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12.12.02
10:26 Uhr
CDU

Jost de Jager: Ablehnung aus grundsätzlichen Beweggründen

LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 541/02 vom 12. Dezember 2002 Hochschulpolitik Top 5 und 40 Jost de Jager: Ablehnung aus grundsätzlichen Beweggründen Das Land Schleswig-Holstein geht mit der Fusion der Universitätsklinika Kiel und Lübeck bei gleichzeitiger Beibehaltung beider Fakultäten bundesweit einen Sonderweg. Erstmalig wird es so sein, dass nicht mehr ein Klinikum zu einer Fakultät gehört, sondern dass zwei Fakultäten sich ein Klinikum teilen. Andere Bundesländer wollen andere Wege gehen.
Wer wie die Landesregierung in Schleswig-Holstein einen solchen Sonderweg geht, muss in besonderer Weise begründen, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist. Der Nachweis ist Ihnen in den vergangenen anderthalb Jahren nicht gelungen.
Sie haben nicht den Beweis erbringen können, dass nur über die Fusion beider Klinika die Probleme gelöst werden können, die wir unbestritten im Bereich der Hochschulmedizin im Lande haben. Statt dessen haben Sie auf die Macht des Faktischen gesetzt, haben Arbeitsgruppen eine Fusion vorbereiten lassen, für die es noch kein gesetzliches Mandat gab. Ergebnis: Die Fakultäten und Kliniken konnten deshalb den Fusionsprozess nicht mehr kritisieren, weil sie an ihm schon lange beteiligt waren.
Dieser Gesetzentwurf der Landesregierung kommt zur falschen Zeit und er gibt keine Antwort auf die meisten Probleme der Hochschulmedizin im Lande.
Denn es ist zwar richtig, dass es ein prognostiziertes Defizit beider Universitätsklinika von zusammengenommen ca. 50 Millionen € über die nächsten Jahre geben wird. Allerdings wird es selbst nach den optimistischen und gegriffenen Schätzungen der Unternehmensberatung Roland Berger lediglich möglich sein, 20 Millionen € über die Fusion zu erwirtschaften. Immerhin, könnte man sagen. Doch es ist davon auszugehen, dass ein gleicher Betrag auch ohne Fusion durch eine stärkere Kooperation gespart werden könnte. Ohnehin gilt es immer wieder festzustellen: Dieses Defizit ist zu einem guten Teil eine „self fulfilling prophecy“ ganz einfach deshalb, weil wesentliche Teile davon auf einer Kürzung der Landeszuschüsse beruhen. Richtig ist, dass die Einführung der sogenannten Fallpauschalen der DRG, über die wir auch an anderer Stelle noch debattieren werden, alle Krankenhäuser, aber eben auch die Unikliniken vor einen gewaltigen Kostendruck stellen werden. Die Notwendigkeit einzusparen und wirtschaftlich zu handeln, ist angesichts der Abschlüsse, vor allem des Kieler Universitätsklinikums, überhaupt nicht von der Hand zu weisen. Das tut auch keiner. Nur Kernpunkt des Gesetzentwurfes der Landesregierung ist nicht die Umstellung auf die Fallpauschalen, sondern eine Fusion der Klinika. Und um sich auf die DRG einzustellen, bedarf es dieser Fusion nicht.
Wahr ist ebenso, dass Schleswig-Holstein mit 40 % einen überproportionalen hohen Anteil seiner Hochschulausgaben in die Medizin steckt. Wahr ist auch, dass Schleswig-Holstein einen, an der Gesamtzahl der Studierenden gemessen, viel zu hohen Anteil an Medizinstudenten aufweist, mit dem besonderen Nachteil übrigens, dass diese Studienplätze ausgesprochen teuer sind. Wahr ist aber genauso, dass dieser Gesetzentwurf daran wenig ändert.
