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21.02.02
17:26 Uhr
CDU

Torsten Geerdts: Bundesanstalt braucht grundlegende Strukturrefor m

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 98/02 vom 21. Februar 2002
TOP 20 Torsten Geerdts: Bundesanstalt braucht grundlegende Strukturreform Die vom Bundesrechnungshof aufgedeckten Mängel bei der Bundesanstalt für Arbeit belegen überdeutlich, dass die politisch Verantwortlichen einen Handlungsbedarf nicht erkannt haben und untätig geblieben sind. Angesichts von 4,3 Millionen Arbeitslosen ist ein solches Versäumnis skandalös. Es steht im krassen Widerspruch zu Schröders Wahlversprechen, die Zahl der Arbeitslosen auf unter 3,5 Millionen zu senken.
Es zeigt sich immer deutlicher, dass Bundesarbeitsminister Riester nur ein geringes Interesse daran hat, die Konsequenzen aus den skandalösen Vorkommnissen in der Bundesanstalt für Arbeit zu ziehen.
Statt sich um die Aufklärung der Missstände zu kümmern, duckt sich Riester lieber hinter dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit weg, um ja nicht in eine noch weitere sozialpolitische Schusslinie zu geraten.
Es geht jetzt darum, dafür zu sorgen, dass die bekannt gewordenen Mängel umgehend beseitigt werden. Dazu brauchen wir eine umfassende Reform der Arbeitsverwaltung. Die CDU-Landtagsfraktion legt dazu heute einen eigenen Antrag vor.
Die öffentliche Arbeitsverwaltung mit den Aufgaben Vermittlung von Arbeitsplätzen, Qualifizierung von Arbeitssuchenden und präventiver Bekämpfung von Arbeitslosigkeit soll bestehen bleiben.
Unser Ziel ist es aber, die Bundesanstalt für Arbeit zu einem deutlich verschlankten, unbürokratischen, kundenorientierten und effizienten Dienstleister für Arbeitslose, Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir einen Zeitraum von mehr als einer Wahlperiode benötigen. Desto wichtiger ist es, dass wir die Strukturreform jetzt beginnen.
Wir brauchen eine Reorganisation der Bundesanstalt für Arbeit. Vermitteln muss Vorrang vor verwalten haben. Daher müssen wir uns auf die Kernaufgaben konzentrieren und die Bundesanstalt von sachfremden Aufgaben entlasten. Diese Behörde hat aus unserer Sicht folgende Kernaufgaben: Sie muss
• Arbeitslose auf offene Stellen vermitteln,
• Arbeitslose aktivieren und
• die Arbeitslosenversicherung durchführen.
Die Bundesanstalt für Arbeit muss beispielsweise von Aufgaben wie der Durchführung des steuerlichen Familienlastenausgleichs und des Kindergeldgesetzes befreit werden.
Die in der Arbeitsvermittlung tätigen Mitarbeiter haben die problematische Aufgabe, eine passgenaue persönliche Beratung zu leisten und individuelle Anforderungsprofile zu erstellen. Diese Aufgabe kann überhaupt nicht zufriedenstellend erfüllt werden, wenn ein einzelner Arbeitsvermittler bis zu 800 Arbeitslose zu betreuen hat. Und das ist zur Zeit die Realität in den Arbeitsämtern.
Wir müssen durch die Konzentration auf Kernaufgaben und die Verschlankung der Strukturen dazu kommen, einen deutlich größeren Teil der 90.000 bei der Bundesanstalt für Arbeit Beschäftigten für direkte Vermittlungstätigkeiten einzusetzen. Wir wollen die Zahl der derzeit 8.500 Arbeitsvermittler auf mindestens 20.000 Arbeitsvermittler aufstocken und so die Kernaufgaben unserer Arbeitsämter stärken.
Ich bin allerdings auch davon überzeugt, dass man durch eine deutliche Aufgabenreduzierung zu einer Personalreduzierung bei der Bundesanstalt für Arbeit kommen muss.
Wenn die Arbeitsmarktpolitik in Deutschland erfolgreicher sein soll, müssen wir sie dezentralisieren. Die Bundesanstalt für Arbeit muss sich auf ihre wesentlichen Aufgaben konzentrieren. Dazu gehören positive lokale und regionale Ansätze der Vermittlung in Arbeit zu bündeln, zu verbreiten und weiter zu entwickeln. Außerdem müssen von dieser Bundesbehörde Vorschläge zur Entbürokratisierung der Verwaltungs- und Vermittlungstätigkeit gemacht werden.
Wir müssen uns kritisch mit der Funktion von Landesarbeitsämtern auseinandersetzen. Aus unserer Sicht sind sie personell aufgebläht und tragen eher zur Bürokratisierung bei. Die Zweistufigkeit der Arbeitsverwaltung muss ernsthaft geprüft werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich der Wegfall von Landesarbeitsämtern nicht negativ bemerkbar machen würde.
