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19.02.03
15:34 Uhr
CDU

Sylvia Eisenberg: Programm "Verlässliche Grundschule" bereits am Start gestolpert

Nr. 82/03 19. Februar 2003


IM SCHLESWIG-HOLSTEINISCHEN LANDTAG
PRESSEMITTEILUNG PARLAMENTARISCHER GESCHÄFTSFÜHRER Heinz Maurus Landeshaus, 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 E-mail: info@cdu.ltsh.de Internet: http://www.cdu.ltsh.de



Bildungspolitik TOP 20 und 25 Sylvia Eisenberg: Programm „Verlässliche Grundschule“ bereits am Start gestolpert
„Kinder von heute brauchen mehr Zeit zum Lernen und mehr Zeit, um sich in einer komplexeren Welt zu orientieren. Darauf muss sich die Grundschule einstellen und zwar mit einem erweiterten Zeitrahmen für Lern- und Förderangebote.“ Diesen Aussagen der Bildungsministerin in dem regierungsamtlichen Werbeblatt „Schule aktuell“ vom November 2002 kann ich nur zustimmen. Das ist auch CDU- Politik und die überwiegende Zustimmung in der Presseöffentlichkeit zu diesen Grundsätzen zeigte, dass diese Grundsätze konsensfähig sind. Warum also lassen wir uns durch den jetzt vorliegenden Erlassentwurf der Bildungsministerin zur „verlässlichen Grundschule“ nicht beglücken, warum fühlen sich die Grundschulen nicht beglückt, warum nicht die Lehrerverbände und der Schulleiterverband? Nicht einmal die GEW ist begeistert. Da stimmt doch irgendetwas nicht.
Tatsache ist jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt und daran ändert auch die Pressemitteilung der Kultusministerin vom 11.2. nichts, dass die Umsetzung dieser sicher gut gemeinten Ideen auf erheblichen Widerstand stößt. Die Landtagsabgeordneten aller Parteien sind noch nie so mit Briefen bombardiert worden wie zur Zeit. Dabei konzentriert sich die Kritik im wesentlichen auf folgende Punkte.
1. Die zur Verfügung gestellten zusätzlichen Lehrerstunden, 1,1 pro Woche pro Klasse mit 22 Schülern, reichen nicht aus, um den planmäßigen Unterricht, d. h. die notwendige Unterrichtszeit, sicher zu stellen, geschweige denn die geplanten Ergänzungszeiten. Zusätzlich werden diese Lehrerplanstellen (jetzt 75) von anderen Schulen abgezogen und damit findet dort noch weniger Unterricht statt als bisher. Ihre Ankündigung, Frau Erdsiek-Rave, mehr Zeit zum Lernen zur Verfügung zu stellen, ist damit ad absurdum geführt. Und das, Frau Erdsiek-Rave, ist ärgerlich und würde in jeder Schule mit einem Täuschungsversuch bestraft werden.
2. Bei dieser Ausgangslage stellt sich auch die Frage, ob denn Ihre 2. Ankündigung wahr gemacht werden kann, nämlich mehr Zeit für Förderung zur Verfügung zu stellen. Mitnichten. Förderunterricht, Differenzierungsmaßnahmen, Chor oder Deutsch für Ausländer finden in Ihrem Konzept keinen Platz, weil 1. die Zeit dafür fehlt und 2. keine Lehrerstunden dafür zur Verfügung stehen (Hamburger Umland). Damit werden auch viele gerade erst ausformulierte Schulprogramme, in mühsamer Kleinarbeit erstellt, zunichte gemacht, wie z.B. in Wedel, und das befürchten auch schon jetzt Schulen, die erst im nächsten Jahr mit den verlässlichen Grundschulzeiten beglückt werden sollen. In Ihrer Presseerklärung vom 11.2. sagen Sie nichts dazu. Warum eigentlich nicht?
3. Die gewachsenen betreuten Grundschulen, teilweise. privat finanziert, teilweise vom Land gefördert, sind trotz ihrer Zusage, diese erhalten zu wollen , auch weiterhin in ihrem Bestand bedroht. Für dieses Jahr sind die Fördermittel des Landes im Haushalt noch garantiert, für das nächste Jahr können Sie keine Zusagen machen. Laut Pressemitteilung des Bildungsministeriums vom 6.11. wird die Finanzierung umgestellt werden. Damit gibt es keine Planungssicherheit für die betreuten Grundschulen, die vom Land gefördert werden. Und den vollständig privat finanzierten betreuten Grundschulen, das sind ca. 200 im ganzen Land, droht schon jetzt das Aus, weil keine Betreuungskraft gefunden