Wer aus Kostengesichtspunkten, daran ist überhaupt nichts ehrenrühriges, und aus Gründen der Hochschulfinanzierung bei dramatisch angespannten Haushalten über diesen besonders hohen Anteil der Hochschulmedizin in Schleswig-Holstein nachdenkt, der muss nicht mit dem Klinikum beginnen, sondern mit der Struktur der Hochschulmedizin insgesamt. Und das ist der Hauptvorwurf, den die CDU-Fraktion Ihnen heute macht. Sie zäumen das Pferd von hinten auf. Sie beginnen mit einer Strukturveränderung an den Klinika, bevor Sie sagen, wie Sie sich die Struktur der Hochschulmedizin im Lande vorstellen. Es ist aber unsere feste Überzeugung, dass die Organisationsform der Klinika der der Fakultäten folgen muss und nicht umgekehrt. Aus diesem Grund ist es falsch, vor den Ergebnissen der Erichsen- Kommission und vor den Schlussfolgerungen daraus im Landeshochschulplan eine Strukturveränderung vorzunehmen.
Ich frage Sie: Warum warten Sie mit Ihrer Klinikfusion nicht bis politische entschieden ist, was aus den Fakultäten wird? Warum warten Sie die Erichsen-Kommission nicht ab? Ein Zusammenhang zwischen der Klinikfusion und der Erichsen-Kommission wird von Ihnen, von der Landesregierung, stets bestritten. Es gibt ihn aber ganz offensichtlich. Klar ist doch, dass die Struktur der Klinika in einem inneren Zusammenhang mit der Struktur der Hochschulmedizin steht. Die Festlegung von Kooperationsfeldern, die Zuweisung von Forschungs- und Ausbildungsschwerpunkten ist eine hochschulpolitische Aufgabe des Landes und nicht die betriebswirtschaftliche Aufgabe eines Klinikvorstandes. Die Beschlussfassung darüber, wie wir die Kliniken organisieren, sollten wir zurückstellen, bis wir eine Entscheidung dazu haben, wie viel Hochschulmedizin zukünftig im Lande noch nötig ist.
Man fragt sich nach den Gründen für die Eile, die Sie an den Tag legen. Denn die guten Gründe für die Fusion sind Ihnen im Laufe der Zeit ausgegangen. Ich habe den festen Eindruck, dass Sie die Fusion nur deshalb noch durchziehen, weil Sie sonst hochschulpolitisch ganz mit leeren Händen dastehen würden in dieser Legislaturperiode. Die Erichsen-Kommission haben Sie nicht zu verantworten. Ob Sie einen Landeshochschulplan tatsächlich im nächsten Jahr durchbekommen steht in den Sternen. Das einzig größere Projekt, das Sie sich vorgenommen haben, war die Fusion der Universitätsklinika und die muss durchgeführt werden, egal ob es Sinn macht oder nicht. Anders ist die Eile und das Timing dieses Gesetzentwurfes nicht mehr zu erklären. Denn diese Eile steht in einem merkwürdigen Kontrast für die Verzögerungstaktik bei der Festlegung des Verwaltungssitzes. Erst im März soll der Aufsichtsrat per Satzung den Verwaltungssitz der fusionierten Klinik festlegen. Das bedeutet nichts anderes als ein Hinausschieben dieser Entscheidung bis zu der Zeit nach der Kommunalwahl. Ich halte dieses Spiel auf Zeit für eine Zumutung der betroffenen Standorte und ich halte es parlamentarisch gesehen, für eine Verwahrlosung der Sitten, das uns die 2. Lesung eines Gesetzentwurfes zugemutet wird, der diese so wichtige Frage offen lässt.
Bislang ist in Schleswig-Holstein die gesetzliche Festlegung der Verwaltungssitze guter Brauch gewesen. Als die ULR geschaffen wurde, wurde der Sitz festgelegt. Bei den Fachklinika gab es eindeutige örtliche Zuweisungen. Bei der Datenzentrale wurde der Sitz nach Altenholz gelegt. Es gibt viele Beispiele, nur gerade beim Klinikum soll dies nicht geschehen. Ich sage an die Landesregierung gerichtet: Spielen Sie mit offenen Karten. Sie wissen genauso gut wie wir, welch politisch psychologische Bedeutung die Festlegung des Verwaltungssitzes in dieser Zeit für die beiden Standorte hat. Durch Ihr beharrliches Schweigen schaffen Sie erst eine Unsicherheit, die zu nehmen eigentlich Ihre Pflicht als Landesregierung wäre. Es ist unerhört, eine Fusion auf den Weg zu bringen, aber bei der Festlegung des Verwaltungssitzes zu kneifen.
