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29. August 2019 – August-Plenum

„Geisterzug“ Sylt Shuttle Plus soll aufs Abstellgleis

Die Bahn halte sich mit einem „Taschenspielertrick“ Konkurrenten fern und erschwere damit weiter den Betriebsfluss auf der Marschbahn-Strecke, beklagt der Landtag – und fordert Konsequenzen.

Kilian, Lukas CDU Abgeordneter Plenersaal
Lukas Kilian (CDU): Verhalten der Bahn ähnelt „einem Taschenspielertrick“. Foto: Michael August

Durch den Einsatz des Sylt Shuttle Plus-Zuges erzeugt die Deutsche Bahn auf der Strecke Niebüll – Westerland höhere Trassen-Entgelte. Dieser „Trick“ führt laut Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) dazu, dass der Konzern bei der Vergabe durch das Eisenbahnbundesamt bevorzugt werde. Der Zug selbst aber fahre meist mit nur sehr wenigen Fahrgästen und verstopfe zusätzlich die ohnehin von Problemen gebeutelte Strecke. Das stößt sowohl Landtag als auch Landesregierung sauer auf. Die Bahn müsse hier in die Schranken gewiesen werden, so der Tenor.

Das Gewinnstreben stehe über den Interessen von Menschen, das sei verfassungsbedenklich, erklärte Andreas Tietze (Grüne). Die Jamaika-Koalition hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt. „Der Sylt Shuttle Plus verbrennt täglich Geld und Diesel für Nichts und wieder Nichts. Das ist ein Zeiten des Klimawandels eine peinliche Nummer“, klagte Tietze. Den Sylt Shuttle Plus können – ohne Autos mitzunehmen – Reisende zwischen Westerland und Bredstedt/Husum beziehungsweise Hamburg nutzen. Bei einer Kapazität von 150 Plätzen säßen oft nur zwei Reisende im Zug, hieß es in der Debatte.

Übernahme in den Nahverkehr des Landes?

Lukas Kilian (CDU) nannte das Verhalten der Deutsche Bahn „einen Taschenspielertrick“. Das müsse nun rechtlich geprüft werden. Ein „Geisterzug“ sei nicht hinzunehmen. Kay Richert (FDP) sagte: Ihm falle es als Liberalen nicht leicht, die Strecke womöglich irgendwann in den Nahverkehr und damit die Verantwortung des Landes zu nehmen, denn das sei „eine Abkehr vom eigenwirtschaftlichen zum gemeinwirtschaftlichen Betrieb“. Oberste Priorität habe aber die „persönliche Mobilität“. Zudem gelte der Sylt Shuttle Plus als Fernzug, was ebenfalls umstritten sei.

Die Bahn habe gar kein Interesse, die 39 Kilometer lange Strecke von Niebüll nach Westerland in den Nahverkehr und damit zum Land zu überführen, „weil sie damit richtig, richtig, richtig viel Geld verdient“, konstatierte Kai Vogel (SPD). Lars Harms (SSW) sprach vom „wahrscheinlich ertragreichsten Geschäft der Bahn in der Bundesrepublik“. Ähnlich äußerte sich auch Volker Schnurrbusch (AfD). Den Koalitionsantrag bezeichnete die Opposition übereinstimmend als „Formulieren von bekannten Fakten“. Er bewirke nichts.

Minister fordert von Sylt „neues Denken“

Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) konstatierte, eine „echte Befriedung“ gebe es erst bei einem kompletten zweigleisigen Ausbau der Strecke. Er forderte zudem die Gemeinde Sylt auf zu überlegen, ob die Verladestation an der Stelle bleiben müsse, wo sie ist. Man müsse auch mal „neu denken“, um die Situation zu verbessern, so der Minister. Skeptisch äußerte er sich über das Ziel der Koalitionsfraktionen, den Autozug nach Sylt in den Nahverkehr zu integrieren. Ein solcher Schritt hieße, dass die Strecke von der DB an das Land überginge. Er warne davor zu glauben, „dass wir da wahnsinnig erfolgreich sein werden“.

Im Wirtschaftsausschuss soll nun geprüft werden, welche weiteren Schritte – auch juristisch – möglich sind. 

Vor dem Hintergrund von neuen angekündigten Behinderungen im Zugverkehr durch Baustellen auf der Marschbahn-Strecke Hamburg-Sylt fordert die Jamaika-Koalition nun deutliche Verbesserungen der Betriebssituation und eine Abschaffung des „Sylt Shuttle Plus“. Der Zug ohne Kfz-Mitnahme steht Reisenden zwischen Westerland und Bredstedt/Husum beziehungsweise Hamburg-Altona zur Verfügung und soll ein zusätzliches Sitzplatzangebot auf der Marschbahn schaffen. Das Angebot werde allerdings kaum angenommen, heißt es seitens der Antragsteller.

Die Landesregierung solle zudem prüfen, wie der Autozugverkehr mit dem Personennahverkehr harmonisiert werden kann, verlangen CDU, Grüne und FDP. Denn: Der durch das Land aus Regionalisierungsmitteln finanzierte Schienenpersonennahverkehr auf der gesamten Marschbahn und ihrer Zubringerstrecken werde „durch die eigenwirtschaftlichen Verkehre auf dem Abschnitt Niebüll-Westerland“ erheblich behindert. Die Zusammenfassung aller Nahverkehre inklusive der Autozugverkehre schließe derartige Fehlbelegungen aus und ermögliche eine für die Region verbesserte und günstigere Schienenanbindung, hoffen CDU, Grüne und FDP.

Immer wieder Probleme auf der Strecke

Die Marschbahn, auf die täglich tausende Pendler zwischen Hamburg und Sylt angewiesen sind, sorgt bereits seit 2017 immer wieder für Probleme, mit denen sich der Landtag bereits mehrmals beschäftigt hat. Durch defekte Waggons, Bauarbeiten und fehlendes Personal gibt es Verspätungen und Zugausfälle. Reisende sind genervt. Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) hatte mehrmals Strafzahlungen wegen zu vieler Verspätungen gegen die DB Regio verhängt.

Medienberichten zufolge wurden vier von insgesamt zehn für dieses Jahr geplante Baumaßnahmen bislang realisiert. Bis 2022 sollen zwischen Hamburg-Altona und Sylt insgesamt rund 200 Kilometer Gleise und mehr als 30 Weichen erneuert werden. Außerdem sollen Bahnübergänge und die Signaltechnik sowie Brücken modernisiert werden. Die Gesamtkosten werden auf rund 160 Millionen Euro beziffert.

(Stand: 26. August 2019)

Vorherige Debatten zum Thema:
September 2018
Juni 2018
Februar 2018

Antrag

Autozugverkehre Sylt in Nahverkehr integrieren
Antrag der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – Drucksache 19/1536