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26.01.00
12:42 Uhr
CDU

Heinz Maurus: Pleiten, Pech und Pannen auf der ganzen Linie,Steenblock war zu jeder Sekunde überfordert, Der Pallas-Abschlussbericht bringt auf mehr als 20 Seiten Verbesserungsvorschläge zur Bewältigung eines Seeunfalls

LANDTAGSFRAKTION S C H L ES WI G - H O LS T EI N

Pressesprecher Bernd Sanders Landeshaus 24100 Kiel Telefon 0431-988-1440 Telefax 0431-988-1444 Internet: http://www.landsh.de/cdu-fraktion/ e-mail:fraktion@cdu.landsh.de
PRESSEMITTEILUNG Nr. 25/00 vom 26. Januar 2000 TOP 33: Heinz Maurus: Pleiten, Pech und Pannen auf der ganzen Linie Steenblock war zu jeder Sekunde überfordert Der Pallas-Abschlussbericht bringt auf mehr als 20 Seiten Verbesserungsvorschläge zur Bewältigung eines Seeunfalls Am 21. Dezember 1998 hat der Landtag den Untersuchungsausschuss eingesetzt und mit dem Auftrag zur Klärung der Umstände um die Havarie und Strandung der „Pallas“ sowie daraus zu ziehende Schlussfolgerungen beauftragt. In 41 Sitzungen – zuletzt am 04.10.1999 – wurden durch den Ausschuss Zeugen und Sachverständige gehört, meterweise Akten gesichtet sowie Ton- und Bildaufnahmen auf sachdienliche Hinweise überprüft.
Personell wurde der Ausschuss durch den Wissenschaftlichen Dienst, Herrn Hübner und Herrn Dr. Waak sowie Frau Tschanter vom Parlamentsdienst als Geschäftsführerin begleitet. Ihnen danke ich für ihre gute Arbeit. Gleichzeitig erlaube ich mir anzuregen, bei künftigen Untersuchungsausschüssen mit derartigem Umfang zu prüfen, ob es nicht sinnvoll ist, den Mitarbeiterstab aufwandbezogen zu bemessen und so eine angemessene Unterstützung der Vorsitzenden sicherzustellen. Dies käme sicherlich der gesamten Ausschussarbeit zugute.
Die Beweisaufnahme durch die Mitglieder des Ausschusses wurde sehr gewissenhaft durchgeführt. Hierfür möchte auch ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen, aber auch den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Fraktionen bedanken.
Wir sind nach nahezu einem Jahr Ermittlung heute in der Lage, uns ein sehr genaues Bild über die Geschehnisse auf See, beginnend am 25.10. bis zur Strandung der „Pallas“ am 29.10. und darüber hinaus an Lande zu machen. Die Organisationsstrukturen und die weiteren Handlungsverläufe sind uns genau so geläufig wie Rechtsgrundlagen, Eingriffsmöglichkeiten etc., aber auch aufgetretene Mängel und Schwachstellen. Und von daher kann ich mit Fug und Recht feststellen, die Beweisaufnahme hat uns umfangreiche Erkenntnisse erschlossen, die jeder verarbeiten konnte, wenn er dies nur wollte.
Bedauerlich ist, dass es im Zuge der Beratung des Entwurfes des Abschlussberichtes nicht gelungen ist, die Sachverhaltsdarstellung einvernehmlich zu beschließen. Ich bedauere, dass die Mehrheitsfraktion nicht die Einsicht oder vielleicht auch nur den Mut aufbrachten, im Rahmen der Ausschussberatung auch unbequeme Sachverhalte in die Chronologie mit aufzunehmen.
Durch die Sondervoten von F.D.P. und Union wird das von Ihnen jetzt gezeichnete Bild relativiert und die Sachverhalte komplettiert, so dass sich der Leser doch noch ein objektives Bild der Abläufe machen kann. Zur Frage der Lesbarkeit und Gliederung des Berichtes kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein. So bleibt jedoch festzustellen, dass sich im Rahmen eines Obleutegespräches die Anwesenden auf die vorliegende Gliederung des Abschlussberichtes verständigt haben.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Ergebnisse der Expertenkommission des Bundes uns vor der Diskussion am heutigen Tage vorgelegt worden wäre. Von Mitarbeitern einiger Ministerien wird er ja auch auf den Fluren schon diskutiert. Auch wir hätten dann die Möglichkeit gehabt, den einen oder anderen Punkt in die Diskussion mit einfließen zu lassen.
Jetzt erscheint es einem doch schon wieder so als ob hier aus taktischen Gründen die Terminierung ganz bewusst so festgelegt worden ist, dass das Grobecker-Ergebnis erst nach unserer Debatte hier in die Öffentlichkeit gelangen soll.
