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12.09.02
15:28 Uhr
CDU

Torsten Geerdts: Vielfalt an Betreuungsangeboten erhalten

LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 375/02 vom 12. September 2002 Sozialpolitik TOP 16 Torsten Geerdts: Vielfalt an Betreuungsangeboten erhalten
Die Beantwortung der Großen Anfrage „Kinderbetreuung in Schleswig-Holstein“ ist umfangreich und liefert für die dringend notwendige Debatte über eine Fortentwicklung der Arbeit in unseren Kindertagesstätten eine gute Basis. Daher gilt zunächst einmal mein Dank den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium.
In unserer Gesellschaft hat sich seit der Einführung des Rechtsanspruches auf einen Kindertagesstättenplatz und dem Bestehen des Kindertagesstättengesetzes in Schleswig-Holstein ein deutlicher Wandel vollzogen. Daher ist es an der Zeit zu fragen, ob die Angebote für Kinder und Eltern noch bedarfsgerecht sind. Außerdem benötigen wir eine ernsthafte Diskussion über den Bildungsauftrag von Kindertagesstätten nach der Veröffentlichung der PISA-Studie.
Wir brauchen einen Gleichklang zwischen der Achtung und Förderung von Kindern mit dem Recht der Eltern, Familienarbeit und Berufstätigkeit vereinbaren zu können. Auch darüber diskutieren wir, wenn es um die Fortentwicklung unserer Kindertagesstätten geht.
Es ist gut zu wissen, in welchem Umfang wir in Schleswig-Holstein Kindertagesstättenplätze, Tagespflegestellen, Plätze in Spielstuben und Hortplätze zur Verfügung stellen. Die CDU-Fraktion will die Vielfalt an Betreuungsangeboten erhalten. Genauso wollen wir weiterhin eine Vielfalt in der Trägerlandschaft gesichert sehen. Dabei haben für uns die Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege und private Elterninitiativen Vorrang vor staatlichen Angeboten.
Wir müssen als Politik alles unterlassen, was die Angebotsvielfalt und die Trägervielfalt gefährden könnte. Eltern werden sich in Zukunft noch viel stärker für Angebote entscheiden, die es ihnen ermöglichen ihre Familienarbeit für die sie sich entschieden haben mit der kontinuierlichen Arbeit im erlernten Beruf zu vereinbaren. Ein Bruch in der Erwerbsbiographie von bis zu drei Jahren bedeutet bei der rasanten Entwicklung der Arbeitsplätze und dem schnellen Wandel der Berufsbilder ein hohes Risiko, den beruflichen Anschluss zu verlieren. Und diese Tatsache bedeutet am Ende auch ein soziales Risiko. Übrigens zu weit über 90 Prozent handelt es sich hier um ein berufliches und soziales Risiko für die Arbeitnehmerinnen in Deutschland.
Aufgrund der Einkommensverhältnisse wird der größte Teil der Erziehungsleistung von Frauen geleistet. Ihre Leistung für die Gesellschaft wird in Deutschland vollkommen unzureichend bewertet.
Ein besseres und auf die Arbeitswelt abgestimmtes Betreuungsangebot ist daher besonders für die Arbeitnehmerinnen von größter Bedeutung. Noch dramatischer stellt sich die Situation von Alleinerziehenden dar. Da geht es nämlich gar nicht um die Frage wer den Hauptanteil der Erziehungsarbeit leistet. Da geht es viel häufiger um die Frage: Wie vereinbare ich Erziehungsarbeit und Beruf und schaffe für Frau und Kind einen Lebensunterhalt oberhalb des Sozialhilfeniveaus.
Und in dieser Frage sehe ich im Bund, in den Ländern und in den Kommunen den größten Handlungsbedarf bei der Fortentwicklung unserer Betreuungsangebote für Kinder.
Ich will ein weiteres Thema nennen, was für mich in einem immer stärkeren Maße an Bedeutung gewinnt. Wie groß ist die Chancengerechtigkeit für die Kinder beim Start in das Schulleben? Wir haben Grundschulklassen in Schleswig-Holstein mit einem Ausländeranteil von teilweise an die 50 Prozent. Und es ist mehr als nur ein Alarmsignal, wenn immer mehr Grundschullehrerinnen und –lehrer darüber klagen, dass ein Großteil der ausländischen Schüler ohne Kenntnisse der deutschen Sprache eingeschult werden. Wir brauchen keine großen Reden über Integration mehr zu halten, wenn wir weiterhin an dieser entscheidenden Schnittstelle so sehr versagen.
In dieser Frage kommt also eine weitere Aufgabe auf unsere Kindertagesstätten zu. An welcher Stelle, wenn nicht im Bereich von Kindertagesstätten, muss das Erlernen der deutschen Sprache für ausländische Kinder erfolgen. Wenn uns das nicht gelingt, gibt es weder für ausländische noch für deutsche Kinder eine Chancengerechtigkeit beim Start in das Schulleben.
Dazu brauchen wir allerdings eine Aus- und Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher, damit sie diese zusätzlichen Aufgaben überhaupt bewältigen können. Dazu brauchen die Träger der Einrichtungen die Gewissheit, dass diese Landesregierung nicht nur über Integration redet. Sie wollen für die Zukunft sichergestellt wissen, dass nicht erneut an dem Haushaltstitel „Fortbildung des pädagogischen Personals“ seitens der Landesregierung herumgefummelt wird. Verlässlichkeit erwarten die Träger von der Politik. Sie ist die Grundvoraussetzung für die Übertragung neuer Aufgaben.
