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25.03.03
15:06 Uhr
CDU

SPD und CDU: Drastische Reformen setzen neue Maßstäbe im Parlamentarismus

IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
SPD-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein PRESSESPRECHERIN PARLAMENTARISCHER Petra Bräutigam GESCHÄFTSFÜHRER Landeshaus, Postfach 7121, 24171 Kiel Heinz Maurus Telefon 0431-988-1305/1307 Landeshaus, 24100 Kiel Fax: 0431/988-1308 Telefon 0431-988-1440 E-mail: pressestelle@spd.ltsh.de Telefax 0431-988-1444 Internet: www.spd.ltsh.de E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de Kiel, 25. März 2003

SPD und CDU: Drastische Reformen setzen neue Maßstäbe im Parlamen- tarismus

SPD und CDU im Landtag von Schleswig-Holstein haben sich nach monatelangen internen Beratungen auf drastische Reformen für die parlamentarische Arbeit im Land verständigt. Am Dienstag billigten die Fraktionen der beiden großen Volkspar- teien sowohl die Verkleinerung des Landtages wie auch eine außerordentlich weit- gehende Diätenstrukturreform, die im wesentlichen auf Vorschlägen einer unabhän- gigen Sachverständigenkommission beruht, die unter Leitung des ehemaligen Präsi- denten des Bundesverfassungsgerichts. Professor Dr. Ernst Benda, im Dezember 2001 Empfehlungen zu einer Diätenstrukturreform vorgelegt hatte und sich damit als erstes Parlament Konsequenzen aus dem Urteil des BVerfG vom 21. Juli 2000.
Mit Beginn der 16. Wahlperiode im Jahr 2005 wird der Landtag im Normalfall nur noch aus 69 Abgeordneten bestehen. Die Landesverfassung wird entsprechend ge- ändert. Statt der 45 wird es dann nur noch 40 Wahlkreise geben. SPD und CDU se- hen in dieser Lösung einen richtigen Weg, um dauerhaft einen kleineren Landtag sicherzustellen und gleichzeitig die Präsenz der Abgeordneten in ihren Wahlkreisen im Flächenland Schleswig-Holstein zu garantieren.
Die Erste Lesung der entsprechenden Gesetzesänderungen für die Verkleinerung des Landtages erfolgt in der April-Tagung, die Zweite Lesung soll im Mai durchge- führt werden. Der Wahlkreisausschuss wird dann aufgrund von 40 Wahlkreisen und der neuen Bevölkerungsstatistik eine Neuschneidung der Wahlkreise vorschlagen, die ebenfalls einvernehmlich zwischen CDU und SPD nach entsprechenden parla- mentarischen Beratungen erfolgen soll.
SPD und CDU haben sich, gebilligt durch die Fraktionen, ebenfalls auf eine radikale Reform der Diätenstruktur in Schleswig-Holstein geeinigt. Ziel der beiden großen Fraktionen war es, so weitgehend wie möglich die Vorschläge der Benda- Kommission umzusetzen. 2
Dabei standen vier Grundzielsetzungen im Vordergrund:
!" Weitgehender Wegfall der Funktionszulagen !" Weitgehende Gleichbehandlung der Abgeordneten bei der Grunddiät auf einem angemessenen und bundesweit vergleichbaren Niveau !" Radikale Neuordnung der sozialen Sicherung der Abgeordneten auf der Grundla- ge einer eigenverantwortlichen, privaten Versicherungslösung !" Lösung der Diätenstrukturfragen als Paket bei möglichst umgehender Erfüllung der Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach weitgehender Gleichbehand- lung der Abgeordneten
Die Grunddiät der Landtagsabgeordneten wird entsprechend den Vorschlägen der Benda-Kommission für alle Abgeordneten auf das Niveau einer Richterbesoldung im Land (R2 entspricht den Berufen eines Vorsitzenden Richters am Landgericht) fest- gelegt. Dies entspricht einem Betrag von 5.700 € monatlich, der zu versteuern ist. Funktionszulagen erhalten statt bisher 52 nur noch 12 Abgeordnete. Auch hier halten sich SPD und CDU an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und der Benda- Kommission (Landtagspräsident 80 % der Grunddiät, Vizepräsident 30 %, Fraktions- vorsitzende 80 % und Parlamentarische Geschäftsführer 70 %). Die Funktionszula- gen bewegen sich unterhalb des Benda-Vorschlages. Für die Festlegung der Grunddiät wird eine Anpassungsklausel ins Abgeordnetenge- setz aufgenommen, die der Regelung des Deutschen Bundestages entspricht und die fordert, dass zu Beginn einer Wahlperiode die Anpassung für alle 5 Jahre in ei- nem Gesetz erfolgen muss.