werden kann, die von 7-8 und 12-14 Uhr einsetzbar ist. Deshalb werden sich die Bedingungen für die betreute Grundschulen schon jetzt verändern, insofern führt ihre Presseerklärung vom 11.2. auch mit dieser Aussage, dass sich die Bedingungen nicht ändern werden, in die Irre. Die Situation dieser betreuten Grundschulen hat ihr Ministerium bei der theoretischen Planung am grünen Tisch offensichtlich überhaupt nicht bedacht. Eine vorausschauende Planung mit z. B. Übergangsfristen oder Einbindung der bestehenden betreuten Grundschulen in die verlässliche Grundschule wie in anderen Bundesländern, die die verlässliche Grundschule eingeführt haben, hat offensichtlich in Ihrem Ministerium nicht stattgefunden.
4. Hinzu kommt, dass offensichtlich mit den Kommunen als Träger der betreuten Grundschulen und der Grundschulen keine Absprachen getroffen wurden, wie aus dem Stormarner Tageblatt vom 18.02. hervorgeht. Wenn der Kreis Stormarn 80 Busse zusätzlich einsetzen muss, um alle Kinder zur gleichen Zeit zur Schule zu bringen, wenn die Schulträger investieren müssen, um zusätzliche Räume für das Frühstücken oder für eine Küche zu bauen, ist es notwendig, mit diesen vorher Absprachen auch über die Finanzierung zu treffen. Und auch das hat nach meinen Informationen auch nicht stattgefunden.
Es gibt noch weitere Ungereimtheiten, die der vorgelegte Erlassentwurf beinhaltet, ich nenne nur den Einsatz von teuer und gut ausgebildeten Lehrern zum Frühstückessen, die Schwierigkeiten des Lehrereinsatzes bei kombinierten Grund- und Hauptschulsystemen, die Zusammenlegung von Klassen v. a. bei kleinen Grundschulen, die Schwierigkeit, in dem vorgesehenen Rahmen Integrationsklassen zu bilden: die Liste ist beliebig fortzusetzen. Insgesamt wird von Schulpraktikern, aber auch von Eltern befürchtet, dass die Unterrichtszeit zugunsten der Betreuungszeit verringert wird und damit gerade das Gegenteil erreicht wird, was eigentlich das Ziel von Pisa war, nämlich die Verbesserung des Unterrichtsangebotes und die Verbesserung der Qualität des Unterrichtes. Während andere Bundesländer (Hessen, Niedersachsen, Hamburg Baden- Württemberg) im Rahmen der verlässlichen Grundschule zunächst die 100%-ige Unterrichtsversorgung sichergestellt haben, zusätzlich Lehrerstunden für Fördermaßnahmen, Vertretungsreserven und Betreuungsbudgets bereitgestellt haben, versucht S-H halbherzig, aber besonders schnell und kostenneutral dieses Projekt einzuführen. Das kann nicht klappen und die Beschwerden der Betroffenen zeigen dies.
Ich fordere Sie daher auf, zunächst die 100%-ige Unterrichtsversorgung auf der Basis verbindlicher Stundentafeln sicher zu stellen und Lehrer - nicht Geld statt Stellen- für diesen Unterricht bereit zu stellen und einzusetzen.
Ich fordere Sie weiterhin auf, die Durchführung von Förder- und Fordermaßnahmen den Schulen wie bisher durch zusätzliche Stunden zu garantieren.
Damit Unterricht und Betreuung nicht vermischt wird und Unterricht nicht zugunsten der Betreuung verringert wird, fordere ich Sie auf, den Unterrichtsausfall im Rahmen des Projektes „Verlässliche Grundschulzeiten“ - wenn es denn tatsächlich eingeführt wird- für 1 Jahr zu dokumentieren. Diesem Zweck dient unser Ergänzungsantrag. Und wie die FDP fordere ich Sie auf, auf den starren Zeitrahmen zu verzichten und den Schulen die Möglichkeit zu geben, mit örtlichen Betreuungsangeboten zu kooperieren, um einen verlässlichen Zeitrahmen für die Grundschulzeit zu gewährleisten, so dass für die Eltern, die das wollen und die darauf angewiesen sind, Erziehung und Erwerbstätigkeit miteinander verbunden werden kann.
Und deshalb fordere ich Sie auf, den Erlass über die Einführung der verlässlichen Grundschule so zu ändern, dass die berechtigten Bedenken der Kommunen, der Eltern und der Lehrkräfte Berücksichtigung finden und diesen Erlass erneut in die Anhörung zu geben.