In nahezu einem Jahr Ausschussarbeit konnte sich die interessierte Öffentlichkeit noch einmal ein Bild über die „Pallas“-Havarie und ihre Bewältigung über Pleiten, Pech und Pannen im Zuge der Bewältigung des Geschehens machen. Und es war schon peinlich mitzuerleben, wie SPD und Grüne Woche für Woche in ihren Pressemitteilungen versuchten, auf andere Zuständigkeiten zu verweisen und eigene Unzulänglichkeiten zuzukleistern. Es wäre ehrlicher und glaubwürdiger gewesen, eigene Versäumnisse und eigenes Versagen einzuräumen als die Schuld nur auf andere zu schieben. Das in Ihrer Verantwortung nur die Öffentlichkeitsarbeit nicht lief und ansonsten nur einige Schwachstellen aufgetreten seien, kauft Ihnen im Lande und der ganzen Republik ohnehin niemand mehr ab.
Diejenigen, die das Kompetenzwirrwarr und Desaster auf den Inseln und Halligen miterlebt haben, schon gar nicht. Und es war schon ein tolles Stück als der Kollege von Hielmcrone den Seeamtsspruch, der sich mit der Ursache der Havarie befasst, zum Freispruch für die Landesregierung uminterpretierte. So einfach geht das nicht.
Diese rot-grüne Landesregierung hat bei der Bewältigung dieser Gefahr für Schleswig- Holsteins Küsten jämmerlich versagt und Sie wissen dies, ansonsten hätte sich im Bericht nur nicht 20 Seiten mit Verbesserungsvorschlägen gefunden. Dies zeigt deutlich, dass zur damaligen Zeit eine Menge im Argen lag und dass es auch heute noch erheblichen Handlungsbedarf gibt. Die „Pallas“ war die Generalprobe, doch das nächste Ereignis kommt bestimmt. Und dann muss die Gefahrenabwehr funktionieren, und zwar bereits mit allen Mitteln auf See.
Es kann doch nicht sein, dass eine Landesregierung ein Umweltminister, der sich den Schutz von Schweinswalen und des Wattenmeeres auf die Fahnen schreiben will, sich absolut passiv verhält so wie wir es erlebt haben. Was ist dies für eine Auffassung von Verantwortung, wenn man sich bei Gefahr für die Küste durch ein manövrierunfähiges Schiff auf eine eigene Unzuständigkeit beruft. Sich absolut passiv verhält und dann argumentiert, dass man selbst ja erst bei einer eingetreten Umweltverschmutzung tätig werden müsse.
Dies, obwohl wir nach Auswertung der Beweisaufnahme sehr wohl sehen, das so wie es der Bund auch mehrfach unter anderem in der Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Koppelin oder auch in seinem Bericht ausgedrückt hat, eine gemeinsame Zuständigkeit gegeben ist. Und die Rechtsexperten, Frau Professor König, Herr Professor Ziemske und auch Herr Dr. Nöll haben rechtliche Handlungsmöglichkeiten auch für die Landesregierung Schleswig-Holstein aufgezeigt und deutlich gemacht.
Wie war denn die Situation: Der Umweltminister Steenblock wird am 26.10.1998, 11.15 Uhr über die mögliche Gefahr informiert, zu einem Zeitpunkt, als die „Pallas“ etwa 16 Seemeilen vor Sylt mit laufender Maschine unbemannt und dazu noch brennend auf Ostkurs treibt.
Für ihn sind die Zuständigkeiten klar geregelt. Obwohl er sich im Deutschen Bundestag als Mitglied des Verkehrsausschusses mit den Sicherheitskonzepten in der Deutschen Bucht befasst hat und ihm auch die „Oceanic“-Diskussionen in allen Facetten bekannt sein musste, kümmerte er sich nicht und auch kein anderes Mitglied dieser Landesregierung.
Steenblock unternimmt nicht einmal den Versuch, einzugreifen. Er informiert sich nicht persönlich beim ZMK über Lage und Maßnahmen, sondern bleibt passiv. Dabei ist unerheblich, ob der Versuch einzugreifen, erfolgreich gewesen wäre. Allein aus seiner Verantwortung heraus Schaden für das Land abzuwenden, hätte er tätig werden müssen. Ihm war die „Oceanic“-Diskussion bekannt. Er hätte auf zügigen Einsatz des Hochseeschleppers pochen können. Vielleicht hätte ja auch die Möglichkeit bestanden, den am Vorabend den Dänen angebotenen und bis morgens in Esbjerg liegenden Ankerziehschlepper „Havilla Champignon“ mit einem Pfahlzug von 120 Tonnen für einen Bergeversuch zu gewinnen. Wer weiß!
Wie schreibt doch Steenblock in einer Presseerklärung am 20.01.2000: „Gerade wir in Schleswig-Holstein haben ein ganz besonderes Interesse, das zum Schutz unserer Küsten, seiner Bewohner und unseres sensiblen Wattenmeeres möglichst schnell die Vorschläge für die Verbesserung des Küstenschutzes auf den Tisch kommen. Nachdem die alte Bundesregierung den Küsten- und Meeresschutz 16 Jahre lang schlicht im Stich gelassen hat, bin ich froh, dass auf unser Drängen hin die neue rot- grüne Bundesregierung bereits im Februar 1999 diese Expertenkommission eingesetzt hat ... Papier nützt gar nichts – die Küstenbewohner erwarten zu Recht einen real besseren, einen effektiveren Schutz vor Havarien.“
Vor dem Hintergrund der Geschehnisse ist dies doch der reine Hohn.