Die Kostenpauschale in Höhe von 818 € soll beibehalten werden, bis es zu einer Än- derung des Einkommensteuergesetzes auf Bundesebene kommt. Die Kostenerstat- tungspauschale ist kein Einkommensbestandteil, sondern dient dem Abgeordneten zum Ausgleich seines mandatsbedingten Aufwandes. Die Fahrtkostenpauschalen werden abgeschafft. Entsprechend dem Vorschlag der Benda-Kommission sollen Fahrten im Wahlkreis gegenüber der Landtagsverwaltung nachgewiesen und pro gefahrenen Kilometer mit 0,30 € erstattet werden. Die gleiche Regelung soll nach den Vorstellungen von SPD und CDU auch für die Fahrten zwi- schen Wohnort und Landtag gelten.
Das bisher gezahlte Tagegeld in Höhe von 20 € je Sitzung wird ersatzlos gestrichen. Bei unentschuldigter Abwesenheit von Sitzungen soll die Kostenpauschale um je- weils 20 Euro gekürzt werden. Bei der Ausgestaltung des Übergangsgeldes soll es eine Abweichung von den Vorschlägen der Benda-Kommission geben. Die Kommis- sion hatte eine Höchstdauer der Weiterzahlung der Grunddiät von 12 Monaten vor- geschlagen; SPD und CDU wollen dies auf 18 Monate statt bisher 30 Monate be- grenzen. Die Benda-Kommission hatte sich an das Kündigungsschutzgesetz und die dort vorgesehenen 12 Monate angelehnt, sie ist allerdings von 4-jährigen Wahlperio- den ausgegangen. SPD und CDU meinen, dass es durchaus sein kann, dass ein Abgeordneter, der beispielsweise 10 Jahre im Parlament war, einen erheblichen Fortbildungs- und Umschulungsbedarf haben kann.
Dies gilt insbesondere auch für selbständig Tätige. Bei vorzeitiger Berufstätigkeit wird das Übergangsgeld entsprechend gekürzt.
Entgegen den bisherigen Vorstellungen haben SPD und CDU nun auch bei der Al- tersversorgung der Abgeordneten vollständig die Vorschläge der Benda-Kommission 3 übernommen. Anders als bei den bisher dargestellten Reformansätzen, die zum 01.06.2003 in Kraft treten sollen, kann dieser radikale Reformansatz erst zur neuen Wahlperiode wirksam werden, weil aufgrund eines Rechtsgutachtens des Wissen- schaftlichen Dienstes für die laufende Wahlperiode ein „Bestands- und Vertrauens- schutz“ gilt.
Die Änderung der Abgeordnetengesetzes, die jetzt beschlossen werden soll, sieht allerdings für alle Abgeordneten für die 16. Wahlperiode für die Altersversorgung ei- ne Absicherung auf der Grundlage eines privaten Versicherungsschutzes vor. Ab der 16. Wahlperiode wird dann die Entschädigung auf 6700,00 € erhöht (Vorschlag der Benda-Kommission: 7.000,00 €), damit die Abgeordneten entsprechend den Vor- schlägen der Kommission für die Altersversorgung mit einer privaten Versiche- rungsgesellschaft, mit der die Landtagsverwaltung einen Rahmenvertrag schließen wird, für ihre soziale Sicherung eigenverantwortlich zuständig sind. Eine derartige Regelung setzt voraus, dass die Abgeordneten entsprechend dem Höchstbetrag für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer 994,50 € ( gerundet 1000 €) monatlich erhalten, um die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile für die Altersversorgung auf- bringen zu können.
