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10.11.04
12:05 Uhr
CDU

Jost de Jager: Hochschulen sind überreguliert und unterfinanziert

Nr. 519/04 10. November 2004


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24105 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Hochschulpolitik TOP 3 und 8 Jost de Jager: Hochschulen sind überreguliert und unterfinanziert Bei der Vorstellung des neuesten Hochschulrankings des Centrums für Hochschul- entwicklung (CHE) sagte der CHE-Leiter Detlef Müller-Böhling: „Der föderale Wett- bewerb zwischen den Ländern um die besten Hochschulen ist in vollem Gange“.
Das ist das, was wir wollen. Wir wollen einen bundesweiten Wettbewerbsföderalis- mus in der Bildungspolitik und für die Hochschulen. Was uns allerdings Sorgen macht, ist das regelmäßige schlechte Abschneiden Schleswig-Holsteins in den Hochschulrankings. Seit Jahren liegt Schleswig-Holstein Mal ums Mal hinten, sei es beim Stifterverband der Deutschen Wirtschaft – das uns eines der rückständigsten Schulgesetze bescheinigt hat – oder wie in diesem Fall beim CHE. Bei diesem Ran- king in den Kategorien Studierendenzufriedenheit, Studiendauer, Reputation und Forschung landet Schleswig-Holstein auf dem vorletzten Platz. Besonders besorg- niserregend ist dabei: In der Kategorie Reputation liegt Schleswig-Holstein sogar auf dem allerletzten Platz. Oder anders formuliert: Unter allen Bundesländern hat der Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein das schlechteste Ansehen.
Schlechter kann eine Landesregierung nicht dastehen. Nicht am Ende einer Legisla- turperiode und nicht am Ende von 17 Jahren Verantwortung für die Hochschulen im Lande. Wenn keine Fakultät im wissenschaftlichen Ansehen einen Spitzenplatz ein- nimmt, dann liegt das nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der einzelnen Hochschu- len, sondern an den Rahmenbedingungen, die die Hochschulen in Schleswig- Holstein vorfinden.
Und wie sind diese Rahmenbedingungen: Die Hochschulen in Schleswig-Holstein, das ist mehrfach schon festgestellt worden, sind überreguliert und unterfinanziert. Ihnen fehlt die materielle Ausstattung zum Arbeiten und die Luft zum Atmen.
Das schlimmste daran ist allerdings, dass es keine Anzeichen gibt, dass sich daran hier im Lande etwas ändern wird. Mit der vorliegenden Mininovelle passiert zwar et- was, aber es geschieht nichts. Die Wettbewerbsbedingungen schleswig- holsteinischer Hochschulen ändern sich jedenfalls nicht. Während andere Bundesländer handeln, während sie ihre Hochschulgesetze refor- mieren, während weitsichtige Bundesländer mehr Handlungsspielräume für sich ein- klagen, bleibt es in Schleswig-Holstein bei der Versteinerung des Hochschulrechts. Doch Sie werden von den Ereignissen überholt. In diesen Tagen hat das Bundesver- fassungsgericht mit der mündlichen Verhandlung der bundesweiten Studiengebüh- renverbots begonnen. Schon im kommenden Jahr wird das Bundesverfassungsge- richt – da bin ich mir sicher – den Ländern das Recht übertragen, Studiengebühren zu erheben. Erneut gehört Schleswig-Holstein hier zu den Reformverweigerern und erneut werden wir erleben, dass andere Bundesländer auf uns keine Rücksicht neh- men.
Wir glauben, dass der Weg zur Wettbewerbsfähigkeit schleswig-holsteinischer Hoch- schulen nur über mehr Eigenverantwortung führt. Wir halten an unserem Gesetzent- wurf fest, weil wir glauben, dass nur mehr Autonomie zu mehr Qualität und besserer Konkurrenzfähigkeit führt. Kernstück unseres Gesetzentwurfes bleibt das Recht der Hochschulen, sich alle Professoren selber aussuchen zu können, nicht nur die C 3- Professuren, und das Recht, sich die Studierenden selber auszusuchen. Wir wollen den Hochschulen die Möglichkeit geben, in den landesweit zugangsbeschränkten Studiengängen 90 % der Studienplätze in einem eigenen Auswahlverfahren zu ver- geben.
