TOP 6 Kläre Vorreiter: Täglich neue Schreckensmeldungen
LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.dePRESSEMITTEILUNG Nr. 37/00 vom 27. Januar 2000TOP 6 Kläre Vorreiter: Täglich neue Schreckensmeldungen Bedauerlicherweise musste aus gegebenem Anlass die Qualitätssicherung in Pflegeeinrichtung erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden. Aus aktuellen Gründen hätten wir gerne darüber, bereits im Dezember diskutiert. Leider kommen ja täglich noch neue Schreckensmeldungen an die Öffentlichkeit und wer angesichts der schweren Vorwürfe über Missstände in der Pflege die Augen verschließt, versündigt sich an den Menschen in unserem Land, die auf die Pflege in unseren Heimen angewiesen sind.Da ganz eindeutig die Verantwortung für die Fachaufsicht, bei der Sozialministerin Moser liegt, muss sie sich fragen lassen, ob dieser Aufsichtspflicht ordnungsgemäß nachgegangen wurde.Kommen Sie jetzt nicht mit dem Hinweis, Frau Ministerin, dass die Heimaufsichtsbehörden in den Kreisen und kreisfreien Städten angesiedelt sind, also die Zuständigkeiten dort liegen. Formal ist das zwar richtig, aber bei den nicht erst seit kurzem bekannt gewordenen gravierenden Mängeln, hätte strengstens überwacht werden müssen, und zwar von ihrer Seite. In der Sozialausschusssitzung des Landtages am 28.1.99, also vor genau einem Jahr, wo die Qualitätssicherung auf Grund eines Landtagsantrages der CDU, diskutiert wurde, und nachhaltig gefordert wurde strengstens vorzugehen, sagten Sie, Frau Moser, sie wollen es sich mit den Heimaufsichtsbehörden nicht verderben. So kann es doch nicht weitergehen, darum erheben wir erneut die Forderung in unserem Antrag: Verbesserte Kontrollmöglichkeiten, und zwar unangemeldet, was die Heimaufsicht durchaus kann, d.h. eine Feuerwehr oder eine Task Force für Pflegeheime. Besser noch wären unabhängige Kontrollinstrumente zusätzlich einzuführen. Dies fordern inzwischen auch die Krankenkassen. Nur unabhängige Kontrolleure sind in der Lage, Missstände ohne Vorbehalt offenzulegen, denn der MDK ist ein Kontrollorgan der Krankenkassen, zwar von der Ministerin beauftragt, aber von den Krankenkassen bezahlt. Wer gibt denn gerne eigene Fehler zu?In den Kieler Nachrichten vom 30.11.99 war zu lesen, dass die Ministerin das Kontrollnetz enger flechten will und sogar zugibt, dass die jetzige Situation gravierende Mängel aufweist und unbefriedigend ist. Viel deutlicher wurde Herr Günter Ploß, Sprecher der Ersatzkassenverbände, in seiner Pressemitteilung vom 15.12.99 in der Landeszeitung. Da hieß es: „Pflegeheime: Missstände bis zur Lebensgefahr.“ Pflegekassen sind entsetzt über das Ausmaß der Mängel. Bei solchen Zuständen, die auch Ihnen, Frau Ministerin, nicht verborgen geblieben sein dürfen, reichen Briefe an die Landräte und Bürgermeister, endlich tätig zu werden, nicht aus. Sie ganz persönlich sind gefordert und müssen handeln. Wenn sogar der ihnen eng verbundene Wohlfahrtverband AWO die Missstände in den Heimen in einer Pressekonferenz am 25.1. offen anprangert, muss die Regierung sich fragen lassen, wozu eigentlich der Landespflegeausschuss da ist.Darum jetzt auch die ganz konkrete Frage an Sie, Frau Ministerin Moser: "Was ist im Zeitraum Januar 1999 bis heute zur Verbesserung der Situation in den Heimen geschehen?“• Wurde auf unnötige bürokratische Durchführungsbestimmungen verzichtet,• wurden verlässliche Kriterien für die Fachkraftquote in Pflegeeinrichtungen geschaffen,• wurden Pflegeeinrichtungen unangemeldet kontrolliert, wenn ja, wann und wie viele, was haben diese Prüfungen ergeben und wurden Konsequenzen daraus gezogen,• haben die Landesverbände der Pflegekassen, die Träger der Sozialhilfe und die Heimaufsichtsbehörden regelmäßig getagt und haben sie Bericht erstattet,• ist es den Angehörigen von Pflegebedürftigen ermöglicht worden, sich in die Heimbeiräte wählen zu lassen?All diese Fragen haben wir bereits am 25. März 1999 gestellt und es scheint bis heute kaum eine Verbesserung stattgefunden zu haben.Ein weiteres Kriterium um die qualitätssichernden Maßnahmen im stationären Bereich zu verbessern, muss auf die Einhaltung