Hinzuzurechnen ist nach den Vorgaben der Benda-Kommission noch ein Betrag von 500 € als Ausgleich für die bisher bei Arbeitnehmern üblichen aber für Abgeordnete noch fehlende Möglichkeit des steuerlichen Vorwegabzuges der Grunddiätanteile, die insgesamt voll zu versteuern sind. SPD und CDU werden ihre Anstrengungen erhöhen, auch in diesem Bereich das Einkommensteuergesetz so schnell wie mög- lich zu ändern, dann entfällt auch obiger Betrag. Auch in diesem Punkt entspricht die Beschlusslage von SPD und CDU voll und ganz den Vorschlägen der Kommission.
Das bisherige System der in der Öffentlichkeit stark kritisierten Altersentschädigung ist damit Vergangenheit. Ebenso wird das Sterbegeld und die bisherige Hinterbliebe- nenversorgung entfallen, die ebenfalls durch die o. g. Beträge in einer privaten Versi- cherung abgedeckt werden müssen. Die jetzt beabsichtigten Regelungen sind mittelfristig für das Land Schleswig-Holstein kostengünstiger.
Auch für den Bereich der Krankenversicherung der Abgeordneten hatte die Benda- Kommission eine Versicherungslösung auf privater Grundlage dargestellt. Die Kom- mission hatte dafür auf der Basis des Jahres 2001 einen Betrag von € 463,73 vorge- sehen, dieser Betrag wird heute 500,26 € betragen. Vergessen wurde von der Kom- mission der Pflegeversicherungsanteil in Höhe von € 58,66, so dass ein Gesamtbe- trag in Höhe von € 558,66 monatlich für diesen Bereich hinzuzurechnen wäre. Der bisherige tatsächliche Aufwand für die Abgeordneten nach dem bisher geltenden Recht beträgt auf der Grundlage der Berechnungen der Landtagsverwaltung durch- schnittlich € 195 pro Abgeordneter monatlich. Allein wegen dieses Mehrkostenargu- ments für das Land sehen SPD und CDU derzeit keine Möglichkeit, für diesen Be- reich einen Systemwechsel herbeizuführen. Es soll aber daran gearbeitet werden, bis zum Beginn der 16. Wahlperiode eine kostenverträgliche Lösung für das Land auf der Grundlage der Benda-Kommission zu erarbeiten. 4
Gerade die Neuordnung der sozialen Sicherung stellt eine völlig neue Form innerhalb des Systems des Parlamentarismus in Deutschland dar. Diesen Systemwandel hal- ten SPD und CDU angesichts des Reformbedarfs, der insgesamt in der Gesellschaft bei den sozialen Sicherungssystemen besteht, auch für dringend notwendig. Die Umstellung auf eine Versicherungslösung wird die Landeskasse mittel- und vor allem langfristig erheblich entlasten. Kurzfristig und vor allem in der Übergangsphase sind allerdings teilweise auch Mehrkosten u. a. wegen des rechtlich notwendigen Be- stands- und Vertrauensschutzes unumgänglich. Die Fraktionen von SPD und CDU haben gerade für die Neuordnung der sozialen Sicherung der Abgeordneten intensi- ve Beratungen durchgeführt und umfangreiche Gespräche mit Versicherungs- und Steuerexperten geführt. Es wird nun ein Modell vorgeschlagen, das fast in allen Punkten die Vorschläge der Benda-Kommission 1:1 umsetzt und nicht mehr dem Vorwurf der „Rosinenpickerei“ ausgesetzt ist und außerdem mit der Verkleinerung des Landtages verbunden wird.
Die Fraktionen von SPD und CDU machen abschließend deutlich, dass es aus ihrer Sicht in der laufenden 15. Wahlperiode keine Notwendigkeit für den Landtagspräsi- denten mehr gibt, einen weiteren Bericht zur Anpassung der Diäten vorzulegen. In den letzten 6 Jahren hatten die Abgeordneten auf eine angemessene Diätenerhö- hung mit Blick auf die Diätenstrukturreform ohnehin verzichtet und nur einen Inflati- onsausgleich beschlossen oder eine Nullrunde eingelegt.