Ein Großteil der Kinder wächst in unserer Gesellschaft als Einzelkinder auf. Und ebenfalls ein Großteil wird alleinerziehend von der Mutter großgezogen. Auch auf diese Situation müssen wir mit den Angeboten an Kinderbetreuung reagieren. Verstärkt müssen Kinder auch soziale Kompetenzen erlernen. Dazu gehören Umgangsformen, der erwähnte Spracherwerb und die Wertevermittlung. Und noch zwei Problemfelder möchte ich in diesem Zusammenhang ansprechen. Wir müssen die Gewaltprävention in Kindertagesstätten genauso ausbauen wie dort auch Ernährungsimpulse gegeben werden müssen. Ein Großteil der Grundschüler
beginnt den Unterricht, ohne Zuhause ein Frühstück erhalten zu haben. Weil in einer solchen Situation eine Unterrichtsaufnahme kaum möglich ist, organisieren mancherorts Lehrkräfte gemeinsam mit engagierten Eltern eine Frühstücksverpflegung.
Das ist die Situation in unserer Gesellschaft. Und bei diesen Problemen handelt es sich nicht um die ausschließlichen Probleme der Ballungszentren. Machen wir uns da nichts vor.
Zusätzliche Aufgaben können allerdings nicht zum Nulltarif übertragen werden. Die Kommunen sind am Ende ihrer Leistungsfähigkeit angekommen. Die folgende Formulierung der Landesregierung wird die Masse der Kommunalpolitiker als Hohn empfinden. Dieser Satz lautet: „Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz konnte ohne große Probleme umgesetzt werden.“ Meine Damen und Herren, Sie sind weit weg von der kommunalpolitischen Realität. Ich halte es für richtig, den Eltern sehr klar zu sagen, dass zusätzliche Angebote und eine Ausweitung der Öffnungszeiten auch zu höheren Elternbeiträgen führen werden. Gleichzeitig müssen wir aber darauf achten, dass wir nicht so stark an der Elternbeitragsschraube drehen und über diesen Weg die Wahlfreiheit einschränken.
Bei der Vorstellung der Eckpunkte zur künftigen Finanzierung von Kindertagesstätten hat auch die zuständige Sozialministerin neue Aufgaben für die Einrichtungen definiert. Diese neuen Aufgaben können von Eltern, Trägern und Kommunen nicht alleine bewältigt werden. Doch wer in den Entwurf des Landeshaushaltes hineinschaut, der stellt fest, dass Frau Moser keinen weiteren Cent dazuzahlen möchte. 53 Millionen Euro sollen 2003 ausgegeben werden. Also genau die Summe, die auch im Jahre 2002 und im Jahre 2001 zur Verfügung stand. Sie geben als zuständige Ministerin keine Antwort auf die Tariferhöhungen der letzten Jahre, wollen aber gleichzeitig weitere Aufgaben in die Kindertagesstätten integrieren. Das Frau Moser ist eine unehrliche Politik.
Wir halten auch den Vorschlag der Landesregierung zur künftigen Kita-Finanzierung für völlig falsch. Die Landesregierung will eine Umstellung von einer Personalkostenfinanzierung auf eine Pro-Kind-Finanzierung. Das kann nicht funktionieren. Die Personalkosten sind der Löwenanteil der Gesamtkosten. Diese Kosten sind fixe Kosten, egal, ob 15, 17 oder 20 Kinder in einer Gruppe zusammengefasst sind. Bei der Umsetzung dieses Finanzierungsvorschlages gefährden Sie, Frau Moser, den Bestand von kleineren Einrichtungen im ländlichen Bereich. Schleswig-Holstein ist ein Flächenland, Chancengerechtigkeit brauchen wir in einer Stadt wie Lübeck genauso wie in einem dünner besiedelten Kreis wie Nordfriesland.
Dieser Vorschlag gefährdet aus unserer Sicht auch die Trägervielfalt. Die kleinen Träger und die privaten Elterninitiativen wären dann akut gefährdet.
Sie schaffen mit ihren Eckpunkten zur Finanzierung nicht weniger – Sie schaffen mehr Bürokratie. Die Kollegin Fröhlich hat sich bei der Erklärung des Punktesystems bei einer Veranstaltung der Elterninitiative Husum wirklich Mühe gegeben. Die anwesenden 120 Eltern haben sich aber auch Mühe gegeben, das Gesagte zu verstehen und es ist ihnen nicht gelungen. Wir wollen weniger und nicht mehr Bürokratie in den Kindertagesstätten. Ihr Punktesystem würde dazu führen, dass Erzieherinnen und Erzieher noch mehr Verwaltungsaufgaben leisten müssten und noch weniger Zeit für die Gruppenarbeit hätten.
Die CDU-Landtagsfraktion ist sich bei der Ablehnung der Eckpunkte zur künftigen Finanzierung der Kindertagesstätten mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Wohlfahrtsverbänden, vielen Eltern, der FDP und dem SSW einig. Und auch die Grünen formulieren ja: „Die Kita-Novelle lässt noch Fragen offen.“
Frau Ministerin Moser, haben Sie den Mut und sammeln Sie diese Eckpunkte wieder ein. Sie werden das Ziel der Kita-Fortentwicklung damit nicht erreichen.