der Fachkraftquote von mindestens 50 % streng geachtet werden, denn nur fachlich gut ausgebildetes Personal ist in der Lage, den ohnehin schweren Dienst zu verrichten. Durch das Altenpflegeausbildungsgesetz sind die Voraussetzungen der Ausbildung in Schleswig-Holstein verbessert worden und es sind nach Aussagen des Arbeitsamtes auch auf dem Arbeitsmarkt ausreichend Fachkräfte zu bekommen. Es ist also nicht der Mangel an Fachkräften, sondern das Geld ist der Grund dafür, dass der Schlüssel Fachkräfte-Nichtfachkräfte häufig unterlaufen wird.Im übrigen gilt heute noch der Personalschlüssel von 1990. Aufgrund der deutlich veränderten Situationen in den Heimen, müsste zwingend eine Änderung des Personalschlüssels erfolgen. Dies haben wir bereits in unseren Anträgen vom 9. März 1999 und 1. Dezember 1999 gefordert.In unseren Alten- und Pflegeheimen, sind mehr als 80 % aller Heimbewohner Schwerstpflegefälle, die einen erhöhten Pflegeaufwand erfordern. Hier muss dringend bei den Krankenkassen ein Umdenken erfolgen. Satt und sauber und nicht einmal das ist heute noch selbstverständlich, reichen da nicht mehr, sondern persönliche Zuwendung gehört zwingend dazu.Ich greife da gerne auf, was die Ministerpräsidentin in einem Gespräch mit den Lübecker Nachrichten am 2.12.1999 u.a. gesagt hat, ich zitiere:„Wir werden uns darüber unterhalten müssen, ob die Pflegeversicherung so wie wir sie jetzt haben, ausreicht, oder ob wir nachbessern, müssen.“ Sehr richtig! Denn die derzeit hohe Fluktuation beim Personal in unseren Heimen ist doch auch darauf zurückzuführen, dass die Kräfte, die dort arbeiten völlig überlastet sind und oft vorzeitig um Entlassung bitten, oder selbst häufig vor Erschöpfung krank werden.In den meisten Heimen wird nach wie vor gute, aufopfernde Arbeit geleistet, die durch die „schwarzen Schafe“ mit in Verruf kommen.Das dürfen wir nicht zulassen.In der Sozialausschusssitzung am 1. Juli 1999 hat der Ausschuss den ihm durch Plenarbeschluss vom 25.03.1999 überwiesenen Antrag, Drucksache 14/2277 Qualitätssicherung in der Pflege ausführlich mit der Ministerin diskutiert und ihn dann als erledigt erklärt, weil zugesichert wurde, dass alle Punkte abgearbeitet würden.Aus heutiger Sicht war das ein Fehler, denn viele Punkte sind nach wie vor ungeklärt und nicht umgesetzt worden.Ansprechen möchte ich noch das Problem von Menschen mit Behinderungen, die zu Pflegefällen gemacht werden. Es kann doch nicht angehen, dass Vollstationäre Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen in Pflegeheime umgewandelt werden, ja sogar gezwungen werden umzuwandeln, da sie sonst um ihren Bestandsschutz d.h. um ihre Versorgungsverträge bangen müssen. Hausinterne Listen des Ministeriums bezeugen dies und führen zu großen Verunsicherungen unter den Heimbetreibern. Frau Ministerin, ich finde es schon mehr als dreist, dass solche Listen erstellt werden. Fazit: Die Lage ist mehr als dramatisch, verbale Versprechen reichen nicht aus, es muss gehandelt werden.Darum erheben wir erneut unsere Forderung vom März 1999, dass ein Gütesiegel zur Sicherstellung von Qualitätsstandards in Pflegeeinrichtungen einzuführen ist. Die zarten Hinweise, dass die Bundesregierung jetzt am Zuge ist, nützen wenig. Hauen Sie mit der Faust auf den Tisch und erzwingen Sie so schnell wie möglich eine Gesetzesänderung. Es ist Ihre Bundesregierung. Das Lamento wenn noch die CDU verantwortlich wäre, vermag ich mir lebhaft vorzustellen. Der Medizinische Dienst hat bei der Auswertung der Kurzprüfungen folgendes festgestellt: • Stellenpläne fehlten oder waren unzureichend • Prüfungszeitraum zu lang, zum Teil mehr als 2 Jahre • Weiterbildung der Pflegefachkräfte muss verbessert werden • Pflegemaßnahmen können nur in ca. 5 % aller Fälle nachvollziehbar formuliert werden • Für notwendig erachtet wurde: Einführung eines internen Qualitätsmanagements • Optimierung im Bereich Organisation • Erarbeitung von Pflegekonzeptionen • Entwicklung eines HygienekonzeptesWenn all diese notwendigen Forderungen umgesetzt sind, können wir vielleicht ein Stück weit auf verbesserte Zustände in unseren Heimen sehen.