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20.03.02
17:33 Uhr
CDU

Torsten Geerdts: Breite, aber faire Diskussion

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 132/02 vom 20. März 2002
TOP 34 und 5 Torsten Geerdts: Breite, aber faire Diskussion
Die von dem Sozialverband Deutschland und der Arbeiterwohlfahrt initiierte Pflegeinitiative hat in Schleswig-Holstein seit dem 23. Mai 2001 zu einer landesweiten konstruktiven Diskussion geführt. Im Namen der CDU-Landtagsfraktion möchte ich mich bei allen Mitwirkenden für ihr Engagement und ihre Denkanstöße herzlich bedanken.
Wir wollen alle gemeinsam, dass der Traum von einer menschenwürdigen Pflege zur gesellschaftlichen Realität in unserem Lande wird. Über den Weg dorthin führen wir eine offene und wie ich finde, äußerst faire Diskussion.
Die Frage, die sich uns stellt lautet: Was verändert sich konkret an der Lebenssituation pflegebedürftiger Menschen, wenn wir unsere Landesverfassung um den Artikel „menschenwürdige Pflege“ ergänzen? Verändern wir die Einstellung der Gesellschaft zu dieser Problematik oder wecken wir Hoffnungen, die von der Politik nicht erfüllt werden können?
In dieser Spannbreite findet die Diskussion auch in der CDU-Landtagsfraktion statt. Die Initiative des Sozialverbandes Deutschland und der AWO wurde vom ersten Tag an von unserer Landtagskollegin Helga Kleiner, die auch Vorsitzende der schleswig- holsteinischen Senioren Union ist, unterstützt. Aber es gibt in unserer Fraktion auch viele, die eine Ausweitung der Staatsziele ablehnen. Für sie ist mit der Grundgesetzaussage „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ die Gruppe der Pflegebedürftigen bereits erfasst. Außerdem besteht bei uns die Befürchtung, dass die Diskussion um das Staatsziel „menschenwürdige Pflege“ mit weiteren Staatszielen überfrachtet wird.
Die CDU-Landtagsfraktion geht also aufgeschlossen und konstruktiv diskutierend in die Beratung dieses Gesetzentwurfes in den zuständigen Ausschüssen.
Um die Gesamtproblematik zu umreißen sind mir folgende weitere Gedanken ausgesprochen wichtig: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich das Verhältnis der Generationen verändert hat und weiter dramatisch verändern wird. Kamen vor 100 Jahren auf einen 75- jährigen noch 79 jüngere Menschen, so sind es heute noch 12. Wir haben einen Rückgang, der 3- und auch der 2-Generationenhaushalt, aber eine deutliche Zunahme der 1-Generationenhaushalte.
Der 3-Generationenvertrag ist zu einem 5-Generationenvertrag geworden. Wir werden älter, sind gesünder als unsere Eltern und Großeltern und haben eine wesentlich kürzere Lebensarbeitszeit. Die heute 25 bis 58-Jährigen haben für 2 Generationen in der Ausbildung und für 2 Generationen im Rentenalter aufzukommen.
Ich nenne diese Punkte, weil die Pflegeinitiative vom Sozialverband Deutschland und der Arbeiterwohlfahrt in ihrem politischen Forderungskatalog ja zu Recht auf die steigenden Probleme der Finanzierung der Pflegeversicherung hinweist.
Wir können nicht alles über den Faktor Arbeit finanzieren. Das sind wir gerade auch den jungen Menschen schuldig, die eine Arbeit suchen, die ihren Lebensunterhalt sichert.
An dieser Stelle muss ein weiteres Faktum genannt werden: Bei den 60 bis 85-jährigen liegt der Anteil an der Pflegebedürftigkeit bei 5 bis 8 Prozent. Erst in der Gruppe der über 85-jährigen sind rund 25 Prozent hilfs- und pflegebedürftig. Das heißt aber auch, dass noch über 70 Prozent der Hochbetagten den Alltag kompetent meistern können.
Aber bereits der nächste Punkt stellt unsere Gesellschaft vor dramatische Herausforderungen und ich bin froh, dass die Pflegeinitiative auch dieses Problem beim Namen nennt:
Werden heute noch 75 Prozent der Pflegebedürftigen von ihren Angehörigen versorgt, so muss man davon ausgehen, dass diese Zahl erheblich zurückgehen wird. Familienpflege hat ihre Grenzen, die wir rechtzeitig erkennen und einplanen müssen. Angehörige werden morgen und übermorgen weit weniger Pflege und Versorgung übernehmen können.
Angesichts der Tatsache, dass die Pflegebedürftigkeit in einem immer höheren Alter auftritt und damit die potentiellen Pflegekräfte – das sind überwiegend Ehepartner und Töchter – selbst auch älter sind und Pflege für sie schon körperlich eine Überforderung bedeutet. Schon heute sind 50 Prozent der pflegenden Angehörigen Frauen über 65 Jahre. 25 Prozent sogar Frauen über 75 Jahre. Diese pflegenden Angehörigen brauchen zum Teil selbst Pflege und Entlastung.
Ich habe diese Punkte ganz bewusst genannt, damit niemand von uns glaubt, dass die Pflegeproblematik mit einer Staatszieldiskussion kostengünstig zu bestehen sei. Mit der Landesverfassung werden wir nur in der Lage sein, die Einstellung der Gesellschaft zur Pflegeproblematik schrittweise zu verändern. Das Finanzierungsproblem der Pflegeversicherung bleibt unverändert bestehen. Und auch für eine dringend erforderliche bessere Personalausstattung haben wir noch keinen konkreten Beitrag geleistet. Wir sind uns im Ziel einig. Streiten aber – teilweise aber auch quer durch die Fraktionen, um den richtigen Weg.
Alle Pflegebedürftigen haben ein Anrecht auf eine menschenwürdiges, selbstbestimmtes Leben. Sie haben ein Anrecht auf eine soziale Integration. Sie haben ein Anrecht auf fachlich qualifizierte Hilfen.
Und die Forderung nach einem solidarischen Sicherungssystem, das den Pflegebedarf gerecht abdeckt und die Betreuung nicht vernachlässigt, ist Ernst zu nehmen.
Wir reden hier nicht über die Probleme einer kleinen Gruppierung. Wir reden über eine der nach wie vor größten sozialpolitischen Herausforderungen. Von dieser Problematik wird jede Generation erfasst.
Ich bedanke mich bei den vielen ehren- und hauptamtlichen Unterstützern dieser Pflegeinitiative. Die CDU-Landtagsfraktion wird sich einer sachgerechten Diskussion stellen.