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23.01.04
12:05 Uhr
CDU

Jost de Jager: Eliten – nicht durch Erlass, sondern durch Eigenverantwortung

Nr. 48/04 23. Januar 2004
IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Hochschulpolitik TOP 20 Jost de Jager: „Eliten“ – nicht durch Erlass, sondern durch Eigenverantwortung Seit die Bundes-SPD plötzlich das Thema „Elite“ entdeckt hat, geht es für die SPD hier im Hause um nur zwei Möglichkeiten: 1. Sie gibt zu, dass es eine neue PR-Aktion war oder 2. Sie setzt sich daran, alle ihre Bildungs- und Hochschulprogramme neu zu schreiben, denn ihre bisherige Politik in Schleswig-Holstein und im Bund hat mit Eliteförderung nämlich rein gar nichts zu tun.
Was wir bisher vom Bundeskanzler und Frau Bulmahn gehört haben, ist ziemlich eindimensional, eine Elitenbildung per Scheck aus Berlin. Was die SPD dabei völlig verkennt, ist das Eliten anders entstehen: Sie müssen sich entwickeln und sie müssen nicht nur auf Rahmenbedingungen, sondern auf ein gesellschaftliches Klima treffen, das ihre Entwicklung erst ermöglicht.
Und deshalb lassen Sie mich drei Bemerkungen voranstellen: 1. Elitenbildung ist keine rein organisatorische Frage. Es ist nicht damit getan, dass man eine bestimmte Menge Geld an einen bestimmten Standort kanalisiert und schon hat man Spitzenforschung oder gar eine wissenschaftliche Elite. Nein, Elitenförderung macht einen inhaltlichen Unterschied und setzt den Bruch mit all dem voraus, was vor allem die Sozialdemokraten seit den späten 60er Jahren als Bildungsphilosophie und Bildungsideologie vertreten. 2. Denn Elitenförderung bedeutet, Unterschiede zuzulassen und sie zu akzeptieren. Der Begriff Elite besagt nun einmal, dass es einige gibt, die aufgrund ihrer Begabung und Leistung besser sind als andere. Daraus schlussfolgert, dass man politisch anerkennen und fördern muss, dass zum Beispiel bessere Universitätsinstitute besser ausgestattet werden müssen. Es bedeutet ebenso, dass die besseren Studenten an diesen besseren Instituten studieren und bessere Rahmenbedingungen vorfinden. Wenn wir uns darauf nicht verständigen können, brauchen wir über Elitebildung nicht weiter zu reden. 3. Eliten entstehen nicht durch Erlass, sondern durch Eigenverantwortung des Einzelnen und der einzelnen Einrichtung. Genau genommen sind die Begriffe Elite und Eigenverantwortung untrennbar miteinander verbunden. Niemand wird aus einer reinen Anspruchsmentalität heraus zu einer Elite der Studierenden oder der Wissenschaftler gehören. Eigenverantwortung bedeutet für den Einzelnen und die Einrichtung Entscheidungen selber zu treffen und die Folgen zu verantworten.
Die CDU bekennt sich uneingeschränkt zur Elitenförderung und zur Elitenbildung. In Schleswig-Holstein und in Deutschland muss sich aber noch viel ändern, bis wir tatsächlich zu einer solchen Elitenförderung kommen. Schule
Aufgabe des staatlichen Schulwesens ist es vielmehr, die Wissensgrundlagen zu vermitteln, auf denen sich Leistungseliten bilden können.
Wie weit wir davon entfernt sind, hat vor etwa zwei Jahren PISA gezeigt. Die in der OECD- Studie aufgezeigten Leistungsspektren zeigen: Wir haben ein sehr breites Mittelfeld in den Jahrgängen und wir haben eine sehr kleine Leistungsspitze. Das zu ändern ist Aufgabe einer Leistungsorientierung und Leistungsförderung bereits in der Schule, die wir fordern und die wir wieder einführen wollen.
Dieses geht aber nicht ohne Eltern. PISA hat auch gezeigt, dass Deutschland das Land ist, in dem die Eltern sich am wenigsten um die schulischen Angelegenheiten ihrer Kinder kümmern. Ein solcher Zustand ist nicht länger tragbar.
Zum Prinzip der Eigenverantwortung gehört, dass Eltern die schulische Entwicklung ihres Kindes nicht komplett an die Schule delegieren können. Die schulische Entwicklung ist die ureigene Verantwortung auch und gerade der Eltern. Diese Verantwortung der Elternhäuser müssen wir einfordern und wir müssen sie fördern, indem wir den Wettbewerb zwischen den Schulen verstärken und Eltern eine echte Wahlmöglichkeit geben, auf welche Schule sie ihr Kind schicken wollen.
Zum Prinzip der Eigenverantwortung gehört ebenfalls, dass auch wir als CDU den Schulen mehr Möglichkeiten einer eigenverantwortlichen Selbststeuerung geben wollen. Mehr organisatorische und zum Teil inhaltliche Zuständigkeiten für die einzelnen Schulen machen das System Schule voraussichtlich flexibler. Eltern und viele Schulen wünschen sich mehr Eigenverantwortung.
