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10.05.01
17:28 Uhr
CDU

Uwe Eichelberg: Keine griffigen Konzepte für Schleswig-Holstein

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.cdu.ltsh.de e-mail:info@cdu.ltsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 198/01 vom 10. Mai 2001
TOP 40 Uwe Eichelberg: Keine griffigen Konzepte für Schleswig-Holstein „Wirtschaftsminister Rohwer sieht Silberstreif am Konjunkturhimmel“ so lautet die Presseüberschrift zum Wirtschaftsbericht 2001. Woher der Optimismus? Für 2000 wurde angekündigt: „Alle Zeichen stehen auf Wachstum und Beschäftigung."
Aber was war 2000? Alle Länder der EU, mit Italien um den letzten Platz kämpfend auch Deutschland durch die erfolgreichen Westländer Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und NRW, - ja sogar mit dem Saarland -, haben von dem weltweiten Konjunkturboom profitiert, nur Schleswig-Holstein nicht.
Jetzt, da die Weltkonjunktur sich abschwächt, die Arbeitslosenzahlen auch in Schleswig-Holstein nur noch durch Alterabgänge sinken und die Masse der Einkommensbezieher ihre Steuerersparnis für erhöhte Heizungsrechnungen und durch für Öko-Steuer verteuerte Fahrten zum Arbeitsplatz hinblättert, sieht der hiesige Wirtschaftsminister einen Silberstreif am Konjunkturhimmel.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hat die Regierung denn überhaupt mitbekommen, dass
• die Bundeswehr tausende von Einkommensbeziehern/Konsumenten abzieht? • BSE und MKS unsere Landwirtschaft und das Ernährungsgewerbe, (- immerhin noch die drittstärkste Branche im verarbeitenden Gewerbe -), katastrophal schwächen? • das Baugewerbe und die überwiegende Anzahl der Handwerksberufe schwere Zeiten erleben, verbunden mit dem nachhaltigen Abbau von Arbeitsplätzen? • die Aufträge eben nicht steigen sondern in den ersten 3 Monaten gerade aus dem Ausland dramatisch zurückgehen? • die Branche der „New Economy“ Arbeitskräfte entlässt?
Ohne die positive Entwicklung im Planungsraum I, wo die Landesregierung bis auf das laufende Herausgeben von Ankündungen für verbesserte Verkehrsinfrastruktur in 10 Jahren fast nichts tut, wäre die Lage nach den Zahlen des Wirtschaftsberichtes vernichtend. Wer das nicht einsieht und die derzeitige Lage in unserem Land nicht richtig einschätzt ist ein Träumer und verhindert die Zukunft!
Meine Damen und Herren, Wirtschaftsberichte sind wie die Bilanzen von Unternehmen. Sie verschleiern und verschönern, soweit es gesetzlich noch zulässig ist.
Deshalb taugen sie als Einzelbericht nur bedingt etwas. Die Analyse muss im Vergleich, also in der Abfolge mehrerer Wirtschaftsjahre erfolgen. Da das kaum ein Politiker tut, meint die Regierung, mit ihrer einseitigen Interpretation der Zahlen leicht davon zu kommen.
Allein die Überschriften der Einleitung der jeweiligen Berichte zeigen deutlich, dass diese Landesregierung, - die immerhin schon mehr als 12 Jahre dieses Land regiert -, noch immer dabei ist ihre politischen Ziele zu definieren und neue Pläne aufzeigt, anstatt kritisch und mitunter auch selbstkritisch zu berichten, wie die Wirtschaft eigentlich läuft. Was gut lief, können wir natürlich lesen, aber wenig über die Mängel und was man als angemessene Maßnahmen zur Korrektur hält.
Und so lesen sich die Berichte auch eher wie eine Wahlprogramm, denn wie ein Rechenschaftsbericht.
Herr Minister Rohwer, wir kennen Ihre visionären Vorstellungen und den Drang zu neuem in der Wirtschaft. Wir schätzen dies, weil auch jeder in der Wirtschaft agierende Teilnehmer ein immerwährender Optimist sein muss.
Man braucht Visionen, um sich Zukunftsveränderungen überhaupt vorstellen zu können und um Ziele zu definieren. So fanden die neuen IuK-Techniken und Internet- Start Up’s mit ihren euphorischen Gründern bei Ihnen auch immer einen guten Ansprechpartner. Das war gut so, aber ist das alles? Muss man von einem Minister nicht auch ein wenig Realitätssinn für das Gesamt-Szenario erwarten können?
Schleswig-Holsteins Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen, die müssen auch angesprochen werden!
Sie müssen endlich sagen, dass die versprochen Finanzierungen der großen Infrastrukturprojekte Häfen- und Flughäfenausbau in Kiel und Lübeck wahrscheinlich ohne Brüssel durchgezogen werden müssen!
