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20.02.02
10:10 Uhr
CDU

Martin Kayenburg: Simonis steht in der politischen Verantwortung

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG
Nr. 84/02 vom 20. Februar 2002
TOP 34 Martin Kayenburg: Simonis steht in der politischen Verantwortung Frau Simonis, Sie haben heute eine große Chance. Mit unserem Antrag auf Entlassung des Ministers für Finanzen und Energie eröffnen wir Ihnen die Möglichkeit, endlich einmal selbst zu handeln, statt durch weitere, absehbare Entwicklungen zum Handeln getrieben zu werden. Was unter dem Titel „Computer-Affäre“ seit Wochen für Schlagzeilen sorgt, ist der vorläufige Tiefpunkt einer Politik im Finanzministerium, die zusammengenommen die Überschrift „Rechtsbrüche, Haushaltstricks und Skandale“ trägt.
Das Maß dessen, was sich Ihr Finanzminister, der ja auch Ihr unmittelbarer Nachfolger im Amt ist, bis in die letzten Tage geleistet hat, ist voll. Wenn Sie jetzt nicht die einzig angemessene Konsequenz ziehen und Herrn Möller entlassen, dokumentieren Sie, dass Sie die von ihm zu verantwortenden Rechtsbrüche billigen. Sie stünden damit an der Seite Ihres Ministers und - ich sage es deutlich - setzen sich damit dem Verdacht der Mittäterschaft aus.
Die Amtszeit von Claus Möller weist eine eindeutig negative Leistungsbilanz auf. Sie, Frau Simonis, haben ihn seinerzeit berufen, nachdem er noch nicht einmal zwei Monate lang als Nachfolger des wegen der Schubladenaffäre zurückgetretenen Sozialministers Jansen im Amt war. Nachdem Sie, Frau Simonis, Herrn Engholm, der seine Ämter wegen verschiedener Lügen aufgeben musste, beerbt hatten, wurde Claus Möller am 19. Mai 1993 Ihr Finanzminister. Da haben Sie beide etwas gemeinsam: Sie sind Profiteure der Schubladenaffäre, die 1993 die SPD in eine tiefe Krise stürzte.
Ich frage mich natürlich bei der Bewertung der Arbeit des noch amtierenden Finanzministers, was Sie eigentlich 1993 dazu bewogen haben mag, Herrn Möller zu Ihrem Nachfolger zu berufen. Eine besondere Neigung zur Finanzpolitik ist jedenfalls in seinem politischen Lebenslauf nicht zu erkennen. Allerdings war Möller als Kieler Stadtrat unter anderem für Personal zuständig. Zudem galt er als SPD-Kreisvorsitzender zugleich als wohl mächtigster Amtsinhaber in der Kieler SPD. Damit fanden Sie in ihm auch einen wichtigen Verbündeten zur Sicherung Ihrer eigenen Machtansprüche gegenüber einem anderen Kieler SPD-Politiker, der insbesondere in der Affäre um den Rücktritt Engholms eine wichtige Rolle gespielt hat.
Heute geht es also darum - auch als Entscheidungshilfe für Sie, Frau Simonis - eine Bilanz über die Amtszeit des Finanzministers zu ziehen. Ich beginne mit den objektiv nachprüfbaren Fakten:
In der Amtszeit von Claus Möller haben sich trotz steigender Steuereinnahmen die Schulden des Landes von 23,4 Milliarden DM Ende 1993 auf 32,3 Milliarden DM Ende 2001 erhöht. Die Zinslasten zur Schuldentilgung stiegen von 1,579 Milliarden DM auf 1,772 Milliarden DM zum Ende diesen Jahres und die Investitionsquote verringerte sich von 12,5 auf 9,3 Prozent in diesem Jahr.
Zeitgleich verkaufte die Landesregierung in seiner Amtszeit Landesvermögen in einer Größenordnung von über 2 Milliarden DM.
Diese objektiven Zahlen, die Sie nicht bezweifeln können, rechtfertigten allein schon Ihre Entlassung, Herr Möller. Sie haben die von Ihnen selbst gesetzten Ziele der Haushaltspolitik nicht erreicht. Sie sind auf der ganzen Linie gescheitert. Ihre finanzpolitische Unfähigkeit ist belegt.
Sie haben das Land in die Pleite gewirtschaftet. Und es ist auch Ihre Verantwortung, dass Schleswig-Holstein heute beim Schuldenmachen ganz vorn und beim Wirtschaftswachstum in Deutschland ganz hinten liegt.