Sie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, weigern sich hingegen, un- seren Hochschulen eine solche Kompetenz zuzusprechen und werden mit dieser Haltung von Ihren eigenen Leuten auf Bundesebene überholt. Die Bundesbildungs- ministerin hat sich nämlich bereits mit den Ländern auf eine Neuregelung der Stu- dienplatzvergabe in den bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen (ehe- mals ZVS) verständigt. Die 7. Hochschulrahmengesetzänderung sieht ab dem Win- tersemester 2005 / 2006 vor, dass 20 % der Studienplätze an die Abiturbesten ge- hen, die sich ihre Wunschhochschule aussuchen können, 20 % der Studienplätze nach Wartezeit vergeben werden und die Mehrzahl der Studienplätze, nämlich 60 %, von den Hochschulen selbst vergeben werden können. Und was macht unsere Lan- desregierung: In Schleswig-Holstein haben die Hochschulen für die Studiengänge, bei denen das Land zuständig ist, weniger Auswahlmöglichkeiten als bei den Stu- diengängen, in denen der Bund zuständig ist.
Ihr Verhältnis zur Hochschulpolitik ist zunehmend antiquiert, selbst nach den Stan- dards Ihrer eigenen Bundespartei.
Lassen Sie mich ein Wort zu den Paragraphen des Gesetzes in Bezug auf die Hoch- schulmedizin sagen. Ich bin inzwischen von der Sinnhaftigkeit einer Zentrenbildung überzeugt. Die Zentren werden Arbeitsabläufe vereinfachen. Dass allerdings die zu- sätzlichen Kosten, die durch sie entstehen, am Ende durch Einsparungen in der prognostizierten Höhe mehr als ausgeglichen werden, bezweifle ich.
Ich habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Regierung dem Klinikum eine riesige Schuldenlast aufbürdet, die sich bis 2007 auf rund 100 Mio. € summieren wird. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als fahrlässig zu glauben, mit der Einfüh- rung der Zentren sei bereits ein wesentlicher Beitrag zur Lösung der Finanzprobleme des Klinikums geleistet. Realistisch ist einzig und allein die vorsichtige Ankündigung des Vorstandes des UK S-H in der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf: Das Defizit des Klinikums wird sich weiter erhöhen und – so füge ich hinzu – das Klinikum wird nie in der Lage sein, die aufgelaufenen Schulden jemals wieder auszugleichen. Hier wird das Land als Gewährträger eintreten müssen. Mit der heutigen Abstimmung wird die Muthesius-Schule zu einer Kunstakademie aufgewertet. Wir haben uns, wie schon in der 1. Lesung auch im Ausschuss dafür ausgesprochen und dieser Umwandlung zugestimmt. Die Muthesius-Schule hat lan- ge dafür gearbeitet, gekämpft. Wir wünschen ihr einen guten Weg und viel Erfolg, bei dem, was sie sich vorgenommen hat.
Die Alternativen in der Hochschulpolitik liegen auf dem Tisch. Zumindest was die CDU angeht. Ich bedauere, dass die FDP es im Verlauf dieses Jahres nicht geschafft hat, einen eigenen Antrag zu Papier zu bringen und zu konkretisieren, was sie in der Hochschulpolitik genau will. Deshalb wird die Fraktion der FDP heute nur mit nein abstimmen können.
Die CDU hat hingegen in der Hochschulpolitik den Mut zu Veränderungen und wir haben das Vertrauen in unsere Hochschulen, das sie mehr eigene Verantwortung zur Verbesserung ihrer Leistungen nutzen wollen und werden. Wir haben es in Deutschland jahrzehntelang mit kleinteiligen Vorgaben versucht. Wir stehen für einen Kurs, der es jetzt mit Abbau von Bildungsbürokratie und unnötigen Fesseln versu- chen will. Wir wissen, wir sind auf dem richtigen Weg.