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21.01.04
10:48 Uhr
CDU

Torsten Geerdts: Arbeitsmarktpolitik nur rot-grüne Lyrik

Nr. 27/04 21. Januar 2004
IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Arbeitsmarktpolitik TOP 10 Torsten Geerdts: Arbeitsmarktpolitik nur rot-grüne Lyrik
Als ich die Antwort auf die Große Anfrage zur Arbeitsmarktpolitik bearbeitete, fiel mir ein Zitat des Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement ein. Er sagte am 18. August 2003 wörtlich: „Es gibt keine Volkswirtschaft, die so viel Geld gegen die Arbeitslosigkeit einsetzt wie wir. Und keine ist so erfolglos wie wir.“
Meine Damen und Herren, diese Feststellung des Bundeswirtschaftsministers könnte auch die zusammenfassende Bewertung der Arbeitsmarktpolitik dieser Landesregierung sein.
Nach 15 Jahren Ihrer Beschäftigungspolitik müssen wir leider feststellen, dass wir in Schleswig-Holstein nicht nur eine hohe Arbeitslosenquote, sondern auch eine dramatisch rückläufige Beschäftigung haben. Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit seit über 50 Jahren in Schleswig-Holstein. Überdurchschnittlich betroffen sind Menschen mit geringer Qualifikation. Also genau die Zielgruppe, die angeblich durch die Arbeitsmarktpolitik dieser Landesregierung ganz besonders unterstützt, gefördert, qualifiziert und sozial integriert werden soll.
Im Dezember 2003 – diese Zahl ist mir besonders wichtig – waren 139.601 Menschen bei der damaligen Bundesanstalt für Arbeit arbeitslos gemeldet. Diese fast 140.000 Menschen ohne Beschäftigung müssen wir vor Augen haben, wenn wir die Auswirkungen der rot- grünen Politik des 2. Arbeitsmarktes diskutieren. Ihre aktive Arbeitsmarktpolitik hat aus Sicht der Betroffenen nur wenig erreicht.
Das Programm ASH III lief von 1996 bis 1999. Laut Antwort der Landesregierung bildeten damals alle in Schleswig-Holstein arbeitslos gemeldeten Personen die „Hauptzielgruppe“ rot- grüner Aktivitäten auf dem 2. Arbeitsmarkt. Durchschnittlich nahmen an dem Programm ASH III 9,4 Prozent der Arbeitslosen eines Jahres teil. Davon wiederum wurden 16 Prozent in den 1. Arbeitsmarkt vermittelt.
Rechnet man diese Vermittlungsquote in den 1. Arbeitsmarkt auf alle Arbeitslosen um, so muss man feststellen, dass weniger als 2 Prozent aller Arbeitslosen in dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden konnten.
Meine Damen und Herren, eine derart magere Bilanz konnte nicht ernsthaft als Erfolg der Landesregierung verkauft werden. Aus diesem Grund haben wir ASH III immer deutlich kritisiert. Wir wollten gerade bei dieser Maßnahme eine Nachhaltigkeit des hohen Mitteleinsatzes sichergestellt sehen. Für das Programm ASH III wurden insgesamt 89.281.536,17 Euro an Steuergeldern ausgegeben. Mit diesem Mitteleinsatz haben wir 2 Prozent aller Arbeitslosen in dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gebracht.
Nach heftigen Diskussionen hier im Plenum haben Sie ein Nachfolgeprogramm aufgelegt. Und haben gleichzeitig eine höhere Vermittlungsquote in den 1. Arbeitsmarkt zugesagt. CDU und FDP haben der rot-grünen Landesregierung schon damals empfohlen, sich bei der Förderung auf weniger Gruppen und dafür auf mehr Qualifizierung zu konzentrieren. Qualifizierung ist der Hauptzugangsschlüssel zum Arbeitsmarkt. Dieser Zugangsschlüssel wird noch mehr an Bedeutung gewinnen.
Aber die Landesregierung wischte diese Anregungen vom Tisch und nannte auch beim Programm ASH 2000 alle in Schleswig-Holstein gemeldeten Personen als „Hauptzielgruppe“ ihrer Arbeitsmarktpolitik. Am Programm ASH 2000 nahmen durchschnittlich 5.5 Prozent der Arbeitslosen eines Jahres teil. Erfreulich ist, dass es im Vergleich zu ASH III gelungen ist, die Vermittlungsquote um über 5 Prozent auf 21,6 Prozent aller Teilnehmer in den 1. Arbeitsmarkt zu steigern. Rechnet man diese Zahl aber insgesamt auf alle Arbeitslosen in Schleswig-Holstein um, so ist es mit dem Programm ASH 2000 lediglich gelungen, 1,2 Prozent der Erwerbslosen dauerhaft in Arbeit zu vermitteln.