Sie, Herr Möller, sind eben nicht der gute sparsame Haushälter eines Landes; Sie bekommen die Finanzen des Landes nicht in den Griff! Ihre Markenzeichen heißen nicht Konsolidierung und Sparsamkeit, sondern: immer mehr Schulden und immer neue Buchungstricks! Hinzu kommen die Aktionen zum Verscherbeln von Landesvermögen. In all den Jahren gibt es kein einziges Geschäft, das Sie eingefädelt haben, bei dem nicht ein schaler Nachgeschmack bliebe. Der Verkauf der HDW- Anteile, der Verkauf der Provinzial, der Landesbankanteile oder der teilweise Verkauf der LEG. Alle diese Möller-Deals tragen ein gemeinsames Etikett: Alle waren Geschäfte zu Lasten des Landes und jedes Mal freuten sich nur die Käufer.
Ihre Deals sind immer nach dem selben Muster abgelaufen. Sie entdecken eine Haushaltslücke, teilten sie den Kaufinteressenten mit und schon wissen die, zu welchem Preis sie kaufen können. Die Käufer haben dann nicht nur Ihr Haushaltsloch gestopft, sondern - weil sie Ihre finanzielle Notlage kannten - auch gleich noch die Vertragskonditionen diktiert. In der freien Wirtschaft hätte ein solcher Verkäufer schon längst seine Papiere bekommen. Diese erschreckende Naivität des Verkäufers Claus Möller geht einher mit wirklich dreisten Buchungstricks und neuerdings mit Rechtsverletzungen.
Ich erinnere nur an die Landtagstagung im Mai 1997. Damals rügte das Parlament ihre buchungstechnischen Kunstgriffe, mit denen Sie das Defizit des Jahres 1995 in unzulässiger Weise zu niedrig festgestellt hatten. Es ist schon ein ziemlich einmaliger Vorgang in Deutschland, dass ein Parlament einen Finanzminister öffentlich auffordert, sich künftig an die Vorgaben der Landeshaushaltsordnung zu halten.
Ein weiteres Beispiel Ihrer Rechtsverletzungen und Tricks ist der vom Parlament immer wieder diskutierte Immobiliendeal von 1998. Unter der bewusst auf Irreführung angelegten Überschrift „Reorganisation der Landesbauverwaltung“ wollten Sie schnell und unauffällig die Kreditobergrenze nach Artikel 53 der Landesverfassung überschreiten und damit gegen die Landesverfassung verstoßen.
Erst nachdem CDU und FDP vor dem Bundesverfassungsgericht diese unglaubliche Praxis beklagt hatten, konnte der Verfassungsverstoß gestoppt werden. Und selbst vor dem höchsten deutschen Gericht haben Sie noch gemogelt, weil Sie dem BVG in Ihrer Stellungnahme vom 1. September 1998 nicht mitgeteilt haben, dass das Land zwischenzeitlich (seit dem 3. August des Jahres) über zusätzliche unerwartete Steuereinnahmen verfügte.
Sie haben sogar versucht, Herr Möller, beim Bundesverfassungsgericht einen falschen Eindruck über die tatsächliche Einnahmesituation des Landes Schleswig-Holstein entstehen zu lassen. Ihr Trick ist damals aufgeflogen und im November 1998 handelten Sie sich die zweite öffentliche Rüge dieses Hohen Hauses ein.
Zu Ihrem Katalog von Pleiten, Pech und Pannen zähle ich auch das 35-Millionen Loch im Bildungsministerium. Sie betreiben zwar in Ihrem Haus ein aufwändiges Personalkostencontrolling, aber Sie waren trotzdem nicht in der Lage, diesen Fehler rechtzeitig zu entdecken.
Nun haben wir den in der Geschichte des Landes einmaligen Fall, dass die Landesregierung in einer Klage gegen Abgeordnete dieses Hauses vor dem Bundesverfassungsgericht durchsetzen will, dass Sie bestimmte Akten zur Aufklärung des Sachverhalts nicht herausgeben muss.
Ich finde es beschämend, dass sich SPD-Abgeordnete dieses Hauses aus dieser Klage jetzt zurückgezogen haben, nachdem sie vor kurzem noch volle Aufklärung gefordert hatten. Mit Ihrem jetzigen Verhalten werfen Sie, Herr Astrup, doch zwangsläufig die Frage auf, ob das 35-Millionen-Loch nicht eine weitere Affäre des Finanzministers ist, zu deren Aufdeckung Sie nicht beitragen wollen, um die von Ihnen getragene Regierung nicht noch mehr in Bedrängnis zu bringen.
