Die einzige Filiale einer ausländischen Bank befindet sich in Flensburg, wo die Syd- bank A/S, Apenrade, Dänemark eine Filiale unterhält. Damit hat sich Flensburg zum einzi- gen internationalen Finanzplatz in Schleswig-Holstein gemausert! Darauf bin ich richtig stolz!