Herr Minister, darüber hinaus erwarten die Küstenbewohner zu Recht einen verantwortungsbewussten Minister, der handelt und nicht da sitzt, auf andere zeigt und zuschaut.
Herr Minister, Ihr Krisenmanagement hat deutlich gemacht, dass Sie in jeder Sekunde in Ihrem Amt als Minister dieses Landes in der zu bewältigenden Situation überfordert waren.
Die Defizite im Bereich der Brand- und Ölbekämpfung sind in der öffentlichen Berichterstattung ja im Zuge der Ausschussarbeit deutlich geworden.
Die Kritik der Feuerwehren war eindeutig. Das Ergebnis: Der Brandschutz auf See war und ist nicht hinreichend organisiert. Der Landrat des Kreises Nordfriesland sowie die Amtsvorsteher Olufs und Jungclaus haben auf die aufgetretenen Schwierigkeiten bei der Ölbekämpfung und Beseitigung hingewiesen. Informationen laufen mangelhaft, Naturschutzverbände sind in der Anfangsphase besser informiert als die Amtsvorsteher. Olufs erklärt im Ausschuss, dass er den Eindruck habe, dass das Staatliche Umweltamt auf die Situation schlecht vorbereitet sei, es gebe keine Pläne und kaum Informationen.
Jungclaus bemängelt unklare Meldewege und Bastian kritisiert, dass es keine klar definierten Zusammenarbeitsstrukturen gebe.
Die Aussagen der rot-grünen Mehrheit im Abschlussbericht, ich zitiere: „Es ist im Ausschuss unstreitig geblieben, dass die Ölbekämpfung an Land gut funktionierte“ oder „so sprach der Landrat Dr. Bastian davon, man habe in dieser Situation eine Menge bewegen können und sei sehr schnell zu relativ gut laufenden Strukturen gekommen“, ist ein Schlag ins Gesicht jedes vor Ort direkt Beteiligten.
Dieses ist Schönfärberei, die mit der Wahrheit nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun hat.
Sie sollten sich, wenn Sie die Aussagen der Zeugen schon nicht würdigen wollen, zumindest die Pressebilder vom 29.10. bis zum 11.11. noch einmal ansehen, dann wird Ihnen vielleicht die Situation noch einmal deutlich. Sie hat sich nämlich erst verbessert, nachdem der Innenminister im Hause rebellisch wurde und die Ministerpräsidentin schließlich nach gut 14 Tagen Zuschauens sich ihrer Verantwortung bewusst wurde und die Einrichtung eines interministeriellen Leitungsstabes verfügte.
Ja, so berühmt ist die Bewältigung der „Pallas“-Havarie nicht gelaufen. Weder durch die rot-grüne Landesregierung, noch durch den ZMK, noch durch die Dänen. Wichtig ist aber, dass die Fehler analysiert wurden und werden und daraus die nötigen Konsequenzen gezogen werden.
Neben einer Reihe von Maßnahmen, die wir gemeinsam als richtig erkannt haben, haben wir in unserem Sondervotum zusätzliche Vorschläge unterbreitet.
Neben der bereits beschlossenen Bemühungen um leistungsfähige Schlepperkapazitäten in der Deutschen Bucht mit dem Hochseeschlepper „Oceanic“ und der Einrichtung einer zentralen mit allen Kompetenzen ausgestatteten Küstenwache halten wir es für erforderlich, bei Seeunfällen, die die schleswig- holsteinische Küste gefährden, im Innenministerium einen zentral zuständigen Einsatzstab einzurichten.
Dem Bereich des technischen Gewässerschutzes aus dem Staatlichen Umweltamt Schleswig aus – und in das Amt für ländliche Räume Husum einzugliedern.
Die Verlegung der Schifffahrtsstraßen seewärts zu prüfen und internationale Melde- und Informationssysteme zur Erstellung eines optimalen Lagebildes einzurichten und die Kommunikation so zu verbessern.
Zudem sind vertragliche Regelungen zur Sicherung des Brandschutzes auf See zu treffen und das hierfür erforderliche Equipment bereitzustellen.
Unsere Vorschläge haben wir in unserem Sondervotum begründet und ich hoffe, dass wir alle aus den Geschehnissen um die „Pallas“ gelernt haben und dass die Verantwortlichen in dieser Legislaturperiode die aufgetretenen Mängel beheben und dass diese Arbeit in der nächsten Legislaturperiode durch eine neue CDU-geführte Regierung mit einem Ministerpräsidenten Volker Rühe an der Spitze fortgesetzt und abgeschlossen wird.
Es gibt hier noch eine ganze Menge zu tun.
Wir haben die Verantwortung.
Wir schulden den Bewohnern an Schleswig-Holsteins Küsten, auf den Inseln und Halligen bestmöglichen Schutz.