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12.12.03
15:36 Uhr
CDU

Herlich Marie Todsen-Reese: Umweltminister auf der falschen Spur

Nr. 544/03 12. Dezember 2003
IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Umweltpolitik TOP 23 und 25 Herlich Marie Todsen-Reese: Umweltminister auf der falschen Spur „Und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt!“ Das, Herr Minister, ist Ihre Ansage an die Menschen auf Eiderstedt. Das war Ihre zentrale Botschaft auf der Veranstaltung in Garding in der „Dreilandenhalle“ am 26.11.2003.
Kurz zusammengefasst Ihre Alternativen: Entweder flächendeckend, also von allen Landwirten unterzeichnete langfristige – d. h. 25 bis 30 Jahre Laufzeit! – Verträge, sonst „sind wir verpflichtet, Eiderstedt als Schutzgebiet auszuweisen!“ (Zitat aus dem Bauernblatt vom 06.12.2003). Ich nenne das schlicht Erpressung! Mit dieser Positionierung sind Sie ja gar nicht mehr bereit, über die grundsätzliche Frage zu diskutieren, ob Eiderstedt überhaupt ausgewiesen werden muss. Das ist es aber genau, was die Menschen erwarten und dafür gibt es gute Gründe. Ich komme noch darauf zurück.
Warum haben Sie den Menschen auf Eiderstedt nicht ein Angebot gemacht, das für sie auch annehmbar wäre? Das war ein nicht wieder gutzumachender Fehler! Sie haben auf Eiderstedt so viel Porzellan zerschlagen, das ist in Jahren nicht wieder zu kitten.
Kernfrage ist doch, ob Eiderstedt tatsächlich die Kriterien so erfüllt, dass es flächendeckend als Vogelschutzgebiet gemäß Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie zwingend gemeldet werden muss. Kernfrage ist auch, aufgrund welcher Daten und Fakten sowie nach welchen rechtlichen und fachlichen Bewertungen Sie zu der Entscheidung gekommen sind, ganz Eiderstedt als Vogelschutzgebiet melden zu müssen. Leider sind beide Kernfragen, auch durch die beiden dünnen Berichte, die Sie, Herr Minister, nun aufgrund unserer Anträge von FDP und CDU gestern vorgelegt haben, nicht ausreichend beantwortet worden. Statt dessen wird in immer erschreckenderer Weise deutlich, wie unverantwortlich schlampig Sie bisher gearbeitet und argumentiert haben.
Dabei steht der „Fall Eiderstedt“ stellvertretend für die grundsätzlich schlechte Umsetzung von NATURA 2000 in Schleswig-Holstein. Hier drängt sich der Verdacht auf, dass Sie die Unterschutzstellung der Halbinsel Eiderstedt bereits im Kopf hatten, bevor Sie sich über die naturschutzfachliche und juristische Bewertung Klarheit verschafft haben – das war ein Fehler! Offensichtlich hat Sie das Schreiben der EU-Umweltkommissarin Margot Wallström vom 02. April 2003 an den Bundesaußenminister so in Panik versetzt, dass Sie Ihren sonst doch durchaus vorhandenen Verstand verloren haben. Richtig ist, dass die Kommissarin in diesem Schreiben harsche Kritik an der mangelhaften Umsetzung der EU-Richtlinien, insbesondere auch in Schleswig-Holstein, übt. „Die Kommission kann daher heute – mehr als 20 Jahre nach Erlass der Vogelschutzrichtlinie – nicht akzeptieren, wenn Mitgliedstaaten eine unzureichende Ausweisung von BSG (Besonderen Schutzgebieten) mit dem Hinweis auf Erkenntnisdefizite rechtfertigen. Sollten den zuständigen Stellen trotzdem entsprechende Kenntnisse über Vogelvorkommen zur Umsetzung wissenschaftlicher Konzepte fehlen, so können entsprechende Daten zumindest den IBA-Listen entnommen werden“.
Deutlich wird Ihrer Regierung - Frau Ministerpräsidentin – ins Stammbuch geschrieben, dass die bisherigen Meldungen Schleswig-Holsteins keineswegs auf einem systematischen, wissenschaftlichen Konzept beruhen, sondern nach selbst zusammengestellten Prüfkriterien vorgenommen worden sind (S. 43). Dieses wird noch von der Auffassung der Kommission getoppt, wonach „in Schleswig-Holstein noch nicht einmal die eigenen Prüfkriterien angemessen umgesetzt“ wurden.
Das Wallström-Schreiben bietet keineswegs eine zitierfähige Grundlage für die Legendenbildung, dass Eiderstedt flächendeckend unter Vogelschutz zu stellen ist. Richtig ist, dass Schutzmaßnahmen für die Trauerseeschwalbe gefordert werden. Ich zitiere (S. 44): „Nach Kriterium 1, 2, 3, 4, 5 und 7 müssten nach Auffassung der Kommission zum Beispiel die bedeutsamsten Kolonien der vom Aussterben bedrohten, störungsempfindlichen und stark rückläufigen Trauerseeschwalbe innerhalb von BSG gesichert sein. Dennoch ist das größte Vorkommen auf der Halbinsel Eiderstedt mit mehreren in Verbindung stehenden und jährlich wechselnden Kolonien und ein weiteres bedeutsames nahe Heide nicht als Vogelschutzgebiet nominiert worden. Insgesamt befindet sich nur knapp die Hälfte des Bestandes im Land innerhalb von BSG. Das Land soll jedoch aufgrund des Widerstandes von Seiten der Landwirte auf die Meldung dieses Gebietes verzichtet haben.“
Sie haben lange genug Zeit gehabt, sich differenziert damit auseinander zu setzen, wie ein nachhaltiger Schutz der Trauerseeschwalbe sichergestellt werden könnte. Dazu hätten Sie zunächst einmal die erfolgreiche Naturschutzarbeit der Landeigentümer auf Eiderstedt zur Kenntnis nehmen müssen. Diese haben es durch die Schaffung von Sekundärbiotopen erreicht, den Brutbestand auf Eiderstedt von 50 (Artenschutzbericht 1995) auf 66 Brutpaare zu erhöhen. Interessant ist aber auch, dass sich davon zurzeit nur etwa 15 Brutpaare in den Gebieten mit Vertragsnaturschutz aufhalten; die übrigen sich offensichtlich außerhalb dieser Vertragskulisse sehr wohl fühlen.
