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12.12.02
11:35 Uhr
CDU

Herlich Marie Todsen-Reese: CDU-Gesetzentwurf stärkt Naturschutz in Schleswig-Holstein

LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 542/02 vom 12. Dezember 2002 Umweltpolitik Top 14 Herlich Marie Todsen-Reese: CDU-Gesetzentwurf stärkt Naturschutz in Schleswig-Holstein Die CDU-Landtagsfraktion hat diesem hohen Haus einen eigenen Entwurf eines Landesnaturschutzgesetzes vorgelegt. Heute wird er mit der 1. Lesung ordnungsgemäß eingebracht.
Das Naturschutzrecht auf europäischer Ebene sowie auf Bundes- und Landesebene ist unbestritten außerordentlich kompliziert.
Es war sehr viel Arbeit, Zeit und Sachverstand erforderlich, um diesen umfassenden Gesetzentwurf zu erarbeiten; und das ohne den großen Verwaltungsapparat der Regierung im Hintergrund, der den Fraktionen von Rot-Grün erkennbar immer wieder zur Verfügung steht.
Ich danke allen, die zu unserem Gesetzentwurf beigetragen haben. Und ich bin stolz auf meine Fraktion, die diesen Gesetzentwurf intensiv in Fraktionsarbeitskreisen-, Vorstands- und Fraktionssitzungen diskutiert und dann in der vorliegenden Form verabschiedet hat.
Ich danke für die gemeinsame Arbeit und freue mich über das bisherige Ergebnis!
Lassen Sie mich einige Bemerkungen zu den Gründen und zu den Zielen unseres Entwurfes für ein Landesnaturschutzgesetz machen.
Das geltende Landesnaturschutzgesetz stand von Beginn an in der Kritik; und zwar nicht nur wegen seiner Inhalte und seinem überzogenen Regelungs- und Planungsdickicht sondern auch wegen seiner wortreichen und damit verwirrenden Gesetzeslyrik. „Rechtstechnisch eine Katastrophe“, haben damals Fachleute geurteilt.
Entsprechend hat dieses Gesetz in der Vergangenheit bei seiner praktischen Anwendung immer wieder Probleme bereitet.
Schon allein deswegen ist eine grundlegende Überarbeitung des Landesnaturschutzgesetzes mehr als überfällig.
Aktueller Anlass sind a) die unstrittig notwendig gewordenen Anpassungen von Landesrecht an naturschutzrechtliche Entwicklungen und Vorschriften auf europäischer Ebene und auf Bundesebene; und b) der rot-grüne Regierungsentwurf des Landesartikelgesetzes, den wir in der Septembersitzung des Landtages in 1. Lesung behandelt haben.
Aus meiner Sicht ist dieser Entwurf des Landesartikelgesetzes unbefriedigend und unzureichend; dieses gilt insbesondere für den Bereich des Landesnaturschutzgesetzes. Spannende Frage war, ob die Landesregierung diese Gesetzesanpassung auch nutzen würde, um das viel zu „geschwätzige“ Landesnaturschutzgesetz inhaltlich und sprachlich zu straffen, transparenter zu gestalten und rechtstechnisch zu verbessern und um Bürger- und Eigentümerrechte zu stärken.

Leider ist diese Chance vertan worden. Ich kann an keiner Stelle des Landesartikelgesetzes erkennen, dass etwas in diese Richtung geschehen ist. Sie beweisen hier ein großes Beharrungsvermögen, Herr Minister, statt klare Signale für Entbürokratisierung und Verschlankung zu geben.

Ist es nicht endlich an der Zeit, einmal zu hinterfragen - ob die Vielzahl der Planungsebenen und Pläne, - ob die Vielzahl der Schutzgebietskategorien, - oder die Vielzahl der Behörden und Organisationen wirklich noch erforderlich sind, um den notwendigen und den gewollten Schutz von Natur und Landschaft sicher zu stellen.

Fakt ist doch, dass wir ein rechtliches Regelungs- und Planungsdickicht haben, so dass jede Initiative und Kreativität bereits im Keim erstickt wird.