Ihre finanzpolitische Laufbahn, Herr Möller, oft am Rande der Legalität, erlebt nun einen weiteren traurigen Tiefpunkt. Die Computer-Affäre mit ihren schon jetzt festgestellten, eindeutigen und von Ihnen sogar eingeräumten Verstößen gegen Recht und Gesetz bringt das Fass endgültig zum Überlaufen. Sie, Herr Möller, haben nach zwei Abmahnungen durch dieses Parlament nun keine Gnadenfrist mehr. Jetzt ist Zeit für die „rote Karte“.
Jedes Unternehmen würde einen Finanzvorstand bei einer solchen Häufung von Rechtsverletzungen und Fehlentscheidungen entlassen. Dies wäre nicht nur eine logische, sondern auch eine notwendige Konsequenz. Und deshalb fordern wir Sie, Frau Simonis, als Geschäftsführerin des Unternehmens Schleswig-Holstein auf, endlich die eigentlich längst überfällige Trennung von diesem Finanzminister zu vollziehen und ihn zu entlassen.
Sie müssen das eigentlich auch schon deshalb tun, Frau Simonis, weil der Finanzminister in der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses ein Politikverständnis offenbart hat, das überhaupt nicht mehr zu dem politisch-moralischen Anspruch passt, mit dem die Sozialdemokraten vor jetzt 14 Jahren in der Regierungsverantwortung angetreten sind.
Ihr Finanzminister, Frau Simonis, hat in den vergangenen Wochen mehrfach erklärt, dass er für die Computer-Affäre die politische Verantwortung übernehme. In der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland zieht ein solches Bekenntnis fast automatisch Konsequenzen nach sich. Das war beim dem Sozialdemokraten Georg Leber, dem Freien Demokraten Werner Maihofer und dem CDU-Innenminister Rudolf Seiters so.
Sie alle übernahmen die politische Verantwortung für Fehler, die ihnen unterstellte Mitarbeiter begangen hatten, und sind zurückgetreten.
In Schleswig-Holstein ist es jetzt aber anscheinend Mode geworden, das große Wort von der politischen Verantwortung zwar gelassen aussprechen, aber dann keine Konsequenzen zu ziehen.
Das war beim 35-Millionen-Loch bei Ihnen, Frau Erdsiek-Rave, schon so, und Herr Möller hat das jetzt noch getoppt. Ich zitiere Finanzminister Möller im Finanzausschuss am 13. Februar: „Politische Verantwortung ja, und das war’s dann auch“.
Ich frage Sie, Frau Simonis, was muss eigentlich noch passieren, damit Mitglieder Ihres Kabinetts zu ihrer politischen Verantwortung auch wirklich einmal stehen. Passt das Bild, das Ihre Ministerinnen und Minister hier im Landtag - aber auch in der Öffentlichkeit - abgeben, eigentlich noch zu dem Anspruch an politische Kultur, der von Ihnen und Ihren Genossen gerade in diesem Land nach 1988 formuliert wurde? Fühlen Sie sich eigentlich selbst noch politisch verantwortlich für das, was in Schleswig-Holstein passiert? Oder ist für Sie die Übernahme politischer Ämter, in die Sie demokratisch gewählt wurden, nicht mehr als irgendein beliebiger Job?
Auch Sie, Frau Simonis, müssen sich das heute fragen lassen. Wenn Sie Ihrer ganz persönlichen, politischen Verantwortung gerecht werden wollen, bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig, als einen Minister zu entlassen, der eindeutig gegen Recht und Gesetz verstoßen hat. Wie wollen Sie sonst eigentlich Bürgermeistern und Beamten in den Kreisen, Städten und Gemeinden erklären, wie notwendig es ist, sich an Vergaberecht zu halten, um der Korruption nicht Tür und Tor zu öffnen, wenn Sie in Ihrer eigenen Regierung billigend in Kauf nehmen, dass Ihr Finanzminister dieses Recht nachhaltig verletzt?
Ich fordere Sie auf, Frau Simonis, handeln Sie endlich! Wenn Sie aus dem erneuten Rechtsverstoß Ihres Finanzministers keine Konsequenzen ziehen, müssen Sie sich künftig den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie als Regierungschefin Rechtsverletzungen in ihrem Kabinett dulden und decken. Damit schaden Sie sich selbst und vor allem aber auch dem Land Schleswig-Holstein, materiell und im Ansehen der Öffentlichkeit.
Durch die Praktiken des Finanzministers wird Schleswig-Holstein beinahe so etwas wie eine Bananenrepublik. Wenn Sie das weiterhin zulassen, Frau Simonis, werden Sie Ihrer Verantwortung als Ministerpräsidentin nicht mehr gerecht.