Unterschiede zu akzeptieren bedeutet aber genauso anzuerkennen, dass Schülerinnen und Schüler unterschiedlich begabt sind. Und wir glauben als CDU weiterhin fest daran, dass das gegliederte differenzierte Schulwesen am besten geeignet ist, Kinder und Jugendlichen begabungsgerecht zu unterrichten und zu bilden. Was dagegen die SPD in dem Entwurf für den Antrag zum Parteitag im März stehen hat, ist das ganze Gegenteil dessen, was die Grundlage für Leistungsorientierung und Leistungsförderung in der Schule ist. Wenn es das erklärte Ziel der SPD ist, zu einer gemeinsamen Schule bis zur 10. Klasse zu kommen, dann können Sie in Ihren Programmen noch so lange über Eliten schreiben, es werden nie Eliten werden. Mit der Einheitsschule reagieren SPD und Grüne nicht auf die Erkenntnisse aus PISA, sondern verwirklichen Bildungsideologien, die sie schon 20 Jahre vor PISA längst hatten. Eine moderne Bildungspolitik ist das nicht!
Hochschule
In den vergangenen Wochen wurde viel über die USA geredet. Allerdings sind Harvard und Yale mit ihren milliardenschweren Stiftungsvermögen kein ernsthafter Vergleich. Statt über den großen Teich sollten wir über die Nordsee blicken und landen dort in GB.
Wenn man sich die London School of Economics (LSE) ansieht, findet man schon eher vergleichbare Strukturen: Die Gebäude versprühen den gleichen spröden Charme, wie deutsche Bildungseinrichtungen und die LSE finanziert sich ebenfalls überwiegend aus staatlichen Zuschüssen. Trotzdem verbucht sie 13 Nobelpreisträger und hat Hoxford überholt. Warum?
- Die staatlichen Zuschüsse werden leistungsbezogen vergeben. - Die LSE erhebt Studiengebühren. - Die LSE kann sich ihre Studierenden selbst aussuchen. Diese Rahmenbedingungen, meine Damen und Herren, können wir unseren Hochschulen derzeit unter Rot-Grün nicht bieten. Deshalb bedarf es, um Spitzenforschung an den Hochschulen mehr als bisher möglich zu machen, einer Reform der Rahmenbedingungen. Genau genommen muss all das eingeführt werden, was die SPD nicht will: - Die ZVS muss abgeschafft werden. - Die Hochschulen müssen in die Lage versetzt werden, sich ihre Lernenden und ihre Lehrenden selber auszusuchen. Notwendig ist ebenso die Übertragung des Zulassungsrechtes auf die einzelne Hochschule und die Option an die Hochschulen, dass sie ihre Professoren und Dozenten selber berufen dürfen.
Hochschulen brauchen selbstverständlich eine gute Grundfinanzierung. Aber: Unterschiede anzuerkennen bedeutet auch zu akzeptieren, dass bessere Hochschulen auch besser finanziert werden. Nur so ist eine Konzentration der Mittel möglich, die für Spitzenforschung dringend erforderlich ist. Dazu müssen immer weitere Teile der Hochschulfinanzierung nach Leistungsgesichtspunkten vergeben werden.
Nach dem derzeitigen System der Hochschulfinanzierung in Schleswig-Holstein macht es hinsichtlich des Landeszuschusses für eine Hochschule keinen Unterschied, ob sie besonders gut oder besonders schlecht ist. Sie bekommt aus Kiel immer das gleiche Geld.
Deshalb wollen wir als CDU-Fraktion erreichen, dass immer weitere Teile der Finanzierung nach festen und transparenten Leistungskriterien verteilt werden. Ich kann mir vorstellen, statt 5 Mio. Euro zukünftig 5 % der jetzigen Mittel für die Hochschulen nach Wettbewerbs- und Leistungsgesichtspunkte zu vergeben.
Zur Eigenverantwortung im Hochschulbereich gehört nicht nur die Autonomie der Hochschulen, sondern auch ein Eigenanteil der Studierenden an den Kosten ihres Studiums. Dies ist zwingend notwendig, um die Studienbedingungen zu verbessern.
Darlehensbegleitende Studiengebühren sind auch nicht unsozial, denn sie beziehen sich nicht auf das Gegenwärtige Einkommen der Eltern, sondern auf das künftige Einkommen der Studierenden. Und deshalb kann man mit Fug und Recht sagen: Studiengebühren sind nicht die Abgabe derjenigen, die am wenigsten verdienen, sondern sie sind in Wahrheit die Beiträge der Begünstigten. Nämlich derjenigen, die hinterher auch sehr viel mehr verdienen werden als weite Teile der Gesellschaft.
Zum Schluss ein weiterer Aspekt: Eliten sind mehr als die Summe hochbegabter Individualisten. Das ist der Denkfehler von Frau Bulmahn, die meint, sie müsste die Bundeslade nur weit genug öffnen und schon kommt Spitzenforschung heraus. Vereinzelte Spitzenforschung macht noch keine wissenschaftliche Elite. Eliten entstehen dadurch, dass sich der Top-Wissenschaftler mit dem Top-Beamten und dem Top-Manager auf einer gleichen Wertebasis über die Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Spitzenleistung verständigen kann. Das heißt: Wir brauchen keine isolierte Wissenschaftselite, sondern wir brauchen gesellschaftliche Eliten und das geht weit über die Weimarer Beschlüsse der SPD hinaus. Wir müssen Bildung dann ganz neu denken und das wird der SPD, gemessen an der derzeit bekannten Beschlusslage, überhaupt nicht gefallen. Der SPD wird es ein wenig so gehen wie dem Zauberlehrling. Sie wird die Geister, die sie gerufen hat, nicht mehr los.