Deshalb haben wir uns entschlossen, nicht nur einzelne Änderungsanträge einzubringen, sondern unsere Vorstellungen von einem modernen Naturschutz und von einem modernen Naturschutzgesetz in Schleswig-Holstein in einem eigenen umfassenden Gesetzentwurf zu verankern und vorzulegen.

Die weiteren Artikel zu anderen landesrechtlichen Vorschriften werden wir im Rahmen der Befassung mit dem gesamten Landesartikelgesetz behandeln.

Mit unserem Gesetzentwurf verfolgen wir mehrere Zielsetzungen.
1. An oberster Stelle steht nach wie vor die Sicherung eines nachhaltigen Naturschutzes. Darum werden die in den §§ 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes umfassend formulierten Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege vollständig übernommen; allerdings nicht durch Übernahme des gesamten Wortlautes, sondern durch rechtlich verbindlichen Querverweis. Dieses Prinzip wenden wir an mehreren Stellen in unserem Gesetz an, um Wiederholungen aus dem Bundesgesetz im Landesgesetz zu vermeiden.

Die wichtigsten Instrumente zur Umsetzung der Ziele sind wie schon bisher:

• die Landschaftsplanung (2. Abschnitt), • die Eingriffs-/Ausgleichsregelung (3. Abschnitt) und • der Flächenschutz (4. Abschnitt mit Schutzgebieten, den geschützten Biotopen, NATURA 2000 und dem Artenschutz).
Hier gibt es allerdings im Detail deutliche Veränderungen. Auf einige werde ich noch beispielhaft eingehen.


2. Wir wollen die Eigenverantwortung der Menschen stärken. Vor diesem Hintergrund hat der § 1 Abs. 2 unseres Entwurfes eine ganz zentrale Bedeutung. Ich zitiere: „Eigentum und die Wahrnehmung der sich daraus ergebenden Verantwortung sind die beste Voraussetzung zur Erreichung der Ziele gem. § 1 BNatSchG“.
Wir können heute, deutlich stärker als in den Anfangsjahren des Naturschutzes, auf die Bereitschaft der Menschen setzen, etwas für den Erhalt und den Schutz von Natur und Umwelt zu tun; sei es aus Verantwortung für die eigenen Kinder oder zukünftige Generationen, sei es aus Liebe zur Heimat, zu Tieren und Pflanzen. Oder sei es aus der Erkenntnis heraus, dass der Mensch zum Leben, zum Arbeiten und Wirtschaften – also auch zum Geldverdienen – eine intakte Natur mit sauberer Luft, reinem Wasser und gesundem Boden braucht.
Wir sollten uns über dieses veränderte Bewusstsein und die gestiegene Sensibilität für Naturschutz- und Umweltschutzthemen freuen. Wir sollten diese positive Entwicklung durch Umweltbildungsmaßnahmen und finanzielle Anreize weiter fördern und stärken.

Wir wollen den Menschen in Sachen Naturschutz mehr vertrauen und zutrauen. Dieses gilt insbesondere für diejenigen, denen die Flächen gehören, auf denen der Naturschutz stattfinden soll. Also die Landwirte, die in der Mehrzahl immer noch die Eigentümer sind. Sie sind und bleiben mit die wichtigsten Partner eines gestaltenden modernen Naturschutzes. Darum setzen wir mehr auf Freiwilligkeit und weniger auf Ordnungsrecht und staatliches Eingreifen.
Konkret haben wir deshalb dem Vertragsnaturschutz in unserem Gesetzentwurf eindeutig den Vorrang vor ordnungsrechtlichen Maßnahmen gegeben.
3. Das Naturschutzrecht muss von allem überflüssigen Ballast befreit werden. Naturschutz darf nicht länger im rechtlichen, strukturellen und formalistischen Klein-Klein ersticken, sondern muss wieder Luft zum Atmen und die dringend erforderlichen Gestaltungsräume bekommen.
4. Erklärtes Ziel ist deshalb z. B. die Beschränkung des Verwaltungs- und Personalaufwandes. Dazu werden z. B. die unterschiedlichen Planungsebenen, Genehmigungsverfahren und Schutzgebietskategorien gestrafft und Aufgaben reduziert.
Wir haben hierzu mutige und einschneidende Schritte getan.

