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24.01.02
11:47 Uhr
CDU

Roswitha Strauß: Mutige Reformen statt teurem Stückwert!

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 31/02 vom 24. Januar 2002 TOP 12 und 13 Roswitha Strauß: Mutige Reformen statt teurem Stückwert!
Das rot/grüne Schaulaufen um den Arbeitsmarkt ist beendet. Der Kanzler hat entschieden.
Rausgekommen ist ein Kombilohnmodell, das bei hohem Mitteleinsatz und viel Aufwand zwischen 10.000 und 30.000 Arbeitsplätze bringen soll. Was für eine politische Großtat!
Nach alter Manier werden Steuergelder hin und her verschoben, ohne dass auch nur ansatzweise grundlegende Verbesserungen am Arbeitmarkt erreicht werden.
Aber darum ging es dem Kanzler ja auch nicht. Worum es ging war der Show-Effekt, mit dem einerseits Aktivität vorgetäuscht werden sollte und andererseits vertuscht werden soll, dass überfällige und tiefgreifende Reformen des Arbeitsmarktes, der Sozialsysteme und der Steuergesetzgebung weiter auf die lange Bank geschoben werden.
Die Wirkungen sind verheerend! Anstatt gestaltende Politik, erleben die Menschen reaktiven Aktionismus, der nicht nur die Arbeitslosenzahlen in die Höhe treibt, sondern auch die Lohnnebenkosten.
Das Versprechen des Kanzlers die Lohnnebenkosten unter 40% zu senken, erweist sich ebenso als Makulatur, wie das Versprechen die Arbeitslosenzahlen unter 3,5 Mio. zu senken.
Mit der Folge, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft noch schlechter und der Druck auf den Arbeitsmarkt immer größer wird.
Die Kritik der Fachleute war dementsprechend einhellig und vernichtend.
Auf den Punkt gebracht hat sie Professor Driftmann. Zitat des Tages vom 16.1. 2002 in der S- H Landeszeitung:
„Es ist so, als wenn man einem an Pneumonie erkrankten Patienten das Gesicht pudert in der Hoffnung, dass das Fieber sinkt.“ Dem ist nichts hinzu zu fügen. Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und FDP versuchen mit ihren Anträgen zur Arbeitsmarktpolitik auf einen Zug aufzuspringen, der schon lange abgefahren ist auf dem Weg ins Nirgendwo.
Inhaltlich lassen beide Anträge leider jeden vernetzten Denkansatz vermissen, der geeignet wäre, die strukturellen Probleme am Arbeitsmarkt zu lösen.
Die Frage der richtigen oder verfehlten Anreize ist die Kernproblematik der Wirtschaftspolitik und untrennbar mit der Arbeitsmarktpolitik verbunden.
Prof. Horst Siebert vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel beschreibt diese Problematik in seinem Buch „der Kobra-Effekt“. „Kobra-Effekt“, was bedeutet das? „Zu Zeiten der englischen Kolonialverwaltung soll es in Indien einmal zu viele Kobras gegeben haben. Um der Plage Herr zu werden, setzte der Gouverneur eine Prämie pro abgelieferten Kobra-Kopf aus. Die Inder sollten also Kobras einfangen. Wie reagierten sie? Sie züchteten Kobras, um die Prämie zu kassieren.“
Herr Kollege Garg, was wäre die Wirkungsweise Ihres Antrages?! Erstens: Solange Sozialtransfers plus Schwarzarbeit attraktiver sind als reguläre Arbeit, wird es im Niedriglohnbereich keine neuen Arbeitsplätze geben. Wo Ihr Parteikollege Brüderle recht hat, hat er recht. Und zweitens: Deutschland wäre vermutlich schlagartig zu großen Teilen ein Niedriglohnland. Gut bezahlte Jobs würden gesplittet und die Mitnahmeeffekte wären gigantisch, ganz zu schweigen von der kompletten Verwerfung unserer Sozialsysteme.Und über die Finanzierung verlieren Sie vorsichtshalber kein Wort.
Oberstes Gebot für die Etablierung von Arbeitsplätzen im Niedriglohnbereich - die ja potentiell durchaus vorhanden sind - muss daher eine grundlegende Reform der Arbeitsmarktpolitik sein.
