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14.11.03
17:03 Uhr
CDU

Sylvia Eisenberg: Landesregierung soll nach "Kopftuchurteil" verf assungskonforme Regelung vorlegen

Nr. 492/03 14. November 2003


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PRESSESPRECHER Torsten Haase Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de

Bildungspolitik TOP 36 Sylvia Eisenberg: Landesregierung soll nach „Kopftuchurteil“ verfassungskonforme Regelung vorlegen Das sog. Kopftuchurteil des BVG vom 24. September 2003 hat eine Reaktion in der Öffentlichkeit hervorgerufen wie selten. Sowohl in den Print-Medien als auch im Fernsehen rief das Urteil eine Flut von Berichten und Meinungsäußerungen hervor, die auch vor den Stammtischen keinen Halt gemacht haben. Ich gehe davon aus, dass Sie alle diese Diskussionen verfolgt haben und mit mir der Meinung sind, dass sich dieses Thema nicht für Stammtischdiskussionen eignet, sondern dass es vielmehr Aufgabe der Politik ist, diese Diskussionen in geordnete Bahnen zu überführen.
Es sind verfassungskonforme Regelungen zu finden, die einerseits abstellen auf die im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgesetzten Werte- und Ordnungsvorstellungen, hier besonders die der Menschenwürde, die der Freiheit der Person und des religiösen Bekenntnisses und die der Gleichheit und Gleichberechtigung von Mann und Frau und die im Art. 20 festgelegten Grundlagen unserer staatlichen Ordnung, wie die der Volkssouveränität und der Bindung aller staatlichen Gewalt an Gesetz und Recht. Zu beachten sind ebenfalls die im § 4 des Schulgesetzes verankerten Bildungs- und Erziehungsziele. Sie sind ausgerichtet (Zitat) „an den im Grundgesetz verankerten Menschenrechten, den sie begründenden christlichen und humanistischen Wertevorstellungen und den Ideen der demokratischen, sozialen und liberalen Freiheitsbewegungen“ (Zitatende). Weiterhin ist die Verpflichtung der Lehrkräfte nach § 83 Schulgesetz, sich an diesen Bildungs- und Erziehungszielen zu orientieren, zu beachten.
Das Kopftuch ist nicht nur ein religiöses Symbol für das öffentliche Bekenntnis zum Islam, sondern es wird von vielen in der letzten Zeit auch zunehmend als politisches Symbol des islamischen Fundamentalismus gesehen, der nicht mit der im GG verankerten christlich humanistischen Werteordnung übereinstimmt. Allein die Zurschaustellung politischer Symbole in der Schule durch Lehrkräfte verletzt den Grundsatz der politischen und weltanschaulichen Neutralität, gefährdet damit die Grundzüge der Erziehung und hat deshalb in der Schule nichts zu suchen. Das Tragen eines Kopftuches lässt außerdem zumindestens die Frage unbeantwortet, ob sich die Trägerin den vom GG und SchulG gesetzten Werte verpflichtet fühlt. Lehrkräfte, ob beamtet oder angestellt, haben im Rahmen ihrer Dienstpflicht gegenüber dem Staat und der Gesellschaft, aber auch gegenüber den Eltern, einen besonderen Auftrag, sie sind Autoritätspersonen, sie haben Vorbild zu sein und sind dem besonderen Erziehungsauftrag gemäß § 4 SchulG verpflichtet. Sie sollen die Kinder und Jugendlichen erziehen.
Schulkinder aber sind für mentale Beeinflussungen durch Autoritätspersonen aufgrund ihrer noch nicht fertig ausgeformten Persönlichkeit besonders zugänglich und in ihrer Entwicklungsphase besonders anfällig für das Nachahmen des Erwachsenenverhaltens. Deshalb tragen gerade die Schulen und ihre Lehrkräfte eine besondere Verantwortung hinsichtlich politischer und weltanschaulicher Neutralität. Wie muss sich ein Mädchen muslimischen Glaubens fühlen, dass das Kopftuch nicht tragen will, etwa weil es sich von ihren Mitschülerinnen äußerlich nicht abgrenzen will oder weil es für einen liberalen Islam eintritt, wie muss sich dieses Mädchen fühlen, wenn es auf eine kopftuchtragende Lehrerin trifft, der von Staats wegen das Kopftuch erlaubt wird?
Wer in unserem Land lebt und in staatlichen Schulen unterrichten will, muss die Verfassung bejahen und aktiv für sie eintreten. Jede Frau kann das Kopftuch tragen, beim Einkaufen, als Mutter, beim Elternabend usw. aber eben nicht als Lehrerin in einer öffentlichen Schule, die unseren Staat repräsentiert und für eine Verfassung eintreten soll, die auch auf Toleranz und Gleichberechtigung von Frau und Mann abstellt. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. Er richtet sich nicht gegen die Muslimi oder Muslima in Deutschland. Sie haben das grundgesetzlich verankerte Recht der freien Meinungsäußerung und der individuellen Religionsausübung und keiner will ihnen das beschneiden. Soweit der Erziehungsauftrag des Staates davon betroffen ist, hat sich dieses Recht an den grundgesetzlich vorgegebenen Werten und am Elternrecht auf Erziehung zu orientieren. Unsere Aufgabe und Verpflichtung ist es, dieses selbstbewusst auch nach außen zu vertreten. Dazu gehört das Verbot von Symbolen wie das Kopftuchtragen durch Lehrerinnen in staatlichen Schulen, von religiösen und politischen Symbolen, die eine nicht auszuschließende Botschaft überbringen, die mit den Grundüberzeugungen der Verfassung nicht vereinbar ist und geeignet ist, den Schulfrieden zu stören.
Ich fordere die Landesregierung daher heute auf, dem Parlament im nächsten Jahr eine verfassungskonforme gesetzliche Regelung vorzulegen und sich dabei auch an den Gesetzentwürfen anderer Bundesländer zu orientieren.