Für das Programm ASH 2000 mit einer Vermittlung von 1,2 Prozent der Erwerbslosen in dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben wir 121.158.090,43 Euro an Steuergeldern aufwenden müssen. Eine Entlastung des Arbeitsmarktes ist nicht zu erkennen. Ganz im Gegenteil. Und angesichts solcher Zahlen ist es angebracht, die Angemessenheit des Mitteleinsatzes und die tatsächlich erzielten Erfolge kritisch zu hinterfragen.
Und wer angesichts einer solchen Fragestellung von sozialer Kälte redet, der soll es gerne tun. Man muss sich aber auch die Frage stellen, ob man einen solchen Mitteleinsatz verantworten kann. Insbesondere gegenüber Beitragszahlern, Steuerzahlern und Arbeitslosen, bei denen man mit der Ankündigung dieser Programme auch Hoffnungen geweckt hat.
Wer diese Vermittlungszahlen zur Kenntnis nimmt, der stößt unweigerlich auf den Satz von Wolfgang Clement: „Es gibt keine Volkswirtschaft, die so viel Geld gegen die Arbeitslosigkeit einsetzt wie wir. Und keine ist so erfolglos wie wir.“ Dieser Satz gilt im vollen Umfang für ASH III und ASH 2000. Er darf aber nicht für die kommenden Arbeitsmarktprogramme dieser Landesregierung gelten.
Niemand aus den Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sollte mehr als Werbeschlagwort aus den vergangenen Jahren in den Mund nehmen. Es lautete nämlich sinngemäß: „ASH III und ASH 2000 sind die Flagschiffe unserer erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik.“
Meine Damen und Herren, ersparen Sie uns angesichts dieser Antwort auf eine Große Anfrage zur Arbeitsmarktpolitik in Schleswig-Holstein derartige Floskeln. Damit wurden die Arbeitslosen in Schleswig-Holstein verschaukelt.
Meine Damen und Herren der Regierungskoalition, nennen Sie uns doch bitte ganz konkrete Beispiele mit welchen Maßnahmen des Programms ASH 2000 die folgenden von Ihnen formulierten Ziele erreicht worden sind:
Sie wollten als erstes Arbeit schaffen. Ist dieses Ziel erreicht worden, wenn nur 1,2 Prozent aller Arbeitslosen durch Ihr Programm dauerhaft in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden konnten? Für die CDU-Fraktion ist das ein völlig unzureichendes Ergebnis. Die rot-grüne Landesregierung formulierte als weiteres Ziel ihres Arbeitsmarktprogramms, den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein zu stärken. Stärkt man den Wirtschaftstandort Schleswig-Holstein, wenn man durch staatlich unterstützte Arbeitsmarktprogramme dem eigenen Mittelstand Konkurrenz macht? Für die CDU-Fraktion sind die Auswirkungen einer solchen Arbeitsmarktpolitik vollkommen indiskutabel.
Und ich weiß, dass Sie jetzt die Konkurrenzsituation zur privaten Wirtschaft abstreiten werden. Der Protest von der linken Seite kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Daher will ich Ihnen ein ganz konkretes Beispiel nennen:
Der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten weist mich in einem Brief vom 15.12.2003 auf erhebliche Konkurrenzsituationen zwischen Maßnahmen des 2. Arbeitsmarktes und der privaten Wirtschaft hin. Und der Bund der Landschaftsarchitekten nennt Tätigkeiten von Beschäftigungsträgern im Bereich der ökologischen Gestaltung von Schulhöfen, von Schulbiotopen, der gärtnerischen Außengestaltung von Kindertagesstätten und Naturspielräumen.
Und die Landschaftsarchitekten führen weiter aus, dass die freie Wirtschaft sich gegenwärtig nicht gegen die Konkurrenz von mit öffentlichen Mitteln subventionierten Regiebetrieben behaupten kann. Entlassungen sind unausweichlich. Dass sind die Realitäten, dass sind die Auswirkungen dieser Arbeitsmarktpolitik.
Wir haben in Neumünster auch aus diesem Grund eine Konsequenz gezogen, die lautet: Die von der Stadt getragene Beschäftigungsgesellschaft wird im Jahr 2004 aufgelöst. Einzelne bisher in der Regie der Stadt durchgeführte Maßnahmen werden auf die freien Träger übertragen.
Meine Damen und Herren, dass haben wir am 2. Dezember beschlossen. Und es gibt keinen Aufschrei, sondern eine Einsicht. Und zwischenzeitlich sitzen Politik, Unternehmensverband, Handwerkerschaft, IHK und Wohlfahrtsverbände an einem Tisch und entwickeln ein Beschäftigungsprogramm, das insbesondere von Wirtschaft und Mittelstand akzeptiert wird.
