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09.05.03
11:39 Uhr
CDU

Manfred Ritzek:Gottesbezug gehört in Präambel der neuen Europäischen Verfassung

Nr. 205/03 09. Mai 2003


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PARLAMENTARISCHER GESCHÄFTSFÜHRER Heinz Maurus Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de



Europapolitik TOP 26 Manfred Ritzek: „Gottesbezug gehört in Präambel der neuen Europäischen Verfassung“
Der Konvent, der bis Ende Juni dem Europäischen Rat einen einzigen Verfassungsentwurf vorlegen wird, ist in seine entscheidende Phase getreten.
Die zukünftige Kompetenzordnung wird die Kompetenzarten klar definieren müssen. Hier zeichnet sich bereits eine Dreiteilung ab: Eine ausschließliche Unionskompetenz, geteilte Kompetenzen sowie Koordinierungskompetenzen. Von entscheidender Bedeutung wird sein die wirklich ausgeübte Einflussnahme der Länderparlamente bei der Kompetenzausübung und der Kompetenzkontrolle, die ihnen die Gültigkeit des Subsidiaritätsprinzips ermöglicht.
Die institutionellen Reformfragen sind sicherlich die problematischsten. Ich bedaure, dass eine tiefere Betrachtung der bisherigen Conventergebnisse nicht möglich ist, da das Convent-Thema ohne Aussprache in dieser Debatte behandelt wird.
Alles das, was bis zum 20. Juni nicht in dem neuen Verfassungsentwurf an Ergänzung oder Änderung Eingang findet, ist für lange Zeit als Inhalt verloren, so die klare Aussage der deutschen Konventsmitglieder und aller, die sich mit dem Verfassungsinhalt befassen.
Deshalb jetzt die Forderung, den Gottesbezug in der Präambel der neuen Verfassung im Artikel 2 zu berücksichtigen. Diese Forderung wurde bereits erhoben von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen. Auch bisherige und neue Mitgliedsländer wie z.B. Spanien, Polen und Ungarn fordern die Aufnahme des Gottesbegriffs in die Verfassung. Polen begründet das damit, dass mit dem Beitritt Polens eine 1000- jährige abendländische Geschichte in der Verfassung Berücksichtigung finden würde. Positiv zu bewerten ist auch die Ankündigung des Konventspräsidenten Giscard d`Estaing, einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten.
Im Vorfeld der Debatte des Gesamtentwurfs war man sich darüber einig, dass eine in die Verfassung aufzunehmende Werteordnung die geschichtliche Entwicklung Europas widerspiegeln sollte und unbestritten ist die Tatsache, dass bei der geschichtlichen Entwicklung Europas der christliche Glaube eine bedeutende Rolle gespielt hat.
Die neue Europäische Verfassung ist mehr als ein formales, systematisches Dokument über Institutionen, Kompetenzen, Verfahren. Die Verfassung muss auch Ausdruck sein von inhaltlichen Überzeugungen über die richtige Art des Zusammenlebens von Menschen in einem Gemeinwesen mit seiner politischen, rechtlichen und sozialen Ordnung. Die neue Europäische Verfassung bietet eine historische Chance, sich über die von allen Ländern getragenen ethischen Grundlagen des europäischen Projektes zu verständigen.
Deshalb sollte die Europäische Union in der Präambel ihrer Verfassung - neben anderen universellen Werten wie z.B. Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Gerechtigkeit, der Solidarität – ausdrücklich einen Hinweis auf die Verantwortung vor Gott, vor dem Menschen und vor dem eigenen Gewissen vorsehen. Europa darf bezüglich der Werte – etwa durch den Hinweis auf die weltanschauliche Neutralität oder Religionsfreiheit – nicht zur Pluralität nebeneinander stehender Weltanschauungen werden. Europa muss mehr sein als eine Addition verschiedener nationaler und regionaler Kulturen.
Es gibt keine Epoche, die nicht an den geistigen Grundlagen weitergebaut hat. Europa war immer ein Wagnis im Wandel und ist auch deshalb heute ein unvollendetes Projekt, wie es jedem Prozess immanent ist, auch dem europäischen Einigungsprozess.
Die Aufnahme des Gottesbezuges in die Präambel der Verfassung bedeutet nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger auf einen Glauben an Gott oder gar auf ein spezifisches religiöses Bekenntnis verpflichtet werden. Dies wäre angesichts der kulturellen und religiösen Traditionen in Europa absurd, und es würde außerdem im Widerspruch zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen, die ausdrücklich die Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit garantieren. Der Textvorschlag zur Aufnahme in die Präambel schließt alle Menschen in der Europäischen Union ein.
Mit einer solchen Erwähnung ist nicht gesagt, dass die geistige, kulturelle und soziale Prägung Europas exklusiv durch das Christentum erfolgte. Andere Traditionen, die vom Christentum aufgenommen wurden und mit denen es sich auseinandersetzen musste, oder die sich – wie z.B. die Aufklärung – in der Auseinandersetzung mit ihm bildeten, hinterließen tiefe Spuren und haben an der Gestaltung Europas maßgeblich mitgewirkt.
In dem ausdrücklichen auf Gott bezogenen Transzendenzbezug, den wir vorschlagen, würde sich das Bewusstsein von der Vorläufigkeit, Fehlbarkeit und Unvollkommenheit allen menschlichen Handelns, auch des politischen Handelns, widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund würde durch den Bezug auf die Verantwortung vor Gott, den Menschen und dem eigenen Gewissen auf eine außerhalb der Politik liegende letzte Begründung des Daseins und aller menschlichen Bemühungen verwiesen. Als Formulierung für die Aufnahme in die Verfassung schlagen wir den Text der katholischen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche vor. Der lautet:
„Im Bewusstsein der menschlichen Verantwortung vor Gott und ebenso im Bewusstsein anderer Quellen menschlicher Verantwortung sind die Völker Europas entschlossen, eine friedliche Zukunft zu gestalten. Eingedenk ihres geistigen, religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität“.
Nutzen wir den Einfluss unseres hohen Hauses über die deutschen Vertreter im Konvent. Wir können und müssen jetzt die Weichen stellen für eine auch Werte bezogene Europäische Verfassung, die den Gottesbezug für Europa festschreibt.
Ich bitte um Abstimmung in der Sache.