Viel Personal- und Verwaltungsaufwand kann eingespart werden, wenn wir uns auf unseren Vorschlag dieses „gutachtlichen Landschaftsprogramms“ verständigen. Das „gutachtliche Landschaftsprogramm“ ist die Fachplanung der Obersten Naturschutzbehörde ohne Außenbindung. Darum kann auch auf das aufwendige Beteiligungsverfahren der Träger öffentlicher Belange verzichtet werden.
Nach einem Abwägungsprozess entscheidet die Landesregierung darüber, welche Teile des „gutachtlichen Landschaftsprogramms“ in den Landesraumordnungsplan übernommen werden. Dieser geht dann in das übliche Beteiligungsverfahren. So wird den Anliegen des Naturschutzes weiterhin Rechnung getragen; aber wir kommen sehr viel schneller zu Ergebnissen.

Dazu gehört auch, dass nach unserer Auffassung in Zukunft auf die Landschaftsrahmenpläne und die Grünordnungspläne verzichtet werden kann. Die Ziele und Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege können in ausreichender Genauigkeit und ggf. stärkerem Detaillierungsgrad im gutachtlichen Landschaftsprogramm für das Land und im jeweiligen Landschaftsplan der Gemeinde für die örtliche Ebene dargestellt werden.


Ihre Rechtsverbindlichkeit erhalten sie wie bisher erst nach Übernahme in die jeweiligen Pläne der Raumordnung und Landesplanung; d.h. in den Landesraumordnungsplan, in die Regionalpläne sowie in die Flächennutzungs- und Bebauungspläne.
Die Regelungen zu den Eingriffen in Natur und Landschaft sind erheblich vereinfacht und damit auch transparenter geworden. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden gleichrangig behandelt. Das Ökokonto bietet eine viel flexiblere Gestaltung der Ausgleichsmöglichkeiten, so dass ich mir daraus ökologisch gesehen deutlich höherwertigere Ausgleichsmaßnahmen verspreche.
Zur Straffung und zu mehr Transparenz von Genehmigungsverfahren dient z. B. der naturschutzrechtliche Vorbescheid (§ 8 Abs. 1 Ziffer 5). Bei Verfahren mit Konzentrationswirkung erlaubt dieses Instrument die häufig anspruchsvolle Vorabklärung des Eingriffsausgleichs. Der Straffung und zugleich der Nutzerfreundlichkeit dient die Regelung in § 8 Absatz 2 - Genehmigungsverfahren. Danach gilt ein Antrag auf Genehmigung eines Eingriffs in Natur und Landschaft als vollständig, wenn die Genehmigungsbehörde nicht innerhalb von 4 Wochen weitere Unterlagen nachgefordert hat. Dieses wird die Genehmigungsverfahren beschleunigen, den Verwaltungs- und Personalaufwand reduzieren und den Bürger zufriedener machen als wenn er über Wochen und Monate immer wieder aufgefordert werden kann, noch neue Unterlagen beizubringen.
Intensive Diskussionen erwarte ich auch zu unserem Vorschlag, in Zukunft auf Landschaftsschutzgebiete zu verzichten. Aber sind wir mit diesem Schutzinstrument wirklich noch auf der Höhe der Zeit? Für mich ist damit die Frage verbunden, wie wir in Zukunft unsere Natur und Landschaft großflächig und am nachhaltigsten schützen und eingetretene Veränderungen rückgängig machen können.

Dafür stehen uns inzwischen eine ganze Reihe wirkungsvollerer Instrumente zur Verfügung, mit denen sehr viel zielorientierter und zielgenauer gearbeitet werden kann.

Nutzen wir statt des veralteten Landschaftsschutzgebietes lieber die modernen Naturschutzinstrumente.

Dazu gehören z.B. die Gebiete im Rahmen von NATURA 2000, die weiteren klassischen Schutzgebiete, die Eingriffsregelung, die geschützten Biotope, der Vertragsnaturschutz und die Landschaftsplanung. Wenn wir diese Instrumente konsequent einsetzen würden, dann wäre hier Weniger manchmal Mehr. Die Landschaftsschutzgebiete jedenfalls haben sich inzwischen durch die Entwicklung selbst überholt. 5. Lassen Sie mich noch kurz eingehen auf unser Ziel, die Verwaltungsstrukturen zu straffen. Dieses Ziel gilt grundsätzlich – und zwar nach meiner Wahrnehmung auch fraktionsübergreifend – für alle Bereiche der Verwaltung auf Landes- und kommunaler Ebene.