Ein weiteres Ziel Ihrer Arbeitsmarktpolitik ist es, Menschen für die Zukunft zu qualifizieren. Das ist aus unserer Sicht die zentrale Aufgabe. Sie ist allerdings auch am Schwierigsten zu lösen.
Ein Großteil von Schulabgängern ist weder ausbildungsreif noch ausbildungsfähig. Und diese unversorgten Schulabgänger sind in der Gefahr eine lebenslange Karriere innerhalb des sozialen Sicherungssystems zu durchlaufen. Von daher wäre es richtig, bei der Neuausrichtung des Arbeitsmarktprogrammes der Landesregierung die Schwerpunkte deutlich auf den Bereich der weiteren Qualifizierung von Schulabgängern zu verschieben.
Und meine Damen und Herren von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, ein weiteres Ziel Ihrer Arbeitsmarktpolitik ist es, „die Nachhaltigkeit als Leitidee der ökologischen und ökonomischen Entwicklung Schleswig-Holstein zu fördern.“ Das ist zwar wunderschöne Lyrik. Sie bringt aber keinen Menschen in Schleswig-Holstein in Arbeit. Sie beglückt ausschließlich die Ideologen, die auf Sprüche immer noch abfahren.
Nennen Sie uns hier und heute 5 konkrete Beispiele Ihrer Arbeitsmarktpolitik, wie Sie durch die Nachhaltigkeit als Leitidee die ökologische und die ökonomische Entwicklung Schleswig- Holsteins ganz konkret fördern konnten.
Für die CDU-Fraktion ist die Antwort auf die Große Anfrage zur Arbeitsmarktpolitik eine nochmalige Bestätigung dafür, dass es richtig und höchste Zeit war, die Zuständigkeit für diesen Fachbereich in das Wirtschaftsministeriums zu übertragen. Die Maßnahmen des 2. Arbeitsmarktes müssen in einer noch größeren Zahl in Beschäftigung des 1. Arbeitsmarktes münden. Und wenn wir das mit diesem Instrument nicht erreichen können, dann muss man andere Ziele in der Politik formulieren und beschließen, die Menschen wieder in Arbeit bringen. Es war richtig, den Schwellenwert für die Anwendung des Kündigungsschutzes von 5 auf 10 Arbeitnehmer bei Neueinstellungen durchzusetzen. Gut wäre es gewesen, wenn man sich auch entschlossen hätte, betriebliche Bündnisse für Arbeit gesetzlich zu regeln. Wir müssen sehr genau beobachten, ob es den Tarifvertragsparteien in den nächsten 12 Monaten gelingt, sich auf eine Balance zwischen Regelungen auf tarifvertraglicher und betrieblicher Ebene zu verständigen.
Und es war richtig und wir freuen uns, dass die SPD am Ende den Weg mitgegangen ist, die Zumutbarkeitsregelungen deutlich zu verschärfen. Damit ist jede Arbeit zumutbar. Die Einschränkung auf tarifliche und ortsübliche Löhne, die den Zugang für Langzeitarbeitslose zum allgemeinen Arbeitsmarkt praktisch versperrt hätte, wurde wieder aufgehoben.
Der FDP-Vorschlag ist richtig, Unternehmen Lohnkostenzuschüsse zu gewähren, die gering qualifizierte Arbeitslose einstellen. Für die Ausrichtung der neuen Arbeitsmarktpolitik dieser Landesregierung ist es wichtig, dass die Zuständigkeit bei Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe von den Kommunen wahrgenommen werden kann. Wir glauben, dass die Sozialämter mit ihrer Nähe zum Klientel eher in der Lage sind, arbeitsfähige Langzeitarbeitslose in den 1. Arbeitsmarkt zu integrieren.
Für diese Zuständigkeit haben wir uns in Schleswig-Holstein über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg eingesetzt. Jetzt sollten wir auch gemeinsam dafür sorgen, dass alle Kommunen dieses Recht auch tatsächlich nutzen.
Grundvoraussetzung ist die Übertragung der Haushaltsmittel von den Arbeitsämtern auf die Kommunen. Die Kommunen erwarten von der Landesregierung, dass die Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe mit einer Ansiedlung bei unseren Sozialämtern Rechnung trägt. Die Kommunalpolitiker müssen jetzt sehr schnell von Ihnen erfahren, Herr Minister Rohwer, welche der bisher 35 Förderinstrumente aus dem Programm ASH 2000 gestrichen werden. Hier ist eine zügige Festlegung der Landesregierung gefragt.
Die CDU-Landtagsfraktion erwartet von Herrn Minister Rohwer einen Kursschwenk in der Arbeitsmarktpolitik. Ein solches finanzielles Desaster mit zweifelhaftem Ergebnis darf dem Parlament nicht erneut vorgelegt werden.