Schon in meiner Rede vom 25. Januar 2001 habe ich Sie gefragt, wo der Sitz des gemeinsamen Vorstandes sein soll, in Kiel oder in Lübeck. Das heißt, seit fast zwei Jahren reden wir über die Fusion der Universitätsklinika, ohne einen Schritt in der Standortfrage weitergekommen zu sein. Wir haben Sie, meine Damen und Herren, nicht nur der Regierung, sondern vor allem auch der Regierungsfraktionen vor zwei Jahren aufgefordert, einen detaillierten Plan darzulegen. Das ist bis heute nicht geschehen. Denn neben der Standortfrage hat weder eine Festlegung der Schwerpunkte stattgefunden, noch haben Sie Aussagen über die Zukunft der gesamten Struktur der Hochschulmedizin gemacht.

Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab. Er ist nicht überzeugend begründet, er enthält offene Variablen und er kommt zu einem falschen Zeitpunkt.
Auch wenn wir in der Schlussabstimmung dagegen stimmen werden, bringen wir gleichwohl Einzelanträge ein, um Antworten auf Einzelfragen zu geben, die in den Beratungen des Gesetzentwurfes angesprochen worden sind. Lassen Sie mich in einigen wenigen Sätzen auf unsere Einzelanträge eingehen.
Wir sind für eine andere Zusammensetzung des Vorstandes als der Gesetzentwurf es vorsieht. Zunächst einmal sind wir dafür, dass die Pflege im Vorstand vertreten ist, was sich als fraktionsübergreifender Konsens im Laufe der Beratungen herausgestellt hat. Die Krankenpflege hat nicht nur einen erheblichen Stellenwert im Umgang mit den Patienten, sondern auch für die betriebswirtschaftlichen Abläufe eines Krankenhauses und auch eines Universitätsklinikums. Deshalb sind wir aus pflegerischen wie wirtschaftlichen Gründen dafür, einen Vorstand für Patientenservice vorzusehen.
Darüber hinaus lehnen wir die Einführung eines neuen gemeinsamen Ausschusses und die Einführung eines Vorstandes für Forschung und Lehre ab. Träger von Forschung und Lehre in der Hochschulmedizin sind nach wie vor die Fakultäten und aus diesem Grunde sollten die Fakultäten im Vorstand auch vertreten sein. Wir treten dafür ein, dass die Dekaninnen oder die Dekane der Fakultät in Kiel und in Lübeck jeweils im Vorstand vertreten sind, um den universitären Charakter des Klinikums
auch im Vorstand abzubilden. An dieser Stelle stellt sich auch die Frage, wie viel Uni und wie viel Klinikum diese Einrichtung ihrem Charakter nach sein soll. Wir sagen, dass ein Universitätsklinikum in erster Linie eben ein Universitätsklinikum ist.
Neben der Zusammensetzung des Vorstandes ist für uns die Einbindung der Vorstandsmitglieder in die Abläufe des Klinikums, die sie leiten, von hervorragender Bedeutung und deshalb wollen wir, dass lediglich der kaufmännische Vorstand ausschließlich hauptamtlich seine Tätigkeit ausübt. Die Dekane werden das ohnehin nicht können, weil sie ja Dekane sind und auch beim ärztlichen Direktor wollen wir, dass er Arzt in seinem eigenen Hause ist. Gleiches gilt für den Pflegevorstand.
Einen letzten Punkt, den ich nur kurz erwähnen möchte, ist unser Vorschlag, eine starke örtliche Ebene zur Durchsetzung der zentralen Beschlüsse in den Standorten vorzusehen. Dieser Punkt ist im Gesetz bislang nicht geregelt. Wir wollen, dass es dafür eine feste Bezugsperson gibt.
Wir freuen uns, dass die FDP unsere Anträge übernimmt. Ich möchte an dieser Stelle aber darauf hinweisen, dass unsere Ablehnung in der Schlussabstimmung sich nicht an den Punkten der Einzelanträge aufhängt, sondern an der grundsätzlichen Frage, in welcher Art und Weise die Neuordnung der Hochschulmedizin im Lande angegangen werden soll. Diese Landesregierung geht es wieder einmal falsch an.