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20.06.02
12:39 Uhr
CDU

Thorsten Geißler: Elektronische Fußfessel in Hessen erfolgreich

LANDTAGSFRAKTION S C H L E S WI G - H O L S T E I N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG
Nr. 264/02 vom 20. Juni 2002 Justizpolitik TOP 17 Thorsten Geißler: Elektronische Fußfessel in Hessen erfolgreich
Die elektronische Überwachung von Straftätern wird seit Beginn der 90er Jahre in Schweden, den Niederlanden, seit 1995 nach vorübergehendem Startschwierigkeiten in Großbritannien - sowie seit Ende letzten Jahres auch in der Schweiz bei Straftätern mit geringerem kriminellen Potential durchgeführt. Die dort als im Rahmen des jeweiligen Strafensystems günstig bewerteten Erfahrungen haben die Frage aufgeworfen, ob die elektronische Überwachung auch in der Bundesrepublik Deutschland sinnvoll eingesetzt werden kann.
In Hessen ist seit dem 02. Mai 2000 als erstem deutschen Bundesland der Einsatz der elektronischen Fußfessel möglich. Der zunächst auf zwei Jahre begrenzte Modellversuch im Landgerichtsbezirk Frankfurt ist nunmehr abgeschlossen. Aufgrund der positiven Erfahrungen soll er fortgesetzt und ausgedehnt werden, zunächst in einem weiteren Landgerichtsbezirk. Ab Ende 2004 soll die elektronische Fußfessel in Hessen flächendeckend angewendet werden.
Die elektronische Überwachung funktioniert über einen Sender, der am Unterschenkel des Straftäters befestigt ist, ähnlich einer größeren Armbanduhr. Der Sender, der mit dem Zentralcomputer bei der Justiz verbunden ist, meldet dem Empfänger, der am Telefon des Betroffenen angebracht ist, ob sich der Proband zu den Zeiten, an denen es angeordnet ist, tatsächlich in seiner Wohnung aufhält oder aber wie gewünscht, zum Beispiel wegen Berufstätigkeit oder Therapie, abwesend ist. Jeder Proband hat seinen detaillierten Wochenplan, der Freizeit-Therapie bzw. Arbeitszeit regelt. Durch die elektronische Fußfessel wird eine enge Überwachung von Straftätern außerhalb einer Justizvollzugsanstalt erreicht. Die nach der bestehenden Gesetzeslage zulässigen Anwendungsmöglichkeiten für elektronische Fußfesseln sind in unserem Antrag genau aufgeführt. Der weit überwiegende Anwendungsbereich betrifft Fälle, in denen Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt worden sind, und diese elektronische Fußfessel eine verbesserte Kontrolle in der Bewährungsaufsicht bewirken soll. Daneben wird die Fußfessel auch in Fällen angewendet, in denen durch die elektronische Überwachung Untersuchungshaft vermieden werden kann. Die Vorzüge der elektronische Überwachung liegen insbesondere in der Überwachungsqualität. Abweichungen vom Tagesplan werden sofort festgestellt. In Fällen, in denen die elektronische Fußfessel zur Vermeidung von Untersuchungshaft eingesetzt wird, können die Beschuldigten durch die elektronische Überwachung wesentlich enger kontrolliert werden, als durch jede andere Meldeauflage.
Der Modellversuch in Hessen hat gezeigt, dass Bewährungshilfeprobanden zu einer regelmäßigen sinnvollen und straffreien Lebensführung befähigt werden. Mit Hilfe der Technik wird dem Probanden jeden Tag wieder neu klar gemacht, dass er sich an bestimmte Vorgaben zu halten hat. Beim Verstoß riskiert er den Bewährungswiderruf und muss die verhängte Strafe verbüßen. Die elektronische Überwachung setzt bei den Straftätern, die unter Bewährung stehen, Motivation und Kräfte frei, die mit herkömmlichen Mitteln der Bewährungshilfe nicht erreicht werden können. Die Probanden werden zu einer für ihre Verhältnisse enormen Selbstdisziplin und zur Erfüllung des von ihnen vorgegebenen Wochenplans angehalten. Die elektronische Fußfessel bietet auch Langzeitarbeitslosen und therapierten Suchtkranken die Chance zu einem geregelten Tagesablauf zurückzukehren und in ein Arbeitsverhältnis vermittelt zu werden. Dies ist von besonderer Wichtigkeit, denn viele Probanden haben es verlernt, nach der Uhr zu leben und gefährden damit gerade auch ihren Arbeitsplatz oder ihre Ausbildungsstelle. Durch die Überwachung mit der elektronischen Fußfessel kann eine wichtige Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden.
Auch in anderer Hinsicht ist die elektronische Überwachung in Hessen erfolgreich gewesen. In nur zwei von 14 Fällen musste der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt werden. Keine der bisher 38 Personen, die ihre elektronische Überwachung wie vorgesehen, abgeschlossen haben, ist erneut straffällig geworden. In Hessen wurden zudem durch das Modellprojekt während des Zeitraumes von zwei Jahren etwa 4.400 Hafttage und damit über 350.000 € eingespart. Wenn Sie die einmaligen Investitionskosten gegen rechnen, werden Sie feststellen, dass die elektronische Überwachung bereits nach einem relativ kurzen Zeitraum eine kostengünstige Alternative zu unserem bisherigen Sanktionssystem darstellt. Und über Alternativen in unserem Sanktionssystem wird derzeit bundesweit diskutiert. Ich wünschte mir, dass sich die Regierungsfraktionen hier in diesem Hause konstruktiv an dieser Debatte beteiligen. Dies gilt auch für den von uns unterbreiteten Vorschlag. Wenn die Frau Justizministerin in einer ersten Reaktion von der Einführung einer Zwei-Klassen-Justiz spricht, ist dass das Gegenteil dessen, was erreicht werden soll. Selbstverständlich sind bereits jetzt die beispielsweise die Anordnung der Untersuchungshaft, aber auch die Gewährung von Hafterleichterungen an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Jemand, der keinen festen Wohnsitz aufweist, wird eher in Untersuchungshaft genommen, als jemand, der über einen solchen verfügt. Hier von einer Zwei-Klassen-Justiz zu sprechen, geht trotzdem völlig fehl. Es geht vielmehr darum, ein Instrument einzusetzen, das sich anderenortens längst bewährt hat. Die Ergebnisse der Evaluationsstudien sind über die verschiedenen Länder hinweg positiv. Auch das hessische Projekt wurde durch das Max- Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Wenn die FDP nun die Ergebnisse ebenfalls für so überzeugend hält, dass sie bereits jetzt bereit ist, die Einführung in Schleswig-Holstein nicht nur in einem Landgerichtsbezirk, sondern landesweit durchzuführen, so wollen wir uns dem nicht verschließen. Die seit der Stellung unseres Antrages aus Hessen übermittelten Erfahrungen – der Hessische Justizminister hat am 29.05. diesen Jahres ausführlich Stellung genommen – rechtfertigen einen solchen Beschluss. Es wäre gut, wenn die Regierungsfraktionen hier im Hause das Instrument der elektronischen Überwachung von Straftätern, das anderenortens nicht zuletzt auch von zahlreichen Sozialdemokraten befürwortet wird, nicht nur deshalb ablehnen würden, weil der Antragsteller einer Oppositionsfraktion ist. Es wäre gut, wenn wir mit breiter Mehrheit beschließen könnten.