Erstaunlich ist immerhin, dass Sie selbst nach dem Zusammenbruch so vieler auch vom Land geförderter Unternehmen der „New Economy“-Dienstleister noch immer die Förderung so einseitig betreiben.
Vergessen Sie nicht, Schleswig-Holstein lebt vom produzierenden Gewerbe und gerade von den Dienstleistern, die Sie nicht fördern wie Banken, Spediteure und Gesundheitsstrukturen, die Sie erst jetzt entdecken.
Kräftig und nachhaltig gewachsen ist in den letzten Jahrzehnten mit 25 % die Anzahl der Mitarbeiter im öffentlichen Verwaltungsapparat, nur die Wertschöpfung hält sich hier in Grenzen und es fehlen dadurch die Investitionsmittel der öffentlichen Hand. Seien wir doch ehrlich, gerade der stark gewachsene Bereich der Unternehmensdienstleister ist bei kritischer Betrachtung überwiegend deshalb gewachsen, weil Großunternehmen wegen ihrer hohen Tarifgehälter sich einiger Bereiche durch „out-sourcing“ entledigt haben. Das war doch wohl nicht die Zielsetzung der Sozialdemokraten?
Wenn alles in den vergangenen 3 Legislaturperioden unter der sozialdemokratischen Regierungsverantwortung so gut gelaufen wäre, wie Sie es in den Berichten preisen,
• dann hätte unser Land nicht die niedrigste Investitionsquote von allen Bundesländern. • dann hätten wir nicht einen stetigen Rückgang an Arbeitnehmer, wenn man die starke Zuwanderung im Hamburger Umland herausrechnet. • dann dürfte im Landesteil Schleswig die wirtschaftliche Situation nicht so kritisch sein. Nach dem steten Abbau von Nahrungsmittelgewerbebetrieben ohne wirkliche Gegenreaktion der Regierung und der groben Vernachlässigung des Tourismus als „Industrie“ können Ansiedlungen wie Motorola wirklich nur ein Heilpflaster sein.
Sehen Sie nicht meine Damen und Herren, wie anfällig unsere Wirtschaftsstrukturen im Norden ohne Motorola sind?
Der Bericht macht eigentlich deutlich, dass Schleswig-Holstein nicht nur das niedrigste reale Bruttosozialprodukt aller alten Bundesländer erwirtschaftet hat, sondern zeigt in brutaler Härte auf, dass sich das Verhältnis zu den übrigen alten Bundesländern seit 1995 noch immer weiter verschlechtert. Die westdeutschen Bundesländer sind in den letzten Jahren um ein Drittel stärker im Bruttoinlandsprodukt angestiegen und selbst das Saarland hat uns noch überholt.
Meine Damen und Herren, das ist wahrhaftig keine Erfolgsbilanz der Regierung Simonis.
Eigentlich kann man das Ergebnis 2000 auf die durch verzerrte Währungsparität angesprungenen Exporte gerade der nicht mehr im Blickfeld des Wirtschaftsministers befindlichen Produktionsbetriebe der Maschinenbaus der papierverarbeitenden Betriebe und der Chemie beschränken.
Und dabei haben wir eben nicht, wie im Bericht behauptet, die Exportzuwächse aus den Lieferungen ins „Euroland“ sondern gerade an Länder Europas, die nicht den Euro haben, sowie die USA, Kanada und Australien und Japan. Genauso hat auch der Schiffsbau von dem Paritätsverlust profitiert. Die kleinen auf den deutschen und EU- Markt ausgerichteten Werften mussten in Insolvenzverfahren trotz der Werftenhilfe.
Und was passiert, wenn die Währungsparitäten sich wieder ändern oder die Konjunktur in den USA doch stärker abflaut, wie es sich anbahnt?
Die Landesregierung rühmt sich ihrer stark mittelstandsorientierten Wirtschaftspolitik. Ich frage mich nur welche?
Klar ist, dass 98% aller Betriebe im Lande mittelständisch sind und 85 % aller Beschäftigten dort arbeiten. Ich frage Sie: Was hat die Regierung wirklich getan, zur Abwendung des gerade den kleinen Mittelstandsbetrieb belastende Kündigungsschutzgesetzes, der gerade die Kleinbetriebe belastenden Steuerreformen und die unzeitgemäße Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes mit besonderen Belastungen gerade der kleinen Unternehmen der New Economy, der Forschung und der schon schlingernden Handwerksbetriebe zu verändern?
Von Ankündigungen hört man, aber man zieht keine Aktivitäten im Bundesrat!
Mittelstandspolitik fängt beim Handwerk an. Das Baugewerbe war immer noch die Schlüsselindustrie für einen Aufschwung der Konjunktur in Schleswig-Holstein. In den touristischen Hochburgen, - wenn man überhaupt noch davon sprechen kann -, gibt es ausreichendes Potential, zumal alle Gebiete in der Förderkulisse liegen.
Was macht die Regierung Simonis: Sie halbiert in 2000 die Fördermittel für den Tourismus.
