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27.01.00
10:53 Uhr
CDU

TOP 22 Brita Schmitz-Hübsch: Land hat Chancen nicht genutzt

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 34/00 vom 27. Januar 2000 TOP 22 Brita Schmitz-Hübsch: Land hat Chancen nicht genutzt Der Bericht ist eine Fleißarbeit des Ministeriums. Die Beamten hatten offenbar den Auftrag, jede müde Mark an Fördermitteln der vergangenen vier Jahre zusammenzukratzen, die nur irgendwie dem Thema Technologie- und Innovationsförderung zugerechnet werden könnte.
Das haben sie auch gemacht, und so kommt eine Auflistung des Vielerlei zusammen, das die Landesregierung für Technologie- und Innovationspolitik hält. Die Zutaten sind ein bisschen privates Kapital hier, der Name und gute Rat einer IHK dort, ausgewogen zusammengesetzte Beratergremien und ein paar Ideen aus der Technologiestiftung. Das ganze vermengt man mit Geldern von der EU und vom Bund zu einem festen Brei und knetet daraus, gewürzt mit wohlklingenden Namen, eine möglichst große Zahl von Förderprogrammen. Eine Vielzahl von Einzelaktivitäten ist aber noch kein Konzept!
Es ist sicherlich zutreffend, dass sich die allgemeine Situation von Anbietern im technologischen und innovativen Bereich in Schleswig-Holstein verbessert hat. Nur folgen wir damit einem allgemeinen Trend in der ganzen Bundesrepublik, wie er auch vom soeben erschienenen Technologiebericht 1999 der Bundesregierung festgestellt wird.
Es ist nicht erkennbar, ob irgendwelche besonderen Maßnahmen der Landesregierung in den letzten Jahren irgendeine Wirkung hatten, die über die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung hinausgehen. Ebenso wenig lässt sich belegen, ob die neuen technologischen Chancen überhaupt in dem Umfang durch Rot-Grün genutzt worden sind, wie es für Schleswig-Holstein möglich gewesen wäre.
Die Landesregierung versucht, ihre Erfolge mit der Entwicklung der Arbeitslosenquote zu belegen, sie betrug im Dezember in Schleswig-Holstein 9,3%, und vergleicht sich dabei mit den norddeutschen Ländern. Ich empfehle Frau Simonis, ihren Blick einmal nach Süden zu richten. Die Arbeitslosenquoten in den dortigen Ländern liegen bei 8,0% in Hessen, 6,2% in Baden-Württemberg und 6,3% in Bayern. Nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat das Land Schleswig-Holstein die Verbesserung seiner wirtschaftlichen Standortbedingungen, die sich aus dem Fall der Mauer und dem Zusammenwachsen der EU ergeben haben, bisher kaum genutzt. In einer längerfristigen Betrachtung über die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland hat das DIW im Januar vor einem Jahr festgestellt, dass sich die technologische Wettbewerbsfähigkeit des Nordens nur minimal verbessert hat, da die Aufwendungen der Unternehmen für Forschung und Entwicklung je Einwohner im Süden immer noch weit mehr als doppelt so hoch seien.
„Wenn es im Norden und im Westen aber nicht gelingt, einen technologie- und innovationsintensiveren Entwicklungspfad zu erreichen, wird es grundsätzlich bei einem Wachstumsrückstand gegenüber dem Süden bleiben." Dabei merkt das DIW kritisch an, dass z.B. die Biotechnologie, die eine solche Dynamik auslösen könnte, ebenso im Süden konzentriert ist wie etabliertere Technologien.
Auch der Bericht zur Technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands 1999 (Januar 2000) stellt zur räumlichen Verschiebung von Forschungskapazitäten innerhalb der Bundesrepublik fest: „Nordrhein-Westfalen ist schon seit längerem eindeutiger Verlierer im Wettbewerb um industrielle Forschungskapazitäten und ist, wie auch Schleswig-Holstein, weiter zurückgefallen.“ Von einem besonderen Aufholen im Technologie-Wettbewerb der Standorte kann also nicht die Rede sein!
Was tut nun die Landesregierung, um diesen Rückstand z.B. in der Biotechnologie aufzuholen? Zunächst wird im Bericht lapidar festgestellt, dass Schleswig-Holstein zusammen mit Hamburg den bundesweiten BioRegio-Wettbewerb verloren hat. Seitdem beschränkt sich das Bioinitiativ Büro Nord wieder auf das Auflisten von Biofirmen, Teilnahme an Messen und Wanderausstellungen. Die Initiative der Landesregierung besteht im Abwarten, ob Unternehmensaussiedlungen aus Hamburg heraus kommen, ohne irgendeine Schwerpunktsetzung. Auch Unternehmensunterstützungen hat es bisher kaum gegeben, sieht man von der erst kürzlich erfolgten Ansiedlung der Firma Strathmann Biotech in Bovenau ab, die wenigstens ein Lichtblick ist.
Über eine Umsetzung der Ergebnisse der „Machbarkeitsstudie für ein Gründer- und Innovationszentrum Biotechnologie in Schleswig-Holstein“ in politisches Handeln steht im Bericht nichts. (Eine Anmerkung: Leider steht ebenfalls nicht darin, dass die Anregung zu einem solchen Gründerzentrum von der CDU-Landtagfraktion im Sommer 1998 ausgegangen ist. Das geböte eigentlich die „political correctness“.)