Das Beispiel Dänemark zeigt, was mit mutigen Reformen erreicht werden kann. Innerhalb von 5 Jahren ging die Arbeitslosenquote von knapp 12 % auf 5,5 % zurück! Ursache hierfür waren Reformen wie:
! Die Verschärfung der Anforderungen. Das Motto hierbei: Wer Sozialtransfers in Anspruch nimmt, hat auch Pflichten. Solidarität ist keine Einbahnstraße.
Die Arbeitslosenunterstützung ist in den ersten Monaten recht hoch, dafür muss der Arbeitslose ein angebotenes Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis annehmen, sonst verliert er seine Ansprüche.
! Es gibt strengere Verfügbarkeitsregeln.
! Die Kündigungsfristen sind kurz, Abfindungen gibt es so gut wie keine. Dennoch haben nur wenige dänische Arbeitnehmer Angst um ihren Arbeitsplatz, weil sie schnell einen neuen finden und die Behörden funktionieren.
Nur durch die Senkung der Arbeitslosenquote haben die öffentlichen Haushalte überhaupt die Chance, einer Erholung bzw. Gesundung. Wenn es Deutschland gelingen würde, die Arbeitslosenquote ebenfalls auf etwa 5 % zu senken, würde dies gegenüber heute Einsparungen und zusätzlichen Gestaltungsspielraum in Höhe von etwa 30 Mrd. Euro eröffnen! Der Mut, der heute für eine echte Reform erforderlich ist, würde sich für die Zukunft als enormer Gewinn erweisen und das nicht nur für die betroffenen Menschen, sondern für ganz Deutschland.
Zu einer grundlegenden Reform gehört allerdings auch: Die Kappung der kontraproduktiven ABM Maßnahmen. Die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, sowie die Wiederherstellung der alten 630-DM-Regelung (jetzt 325 €), um den Bedarf an Aushilfen wieder so flexibel wie möglich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber herzustellen.
Die Bundesanstalt für Arbeit gibt jährlich mehr als 40 Mrd. DM oder 20 Mrd. Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik aus. Wenn man nur die Hälfte dieses Betrages für die Förderung im Niedriglohnbereich verwenden würde, könnte man – 100 Euro Förderung pro Person unterstellt- 800.000 echte neue Arbeitsplätze schaffen, ohne auch nur einen einzigen Euro mehr auszugeben als bisher.
Herr Kollege Hentschel, wir brauchen keine milliardenschwere Mehrwertsteuererhöhung zur Finanzierung von Lohnsubventionen, wir brauchen eine mutige Reform des Arbeitsmarkts. Mit ständiger Gegenfinanzierung kann man die viel zu hohe Staatsquote nie reduzieren, die im übrigen auch wesentliche Ursache für die zu schwache Binnennachfrage ist.
Aus Sicht der CDU muss die Förderung des Niedriglohnsektors nicht nur in eine umfassende Reform am Arbeitsmarkt eingebettet sein, sondern darüber hinaus muss auch
! die Aktivierung der privaten Haushalte als Arbeitgeber mit steuerlicher Flankierung wieder eingeführt werden.
Mit der Streichung der steuerlichen Absetzbarkeit von Haushaltshilfen zum 1. Jan. diesen Jahres geht die Bundesregierung genau den gegenteiligen Weg. Es bedarf keiner prophetischen Gaben, um hier einen weiteren Schub bei der Schwarzarbeit vorherzusagen.
! Das entscheidende Kriterium für die Förderwürdigkeit muss der geringe Stundenlohn und nicht der Monatsverdienst sein. Das Segment des Arbeitsmarktes zwischen 325,- und 800,- Euro wieder zu beleben muss das Ziel sein.
In diesem Zusammenhang ist es ein unglaublicher Vorgang, wenn die Bundesregierung bei über 4 Millionen Arbeitslosen nunmehr auch noch Zuwanderungsvoraussetzungen schaffen will, die die Anwerbung von Pflegepersonal aus Polen zu Niedriglöhnen möglich machen soll.
Hätte die Bundesregierung eine grundlegende Arbeitsmarktreform auf den Weg gebracht, könnten auch diese Arbeitsplätze problemlos besetzt werden.