Ein richtiger Knaller, Herr Minister, ist aber in diesem Zusammenhang das Schreiben vom 22.12.1999 aus Ihrem Hause an den Kreisbauernverband Husum-Eiderstedt, in dem es heißt: „Ihre und die anderen eingegangenen Stellungnahmen haben mich bewogen, noch einmal zu prüfen, ob andere Gebiete außerhalb Eiderstedts möglicherweise geeigneter für die Trauerseeschwalbe sind. Die Prüfung durch die Staatliche Vogelschutzwarte hat ergeben, dass großflächige Gebiete in den Naturschutzkögen, zum Beispiel dem NSG Beltringharder Koog, und den Vorländern der Untereider, zum Beispiel bei Drage, für die Lebensraumansprüche der Trauerseeschwalbe geeigneter sind, weil hier die Entwicklungsmöglichkeiten aufgrund des Landeseigentums und der wasserwirtschaftlichen Möglichkeiten günstiger sind als in Eiderstedt. Deshalb habe ich dem Kabinett vorgeschlagen, auf eine Meldung von Eiderstedt als Vogelschutzgebiet zu verzichten. In seiner Entscheidung am 14.12.1999 ist das Kabinett diesem Vorschlag gefolgt, so dass die Meldung der NATURA-2000- Gebiete an das Bundesumweltministerium Eiderstedt nicht mehr enthalten hat.“ Frau Ministerpräsidentin, können Sie diesen Zick-Zack-Kurs Ihres Umweltministers nachvollziehen? Ich kann es nicht und die betroffenen Menschen vor Ort können es schon gar nicht! Die Menschen brauchen Verlässlichkeit und keine Beliebigkeit und Regierungswillkür.
Es kann nicht angehen, dass sich Ihr Umweltminister wie ein störrischer Maulesel gebärdet, nach der Strategie „Nur keine Schwäche zeigen – hier muss ich jetzt durch!“ Nein, Frau Ministerpräsidentin, störrische Maulesel gehören nicht nach Schleswig- Holstein – schon gar nicht nach Eiderstedt – sie gehören über den Jordan oder in die Wüste!
Darum bekräftige ich noch einmal die Forderung aus unserem Antrag: „Die Identifizierung und Ausweisung der Halbinsel Eiderstedt als Schutzgebiet, gemäß EU- Vogelschutzrichtlinie, auszusetzen, um der betroffenen Bevölkerung Gelegenheit zu geben – binnen einen Jahres – die vorliegenden Daten mit externer Hilfe auf ihre Richtigkeit prüfen zu können.“
Noch ein kurzes Wort zu Ihrer Entscheidungsgrundlage:
1. Sie hätten zumindest die letzten zehn Jahre ausreichend Zeit gehabt, in die Umsetzung von NATURA 2000 sachgerecht und fundiert vorzubereiten. Sie haben diese Zeit nicht genutzt! Dazu hätte insbesondere eine langfristig angelegte Daten- und Faktenerfassung und deren Auswertung und aktuelle Aufbereitung gehört. Rot- Grüne Fehlanzeige!
Und sicherlich wäre es dabei auch sinnvoll gewesen, die Kenntnisse der Menschen vor Ort einzubinden. Eines von vielen Negativbeispielen findet sich in der angefügten Tabelle der Berichte über die Brutvögel auf Eiderstedt. Aus ihr geht hervor, dass hier die Zählungen verschiedenster Jahre von 1996 bis 2003 herangezogen wurden.
2. Bei Ihren Entscheidungen haben Sie von den sehr wohl vorhandenen Ermessensspielräumen bei der jeweiligen Gebietsauswahl und bei den Abgrenzungen keinerlei Gebrauch gemacht. Warum nicht, Herr Minister?
Niedersachsen macht uns vor, dass es auch anders geht. Nach unserer Information vom heutigen Tage wird die niedersächsische Landesregierung keine weiteren Vogelschutzgebiete melden! Vielleicht nehmen Sie dort Nachhilfeunterricht und verabreden eine gemeinsame Strategie gegenüber der EU-Kommission, mit dem Ziel NATURA 2000 vernünftig, sachgerecht und in enger Abstimmung mit allen Beteiligten vor Ort umzusetzen!
Frau Ministerpräsidentin, kümmern Sie sich endlich persönlich um die Umsetzung von NATURA 2000 in Schleswig-Holstein – insbesondere um die verfahrene Situation auf Eiderstedt. Ihr Umweltminister ist nicht mehr in der Lage, der Lage Herr zu werden. Das hat auch der heutige Tag wieder gezeigt. Eigentlich müssten Sie ihn an die Luft setzen; das werden Sie sich angesichts Ihrer absetzungspeinlichen und kostspieligen Bilanz von 16 Ministern und 18 Staatssekretären nicht mehr leisten können. Dann aber setzen Sie ihn wenigstens auf die richtige Spur - wenn Sie es denn können!