Es wird zwar gesagt, dass die Studie viele „interessante“ Ansatzpunkte zur weiteren Unterstützung der Biotechnologie aufzeige. Welche nun aber von der Landesregierung nutzbar gemacht werden sollen, wird nicht gesagt. Es ist sicherlich richtig, dass man in dieser kapitalintensiven Branche nur dort investieren kann, wo schon ein Kern von Wissenschaft vorhanden ist; aber dann darf man nicht kleckern, sondern man muss klotzen. Das Beispiel Martinsried in Bayern zeigt uns, wie es gehen muss!
Auch die Erkenntnisse aus der Evaluierung des Technologie-Transfer-Systems durch die Inno haben bisher nur zu Absichtserklärungen geführt. Einzig konkret ist die Einrichtung eines neuen Beraterkreises mit dem Namen TIR (Technologie- und Innovationsrat). Im Bericht steht der spannende Hinweis, dass TIR am 5. November 1999 in Lübeck zusammengetreten sei und seine Beratungen im Januar 2000 fortsetzen werde. Was hat TIR dabei konkret gemacht?
Im Inno-Gutachten wird gefordert, die Vielzahl der Förderinstitutionen und Förderinstrumente in Schleswig-Holstein stärker zu verknüpfen und miteinander abzustimmen. Auch der Landtag hatte einen entsprechenden Prüfauftrag erteilt. Am 14. Januar 2000 meldete der Minister dem Landtagspräsidenten in einem Brief Vollzug. Leider enthält der Brief nur Absichtserklärungen darüber, wie sich Technologiestiftung und Energiestiftung zusammen mit Technologie-Transfer- Zentrale und Energieagentur in Zukunft gegenseitig „unterrichten“, „einbeziehen“, wie sie „Vernetzungen anstreben“. Dieses Ergebnis eines Prüfauftrages ist dürftig!
Mit großem Stolz heißt es in dem Bericht zum Thema wirtschaftsnahe Infrastruktur: „Das Land hat, gemessen an der Einwohnerzahl, die höchste Dichte an Technologie- und Gründerzentren.“ Das mag so sein, nur wozu dient das, wenn in Nordrhein- Westfalen eine Untersuchung zu 20 Jahren Arbeit von Technologiezentren erst kürzlich zu dem Schluss gekommen ist, dass der Effekt für Arbeitsplätze und Neuansiedlungen im Vergleich zu den eingesetzten Mitteln eher gering ist. Aus den im Bericht erwähnten Zahlen ergibt sich eine durchschnittliche Förderung von rd. 75.000 DM je Arbeitsplatz. Hinzu kommen noch die Verluste der Betreiber (soweit sie Verlust machen), die aber von der Landesregierung in meinen Kleinen Anfragen nicht bekanntgegeben wurden. Wenn der Minister zufrieden erwähnt, dass das durchschnittliche Fördervolumen der Technologiepolitik der Landesregierung bei 12.000 Mark pro Arbeitsplatz liegt, dann sind die Arbeitsplätze in den Technologiezentren mit Sicherheit zu teuer.
Ich habe mir aber erlaubt, die Zahlen anhand der Presseerklärung des Ministers einmal nachzurechnen: 300 Mio. DM in den vergangenen vier Jahren für Technologie- und Innovationspolitik, 2600 Arbeitsplätze. Wenn das die Rechnungsgrundlage sein sollte, hat sich der Minister leider geirrt. Er hat sich nämlich um eine Null vertan. So etwas kommt vor, dafür habe ich Verständnis. Die Förderung durch die rot-grüne Landesregierung liegt dann nicht bei 12.000 DM pro Arbeitsplatz, sondern bei 120.000 DM. Bei diesen Preisen pro Arbeitsplatz können die von Ihnen zum Vergleich herangezogenen Branchen Kohle oder Werftindustrie schon wieder mithalten, zumindest was die Subventionen anbetrifft.
Interessant ist auch zu sehen, was keinen Eingang in diesen Bericht gefunden hat. Zur Innovationspolitik eines Landes gehört auch die Darstellung des Wissenschaftsstransfers nach Schleswig-Holstein. Hier nehmen wir in den vergangenen Jahren leider eine gegenläufige Entwicklung wahr. Ich nenne nur die Professoren Hackbusch, Haverich und Krönke, die als qualifizierte Wissenschaftler Schleswig-Holstein verlassen haben, weil sie woanders bessere Arbeitsbedingungen vorgefunden haben. Diese Leute mit ihrem Kreativpotential fehlen uns einfach!
Herr Minister, Sie haben die Technologie- und Innovationspolitik der Landesregierung als einen „der erfolgreichsten und effizientesten Politikbereiche“ bezeichnet. Sicher korrigieren Sie diese Aussage jetzt, da Ihr Rechenbeispiel nicht mehr stimmt. Wenn Sie aber bei Ihrer Aussage bleiben, dann frage ich mich nur, wie wenig erfolgreich und ineffizient, um nicht zu sagen chaotisch, mag es in den anderen Bereichen der Landesregierung zugehen?