Nun, über das Thema Handwerk sprechen wir auf der nächsten Landtagssitzung ausführlich.
Allein die Rahmenbedingungen und die Impulse für die Wirtschaft in Schleswig- Holstein müssen Zielsetzung der Regierung sein.
Es wäre falsch zu behaupten, dass nichts geschehen sei.
Die Frage ist nur, ob die Prioritäten immer richtig gesetzt sind. „Bay to Bio“, „e- commerce“ und „Community Treffs“ sind gut und auch relativ wichtig.
Noch wichtiger bleiben die „Brot und Butter“ – Wirtschaftsbereiche, von denen wir noch in unserem Land leben, und die Firmen, die Steuern zahlen. Wer nichts zu beißen hat, der muss nicht vom Rolls Royce träumen!
Wichtig bleibt ein Entwicklungskonzept für unser Land orientiert an den regionalen Besonderheiten. Das mahnen wir als CDU schon seit Jahren an, aber nichts kommt.
Dies trifft auch für die Förderung des Tourismus zu. Mecklenburg macht uns vor, wie man auch deutsche und verwöhnte Touristen im Lande halten kann, bei gleichen Witterungsverhältnissen. Die Erhöhung der Promenaden in Schönberg oder Grömitz sind keine ausreichenden Strategien oder gar Konzepte, um zu verhindern, dass man nicht binnen eines Jahres vom 6. auf den 8. Platz der Ferienziele der Deutschen absinken will. Die Urlaubsorte brauchen an die Bedürfnisse und Wünsche der Urlauber angepasste Strukturen.
Man muss auch bei schlechtem Wetter an der Nordsee seine Kinder beschäftigen können und für die jungen Leute mit Geld muss ein attraktives Angebot wenigstens in einzelnen Orten vorgehalten werden. Genauso wie bei der übrigen regionalen Wirtschaftsförderung muss man nach genaueren Analyse wissen, was man eigentlich als regionalen Schwerpunkt fördern will.
So wie wir jetzt die Förderung betreiben, Projekte nach dem Wetthundrennverfahren abzuarbeiten, bringen wir unser Land nicht dauerhaft nach vorn und die GA-Förderung läuft aus!
Herr Minister Rohwer, „Wir machen die Regionen stark“ preisen Sie in dem Bericht an!
Jawohl, aber was planen Sie denn? Wir wollen es endlich wissen!
Noch einige Worte zur Verkehrsinfrastruktur!
Nun wissen wir es ja. In Schleswig-Holstein werden selbst die Industriebahngleise gekappt und die Fernzüge zur regionalen Erlebnisbahnen umgewandelt. Dafür darf man als internationaler Fahrgast aber sein Fahrrad kostenlos mitnehmen und sich auf dem Gang einen Kaffee ziehen. Jawohl wir tun etwas!
Wissen Sie eigentlich, dass die anderen Bundesländer eine Neuverteilung der Regionalisierungsmittel zu Lasten von Schleswig-Holstein anstreben?
Bei den Straßenbauankündigungen sind Sie vorsichtiger geworden, Herr Minister. Es ist nicht mehr zu lesen, dass die A 20 bis 2011 von Lübeck bis über die Elbe fahrfertig ist. Das erstaunt doch sehr.
Angekündigt wird nur noch ein Termin der Fertigstellung des Abschnittes Lübeck bis Segeberg (A 21) bis 2007. Sind das schon Zugeständnisse an den bisherigen und zukünftigen Koalitionspartner die „Grünen“, der sich wie auch viele regionale SPD- Verbände gegen den weiteren Ausbau der A 20 aussprechen?
Ebenso sind die Förderzusagen für die Ausbaumaßnahmen der Häfen und Flughäfen sehr vage gehalten. Das spricht dafür, dass Sie es genau wissen, dass es dafür von Brüssel kein Geld gibt.
Lassen Sie mich zusammenfassen:
Das Jahr 2000 war kein gutes Wirtschaftsjahr für unser Land.
Die Prognosen mit dem Silberstreif sind durch nichts gefestigte Hoffnungen.
Es fehlen wirklich griffige Konzepte für die Entwicklung unseres Landes.
Selbst die kritische Analyse fehlt.
Wir bleiben sehr anfällig von ausländischen Nachfragen oder bundespolitischer Wirtschaftspolitik. Es gibt in einigen Bereichen gerade für die neuen Technologien einige gute Ansätze, die sich aber erst in späteren Jahren auszahlen und zur Zeit nur Steuerausfälle verursachen.
Die Verkehrsinfrastruktur wird nicht nachhaltig verbessert werden können, da das Land dafür kein Geld hat und Brüssel wie auch Berlin die notwendigen Maßnahmen nicht entsprechend finanzieren wollen.
Lassen Sie uns im Anschluss beraten, was wir noch aus dem Bericht lernen können um Maßnahmen zu entwickeln!