Wir brauchen mehr Wettbewerb der Arbeitsämter mit den privaten Arbeitsvermittlern. Es waren übrigens die Sozialdemokraten, die 1994 das Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit erhalten und damit private Arbeitsvermittlung verhindern wollten. Wir wollen, nachdem die Union auf Bundesebene dieses Monopol aufgehoben und Wettbewerb zugelassen hat, eine weitere Stärkung der privaten Vermittlung herbeiführen. Wir schlagen vor, dass Arbeitlose künftig Vermittlungsgutscheine erhalten, wenn das Arbeitsamt nicht sofort einen freien Arbeitsplatz nachweisen kann. Mit diesem Gutschein sollen Arbeitssuchende berechtigt sein, Vermittlungsunterstützung auch durch private Anbieter zu erhalten oder Trainingsmaßnahmen in Anspruch nehmen zu können.
Wir wollen außerdem den Unfug beenden, dass nur die Bundesanstalt für Arbeit berechtigt ist, private Arbeitsvermittler oder Zeitarbeitsunternehmen zuzulassen. Wer genehmigt schon gerne seine eigene Konkurrenz? Die Antwort lautet: Niemand und daher ist hier dringender Handlungsbedarf.
Wir sind der Überzeugung, dass wir eine aussagekräftigere Arbeitslosenstatistik benötigen, aus der umgehend der arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitische Handlungsbedarf abgelesen werden kann. Manchmal ist weniger einfach mehr.
Wir wollen auf Landes- sowie auf Bundesebene eine bessere Überprüfung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Wir müssen immer wieder die Wirksamkeit, das Kosten-Nutzen-Verhältnis, Mitnahme – und Verdrängungseffekte unserer Politik auf dem zweiten Arbeitsmarkt hinterfragen. An mancher Stelle wäre es mittelfristig sinnvoller, weniger Geld für ABM zur Verfügung zu stellen und stattdessen mehr Haushaltmittel für Investitionen bereitzuhalten. Damit stärken und fördern wir konkret Beschäftigung im 1. Arbeitsmarkt.
In unserem Antrag sprechen wir uns außerdem für eine Reform der Selbstverwaltung bei der Bundesanstalt für Arbeit aus. Auch dort wollen wir schlankere Gremien, die ihre Kompetenzen und Kontrollaufgaben auch wirklich wahrnehmen können. Wir wollen Interessenkollisionen verhindern und schlagen deshalb vor, dass eine Mitwirkung in der Selbstverwaltung und die gleichzeitige Mitgliedschaft bei Trägern arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen entflochten werden müssen.
In dieser Wahlperiode wollte die Bundesregierung die Voraussetzungen für die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfe einleiten. Auch dieses Ziel hat Riester nicht erreicht.
Daher fordern wir die Landesregierung auf, die Bundesratsinitiative des Landes Hessen „Offensiv aus der Sozialhilfe – durch optimales Fördern und Fordern“ zu unterstützen.
Die dauerhaft hohe Zahl von Sozialhilfeempfängern von bundesweit über 2,6 Mio. Menschen und den jährlichen Ausgaben von über 20 Milliarden Euro belegen den dringenden politischen Handlungsbedarf. Hinzu kommen weitere 1,5 Mio. Menschen, die ebenfalls keine Arbeit haben und von der Bundesanstalt für Arbeit jährlich weit über 10 Milliarden Euro an Arbeitslosenhilfe beziehen.
Wir fordern noch einmal, dass endlich die Grundlagen geschaffen werden, um die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zusammenzuführen.
Beide Hilfearten sind steuerfinanziert. Sie federn das Risiko bei Arbeitslosigkeit ab, prüfen die Bedürftigkeit des Empfängers, sollen den Lebensunterhalt sichern und die Menschen wieder in den 1. Arbeitsmarkt vermitteln. Das Ziel ist die Verbesserung der Hilfe und der Förderung von Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfängern durch die Zusammenführung von Betreuung, Qualifizierung, Vermittlung und Leistungsgewährung.
Wir sprechen uns dabei für Vermittlungsagenturen aus, die von privaten, freien und öffentlich rechtlichen Trägern betrieben werden können. Also auch dort mehr Markt und damit auch mehr Wettbewerb.
Das sind die Vorschläge der Union, die wir gemeinsam mit dem Antrag der FDP vertiefen möchten.
Die Bundesanstalt für Arbeit befindet sich in der Tat in einer schweren Krise. Der Schleswig-Holsteinische Landtag sollte den politisch verantwortlichen Arbeitsminister Riester auffordern, unverzüglich zu handeln und eine grundlegende Reform der Strukturen und der Arbeitsweise der Bundesanstalt für Arbeit einzuleiten.
Wir müssen weg von der geräuschlosen Verwaltung der Arbeitslosigkeit und hin zum absoluten Vorrang jeglicher Vermittlungsbemühungen.