Es gibt dazu seit Jahren viele Gutachten, Papiere und Vorschläge von Kommissionen und Fachleuten; aber Vernünftiges ist eigentlich noch nicht passiert! Da eine Um- bzw. Neuorganisation der Umweltverwaltung sinnvoll nur im Zusammenhang mit anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung auf Landesebene und vor allem auch auf kommunaler Ebene und in Verbindung mit einer Funktionalreform gestaltet werden kann, haben wir uns bei den Zuständigkeiten der Naturschutzbehörden (§§ 38 bis 40) zunächst auf relativ flexible Formulierungen verständigt. Ziel muss sein, eine schlanke, effiziente, an der Aufgabenerfüllung und am Grundsatz der Zweistufigkeit orientierte Umweltverwaltung zu schaffen.

Dazu müssen alle Einrichtungen – von der ministeriellen Ebene über die Landesämter bis hin zu den staatlichen Umweltämtern und den unteren Naturschutzbehörden auf den Prüfstand.

Ich weiß, dass man sich damit angesichts der bisherigen mühsamen und eher wirkungslosen und sogar negativen Umstrukturierungen nicht sehr beliebt macht. Aber ein „weiter so“ kann es auch nicht geben. Dazu ist die derzeitige Situation einfach zu unbefriedigend.

Kritische Anmerkungen wird es sicherlich auch dazu geben, dass z.B. der Landesnaturschutzbeauftragte, die Beiräte und die Akademie für Natur und Umwelt nicht mehr rechtlich verbindlich verankert sind.

Auch hier gilt, dass kein Bereich tabu sein darf, wenn wir den ernsthaften Versuch der Verschlankung unternehmen wollen. Ich will die Verdienste dieser Einrichtungen und der damit verbundenen Persönlichkeiten in keinster Weise schmälern – im Gegenteil! Sie alle verdienen hohen Respekt und Anerkennung. Und trotzdem muss die Frage erlaubt sein, ob wir eine rechtliche Verankerung brauchen. Warum können diese Einrichtungen nicht ggf. auf freiwilliger Basis dort weiter arbeiten, wo das gewollt ist.

Wir wollen einen kreativen Naturschutz in Schleswig-Holstein, bei dem die Umsetzung der Ziele und der konkreten Maßnahmen entscheidend ist. Hier genau steckt der Naturschutz zur Zeit aber in einer Sackgasse – er ist auf das Abstellgleis geraten. Unser Gesetzentwurf soll den Naturschutz wieder auf flotte Fahrt bringen! Naturschutz in Schleswig-Holstein soll wieder Freude machen!

Der Gesetzentwurf ist eine solide Diskussionsgrundlage und ich erwarte, dass er in der Anhörung und Beratung des bereits vorliegenden Landesartikelgesetzes mit beraten wird.

Parallel werden wir ihn in ein breites Beteiligungsverfahren geben. Wir werden unseren Entwurf den Trägern öffentlicher Belange sowie den Verbänden und Vereinen ebenso zur Beratung übersenden, wie den Verantwortlichen und den Gremien unserer Partei. Darüber hinaus können Interessierte den Entwurf gerne anfordern. Wir sind offen für Anregungen, Bedenken und konstruktive Kritik. Und ich freue mich auf lebhafte Diskussionen und auf das Ringen um die besten Regelungen im Sinne des Naturschutzes und der Menschen.

Aber klar muss auch sein: Entwicklung setzt voraus, das man bisher Gültiges überprüft - setzt Bereitschaft zur Veränderung voraus! Dazu gehört, dass man ggf. auch mal alte Zöpfe abschneidet.

Der Naturschutz ist kraftlos geworden in Schleswig-Holstein. Ich bin zuversichtlich, dass wir ihm über die Diskussion dieses Gesetzentwurfes ein Stück seines früheren Stellenwertes zurückgeben werden. Das ist mein Ziel!

Ich beantrage Überweisung in den Umweltausschuss.